Warte, bis du schlaefst
»Glaubst du, dass ich hinter der
Entführung von Leesey stecke? Dass ich sie irgendwo gefangen halte?«
Ich prüfte meine Gedanken und Gefühle, bevor ich antwortete. »Nein, das glaube ich nicht«, sagte ich. »Ihr seid beide da hineingezogen worden. Mack, weil ich zur Polizei gegangen bin, du, weil sie zuletzt in deinem Club gesehen wurde. Doch wenn es keiner von euch beiden ist, wer steckt dann dahinter?«
»Carolyn, ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
Wir redeten mehr als eine Stunde miteinander. Ich sagte ihm, dass ich mit Lil Kramer allein sprechen wollte, weil sie in Gegenwart ihres Mannes Angst habe, etwas zu sagen. Wir drehten und wendeten die Tatsache, dass sich Mack kurz vor seinem Verschwinden über Mrs. Kramer aufgeregt hatte, Nick aber den Grund dafür nicht genannt hatte. Ich erzählte Nick, wie feindselig sich Bruce Galbraith in Bezug auf Mack verhalten habe und dass ich glaubte, Barbara sei nur deshalb zu ihrem Vater nach Martha’s Vineyard geflogen, um irgendwelchen unangenehmen Fragen zu entgehen.
»Ich werde morgen oder am Dienstag hinfahren«, sagte ich. »Meine Mutter möchte mich nicht sehen, und Elliott wird sich um sie kümmern.«
Nick fragte mich, ob ich glaube, dass Mom Elliott heiraten werde.
»Ich denke schon«, antwortete ich. »Ehrlich gesagt, hoffe ich das. Sie passen gut zusammen. Mom hat Dad zweifellos geliebt, aber es hat ihm immer gefallen, sich ein bisschen rebellisch zu gebärden. Mit Elliott besteht sicher eine stärkere Seelenverwandtschaft, was natürlich für mich nicht so leicht zu verdauen ist. Sie sind beide Perfektionisten, und ich glaube, dass sie zusammen sehr glücklich sein würden.« Dann sagte ich noch etwas, was ich ursprünglich gar nicht
beabsichtigt hatte. »Deshalb war auch Mack immer ihr Liebling. Er machte immer alles richtig. Ich bin zu impulsiv für Moms Geschmack. Der beste Beweis ist, dass ich zur Polizei gegangen bin und diese ganze Misere ausgelöst habe.«
Ich war entsetzt, dass ich das vor Nick offenbart hatte. Ich glaube, er war kurz davor, sich zu mir zu setzen und mich vielleicht zu umarmen, doch er musste gewusst haben, dass ich das in diesem Moment nicht wollte. Stattdessen sagte er in leichtem Ton. »Mal sehen, ob du dieses Rätsel lösen kannst: Sie breitete die Flügel aus und sprang von der Augenbraue ihres Vaters.«
»Die Göttin Minerva«, sagte ich. »Schwester Catherine, sechste Klasse. Oh Mann, wie sie uns mit dieser Mythologie getriezt hat.« Ich stand auf. »Darf ich dich daran erinnern, dass du mich zum Essen ausführen wolltest? Wie wär’s mit Neary’s ? Ich hab Lust auf ein Sandwich mit aufgeschnittenem Steak und Pommes frites.«
Nick zögerte. »Carolyn, ich muss dich warnen. Es sind einige Kameras draußen. Mein Auto steht in der Nähe des Hauseingangs. Wir könnten hinrennen. Ich glaube nicht, dass sie uns verfolgen werden.«
Genauso kam es. Sobald wir das Gebäude verließen, zuckten die Blitzlichter der Fotografen auf. Jemand hielt mir ein Mikrofon unter die Nase. »Ms. MacKenzie, glauben Sie, dass Ihr Bruder …« Nick nahm mich an der Hand, und wir rannten zu seinem Wagen. Er fuhr die York Avenue bis zur Seventy-second Street hinauf, dann wendete er und fuhr wieder zurück. »Ich glaube, jetzt sind wir vor ihnen sicher«, sagte er.
Mir hatte es erst mal die Sprache verschlagen. Ich dachte, wenigstens ist Mom an einem sicheren Ort, wo die Medien nicht an sie herankommen.
Neary’s ist ein irischer Pub in der Fifty-seventh Street, einen Häuserblock von Sutton Place entfernt. Für viele Leute in unserem Viertel ist er wie ein zweites Zuhause. Die Atmosphäre ist herzlich, das Essen ist gut, und an jedem beliebigen Abend bestehen gute Chancen, dass man die Hälfte der Gäste kennt.
Ich konnte weiß Gott ein bisschen moralische Unterstützung gebrauchen, und von Jimmy Neary bekam ich sie. Als er meiner ansichtig wurde, durchquerte er sofort den Raum. »Carolyn, es ist wirklich abscheulich, was sie Mack da alles unterstellen«, sagte er und legte mir tröstend die Hand auf die Schulter. »Der Junge war doch ein wahrer Heiliger. Aber warten Sie nur ab, am Ende wird die Wahrheit schon rauskommen.«
Er wandte den Blick und erkannte Nick. »Hallo, Junge. Erinnern Sie sich noch, als Sie mit Mack hier waren und mit mir wetten wollten, dass die Nudeln Ihres Vaters genauso gut seien wie mein Corned Beef?«
»Wir haben nie die Probe aufs Exempel gemacht«, entgegnete Nick. »Und jetzt ist mein Dad in Florida, in
Weitere Kostenlose Bücher