Warte, bis du schlaefst
großen Teil meines Erbes hat. Verstehen Sie mich nicht falsch. Er hat seine Sache
gut gemacht, und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie ihn damals empfohlen haben, als sich gezeigt hatte, dass dieser andere Kerl nichts taugt.«
Elliott nahm den Dank mit einem Kopfnicken entgegen. »Einer meiner anderen Kunden verkaufte damals gerade ein Gebäude und erwähnte, dass er zur Verfügung stünde.«
»Nun, er wird bald wieder zur Verfügung stehen. Aber er ist eben keiner aus der Familie, und er versteht einfach nicht, dass man Leute, die gut arbeiten, wie die Kramers, dass man sich die warmhält und sie nicht vergrault, weil sie ein oder zwei Zimmer zu viel belegen.«
»George Rodenburg ist immer noch Ihr Anwalt, nicht wahr?«
»Natürlich. Warum sollte ich wechseln?«
»Ich habe nur gefragt, weil ich mich dann mit ihm wegen der Gründung der Stiftung zusammensetzen werde. Sie sagen, dass heute Nachmittag der Verkauf für die 104th Street über die Bühne geht. Wollen Sie, dass ich dabei bin?«
»Rodenburg wird das machen. Das Angebot liegt schon seit Jahren auf dem Tisch. Nur die Summe hat sich verändert.«
Olsen erhob sich, um zu gehen. »Ich bin in der Bronx geboren, in der Tremont Avenue. Damals war das ein nettes Viertel. Ich hab Fotos von mir und meiner Schwester, wie wir auf den Stufen vor dem Eingang eines dieser kleinen Wohngebäude sitzen, genau in der Art wie die, die ich besitze. Letzte Woche bin ich mal wieder hingefahren. Es sieht schlimm aus. Es gibt da so ein Randgrundstück in der Nähe unserer früheren Wohnung. Nichts als Wildwuchs, Bierdosen und Müll. Ich möchte noch zu Lebzeiten sehen, dass dort ein Park entsteht.« Ein seliges Lächeln huschte über
sein Gesicht, während er sich zur Tür wandte. »Auf Wiedersehen, Elliott.«
Elliott Wallace begleitete seinen Klienten durch den Empfangsraum und den Flur hinunter zum Aufzug, dann kehrte er in sein Büro zurück, ging zum Kühlschrank und schenkte sich, zum ersten Mal in seinem Leben, am Vormittag um elf Uhr ein großes Glas Scotch ein.
53
Am späten Montagvormittag fuhr ich zu Macks ehemaligem Wohngebäude. Ich drückte den Klingelknopf neben dem Namen »Kramer«. Nach einer Weile meldete sich eine zögernde Stimme aus dem Lautsprecher. Ich wusste, dass ich schnell sein musste: »Mrs. Kramer, hier ist Carolyn MacKenzie. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Oh nein. Mein Mann ist heute Morgen nicht da.«
»Ich möchte mit Ihnen reden, Mrs. Kramer, nicht mit ihm. Bitte lassen Sie mich herein, nur für ein paar Minuten.«
»Gus wird das nicht gut finden. Ich kann nicht …«
»Mrs. Kramer, Sie lesen doch auch die Zeitungen. Bestimmt wissen Sie, dass die Polizei glaubt, mein Bruder könnte für die Entführung dieses Mädchens verantwortlich sein. Ich muss mit Ihnen reden.«
Für einen Augenblick dachte ich schon, sie habe eingehängt, doch dann hörte ich ein Klicken, und die Tür zur Eingangshalle war entriegelt. Ich trat ein, durchquerte die Halle und klingelte an ihrer Tür. Sie öffnete sie nur einen Spalt, wie um sich zu vergewissern, dass ich keine Armee von Leuten mitgebracht hatte, bereit, die Wohnung zu stürmen, dann öffnete sie die Tür gerade weit genug, dass ich eintreten konnte.
Das Wohnzimmer, das mich so stark an jenes meiner Großeltern väterlicherseits in Jackson Heights erinnert
hatte, wurde gerade ausgeräumt und für einen Umzug vorbereitet. In einer Ecke stapelten sich große Kartons. Die Vorhänge und Gardinen waren von den Fenstern entfernt worden. Es gab keine Bilder mehr an den Wänden, und auf den Beistelltischchen standen keine Lampen und kein Nippes mehr, wie noch bei meinem letzten Besuch.
»Wir ziehen in unser Häuschen in Pennsylvania«, sagte Lil Kramer. »Gus und ich sehnen uns nur noch danach, in den Ruhestand zu gehen.«
Sie läuft vor etwas davon, dachte ich, während ich sie musterte. Obwohl es im Zimmer kühl war, entdeckte ich kleine Schweißperlen auf ihrer Stirn. Ihre grauen Haare hatte sie sich aus dem Gesicht gekämmt und hinter den Ohren festgesteckt. Ihre Gesichtsfarbe war von einem ähnlich stumpfen Grau wie das ihrer Haare. Bestimmt war ihr nicht bewusst, dass sie sich unaufhörlich auf nervöse, fahrige Art die Hände rieb.
Unaufgefordert setzte ich mich auf den erstbesten Stuhl. Mir blieb nichts übrig, als ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen. »Mrs. Kramer, Sie kannten meinen Bruder. Glauben Sie, dass er ein Mörder ist?«
Sie rieb die Lippen aneinander. »Ich weiß nicht, was er
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