Warte, bis du schlaefst
schien wie vom Erdboden verschluckt.
52
Seinem Wort getreu erschien Derek Olsen pünktlich um zehn im Büro von Elliott Wallace. Sein Gang steif, sein Anzug gereinigt und gebügelt, doch stellenweise schon glänzend vor Altersschwäche, die verbliebenen weißen Haarsträhnen am Schädel festgeklebt, schien er in gehobener Stimmung zu sein.
Elliott Wallace musterte ihn und konnte sich schon vorstellen, was ihn in diese gute Laune versetzte. Falls nämlich Olsen tatsächlich seine Ankündigung wahr machte und seine sämtlichen Besitztümer liquidierte, freute er sich vermutlich bereits diebisch darauf, seinem Neffen Steve, seinem Hausverwalter Howie und allen Übrigen, die es anging, ins Gesicht zu sagen, sie sollten sich zum Teufel scheren.
Mit einem gewinnenden Lächeln forderte Wallace Olsen auf, sich in einen der Sessel zu setzen. »Derek, eine Tasse Tee werden Sie mir doch nicht abschlagen, oder?«
»Letztes Mal hat er nach Spülwasser geschmeckt. Sagen Sie Ihrer Sekretärin, ich möchte vier Löffel Zucker und einen ordentlichen Schuss Sahne, Elliott.«
»Natürlich.«
Kaum hatte Elliott seiner Sekretärin die nötigen Anweisungen gegeben, als Olsen mit einem selbstzufriedenen Lächeln sagte: »Sie und Ihre Ratschläge. Wissen Sie noch, wie Sie mir sagten, dass ich mich von diesen drei heruntergekommenen
Reihenhäusern trennen sollte, die seit Jahren leer stehen?«
Elliott Wallace wusste ganz genau, was jetzt kam. »Derek, Sie haben jahrelang Steuern und Versicherung für diese Bruchbuden gezahlt. Natürlich sind die Immobilienpreise gestiegen, aber ich kann Ihnen gerne zeigen, dass Sie mehr gewonnen hätten, wenn Sie sie damals verkauft und dafür die Aktien erworben hätten, die ich Ihnen empfohlen habe.«
»Eben nicht! Ich wusste, dass sie eines Tages die Gebäude an der Ecke der 140th Street abreißen und dass dann die Bauunternehmen auf meine Häuser scharf sein würden.«
»Die Bauunternehmen scheinen ganz gut ohne Ihre Häuser auszukommen. Sie haben bereits Grund erworben, um diese Eigentumswohnungen zu bauen.«
»Die betreffende Firma hat sich noch mal an mich gewandt. Ich werde heute Nachmittag den Verkauf abschließen.«
»Gratuliere«, sagte Wallace aufrichtig. »Aber ich hoffe, Sie erinnern sich, dass ich Ihnen mit meinen Investitionen auch ganz schön viel Geld eingebracht habe.«
»Mit Ausnahme dieses Hedge-Fonds, damals.«
»Mit Ausnahme des Hedge-Fonds, zugegeben, aber das ist schon eine ganze Weile her.«
Olsens Tee und Elliotts Kaffee wurden hereingebracht. »Der ist gut«, sagte Olsen, nachdem er einen vorsichtigen Schluck genommen hatte. »Genau, wie ich ihn mag. Kommen wir zur Sache. Ich möchte alles verkaufen. Ich möchte, dass eine Stiftung gegründet wird. Sie sollen sie verwalten. Ich möchte, dass die Gelder für Parks in New York verwendet werden, Parks mit vielen Bäumen. In dieser Stadt gibt es viel zu viel große Gebäude.«
»Da ist sehr großzügig von Ihnen. Haben Sie die Absicht, etwas Ihrem Neffen oder jemand anderem zu hinterlassen?«
»Ich werde Steve fünfzigtausend vermachen. Soll er sich davon ein neues Schlagzeug oder eine Gitarre kaufen. Der Junge sitzt mit mir an einem Tisch und plaudert, und ich spüre die ganze Zeit, dass er überlegt, wie lange ich es wohl noch mache. Einige meiner Hausmeister haben mir hinterbracht, er habe angekündigt, dass er demnächst Howies Job als allgemeiner Hausverwalter übernehmen werde. Er kauft mir einen neuen Füllfederhalter und lädt mich zum Essen ein, und weil ich mich ihm wohlgesonnen zeige, meint er, er könne einfach so mir nichts, dir nichts meine Geschäfte übernehmen. Der mit seinen Konzertauftritten. Jedes Mal, wenn er keine Jobs mehr in diesen miesen Clubs bekommt, denkt er sich einen neuen Namen für seine Schrottband aus, lässt sich wieder in irgend so ein schreckliches neues Outfit stecken und engagiert irgendeinen abgehalfterten PR-Agenten. Wenn seine Mutter nicht wäre, meine Schwester, Gott hab sie selig, dann hätte ich ihn schon vor Jahren zum Teufel gejagt.«
»Ich weiß, er hat Sie immer wieder enttäuscht, Derek.« Elliott bemühte sich, seine mitfühlende Miene beizubehalten.
»Enttäuscht! Pah! Übrigens, Howie Altman möchte ich auch fünfzigtausend vermachen.«
»Das wird ihn sicher freuen. Weiß er denn von Ihren Absichten?«
»Nein. Ich muss sagen, er ist in letzter Zeit auch ein bisschen anmaßend geworden. Ich hab das Gefühl, er meint wirklich, dass er ein Anrecht auf einen
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