Warte, bis du schlaefst
Jeans, die ich in letzter Minute eingepackt hatte. Jetzt war ich froh darüber.
Obwohl es schon fast auf Mittag zuging, bestellte ich beim Zimmerservice ein Frühstück. Während ich mich anzog, trank ich schwarzen Kaffee und knabberte an einem Zimtwecken. Ich war so nervös, dass meine Finger mir nicht mehr richtig gehorchen wollten und ich Mühe hatte, die Reinigungsetiketten von den Kleidern loszubekommen.
Ich war mir auch durchaus bewusst, dass die ganze Reise
vergeblich sein könnte. Vielleicht war Barbara mit ihren Kindern mittlerweile wieder nach New York zurückgeflogen. Doch das glaubte ich nicht. Vermutlich hatte sie sich hierher geflüchtet, um einer Befragung wegen Mack zu entgehen, und in diesem Fall würde sie sicherlich vorerst hierbleiben.
Ich war mir sicher, dass sie mich abwimmeln würde, wenn ich vorher anriefe. Doch wenn ich einfach bei ihr auftauchte, konnte sie mir aus Gründen der Höflichkeit wohl kaum die Tür vor der Nase zuschlagen, nachdem sie schon einmal bei uns in Sutton Place zum Abendessen zu Gast gewesen war.
Das hoffte ich wenigstens.
Ich sah auf die Uhr und merkte, dass ich mich beeilen musste, wenn ich Barbara noch zu Hause antreffen wollte. Im Wagen stellte ich das Navigationssystem ein. Die Straße, in der Richard Hanover wohnte, war ungefähr sechs Meilen entfernt. Ich wollte direkt zum Haus fahren und klingeln. Falls niemand zu Hause sein sollte, wollte ich ins Stadtzentrum und eine Weile herumlaufen und dann von dort regelmäßig zurück zum Haus fahren, bis ich sie antreffen würde.
Es schien ein vernünftiger Plan zu sein, doch wie immer verlief alles ein bisschen anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Gegen halb eins erreichte ich das Haus. Es war niemand da. Ich fuhr jede Stunde wieder hin, bis es halb sechs war. Mittlerweile war ich überzeugt, dass die Reise völlig umsonst gewesen war, und ich fühlte mich so entmutigt, wie ein Mensch sich nur fühlen kann. Doch dann, gerade als ich den Wagen wendete, fuhr ein Jeep mit New Yorker Nummernschild an mir vorbei und bog in die Auffahrt ein. Gerade noch konnte ich erkennen, dass eine Frau
am Steuer saß, neben ihr ein Mann und Kinder auf dem Rücksitz.
Ich fuhr ungefähr zehn Minuten ziellos durch die Straßen und dann zum Haus zurück. Ich klingelte. Ein älterer Mann öffnete die Tür. Er hatte natürlich keine Ahnung, wer ich war, lächelte aber dennoch freundlich. Ich stellte mich vor und sagte, Bruce hätte mir erzählt, dass seine Frau und die Kinder bei ihm zu Besuch seien. »Kommen Sie doch herein«, sagte er. »Sie müssen eine Freundin von Barbara sein.«
»Mr. Hanover«, sagte ich und betrat das Haus, »ich bin die Schwester von Mack MacKenzie. Ich muss mit ihr über Mack sprechen.«
Seine Miene veränderte sich. »Ich glaube nicht, dass das eine besonders gute Idee ist«, sagte er.
»Es geht nicht darum, ob es eine gute Idee ist oder nicht«, entgegnete ich. »Ich fürchte, es muss einfach sein.« Ich gab ihm keine Gelegenheit zu antworten und ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer.
Das Haus war eines dieser typischen Holzhäuser im Cape-Cod-Stil, die im Laufe der Jahre ausgebaut worden waren. Das Wohnzimmer war nicht eben groß, aber bezaubernd eingerichtet, mit antiken amerikanischen Möbeln und einem handgeknüpften Teppich. Vom oberen Stockwerk drang das Geräusch von rennenden Schritten und lachendes Kreischen nach unten. Die Kinder schienen noch jung zu sein. Ich meinte, mich zu erinnern, dass Barbara und Bruce Galbraith einen Jungen und Zwillingstöchter hatten.
Richard Hanover war verschwunden, vermutlich um seiner Tochter Bescheid zu geben. Während ich wartete, kamen drei kleine Mädchen die Treppe heruntergepoltert, gefolgt von einem etwa elfjährigen Mädchen. Die drei Kleinen
rannten auf mich zu. Zwei von ihnen waren offensichtlich Zwillinge. Die Mädchen bauten sich vor mir auf, erfreut, einen Gast begrüßen zu dürfen.
»Wie heißt du?« Ich deutete auf einen der Zwillinge.
»Samantha Jean Galbraith«, sagte sie stolz. »Alle nennen mich Sammy, und wir sind heute mit der Fähre nach Cape Cod gefahren.«
Sie haben einen Tagesausflug gemacht, dachte ich. Ich zeigte auf den anderen Zwilling. »Und wie heißt du?«
»Margaret Hanover Galbraith. Ich bin nach meiner Großmutter benannt, die im Himmel ist, und alle nennen mich Maggie.« Beide Mädchen haben die blonden Haare ihrer Mutter, dachte ich.
»Und ist das eure Kusine oder eure Freundin?«, fragte ich und zeigte auf das dritte
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