Warte, bis du schlaefst
Nick, ich meine, für Mr. DeMarco gekauft?«
»Antworten Sie nicht, Benny!«, kam es entschieden von Paul Murphy.
Benny stand auf. »Warum nicht? Ich werde Ihnen sagen, was in dieser Nacht passiert ist. Ich habe gegen Mitternacht einen Anruf von einer sehr netten Dame bekommen, die getrennt von ihrem Mann lebt, einem ziemlichen Dreckskerl und Säufer. Sie hatte Angst. Ihr Mann weiß, dass wir uns mögen. Er hat ihr so eine blödsinnige Nachricht auf ihr Handy gesprochen und irgendwelche Drohungen ausgestoßen. Ich konnte nicht mehr schlafen, daher hab ich mich angezogen und bin rübergefahren. Sie wohnt ungefähr eine Meile von mir entfernt. Ich hab vor dem Haus im Wagen gesessen und gewartet, ob er nach der Sperrstunde auftaucht. Ich bin bis fünf Uhr dort geblieben. Dann bin ich wieder nach Hause gefahren.«
»Das war wirklich sehr ritterlich von Ihnen, Benny«, sagte Ahearn. »Wer ist diese Frau? Wer ist dieser Kerl, der ihr droht?«
»Er ist ein Polizist«, sagte Benny. »Einer der besten von New York. Sie hat erwachsene Kinder, die ihn für den besten Menschen auf der Welt halten und meinen, er habe lediglich ein kleines Alkoholproblem. Sie will keinen Ärger. Ich will keinen Ärger. Und deshalb werde ich dazu nicht mehr sagen.«
Paul Murphy stand auf. »Das reicht jetzt«, erklärte er Ahearn, Barrott und Gaylor. »Ich bin sicher, dass sich Bennys Angaben als richtig erweisen werden, und ich weiß auch, dass mein Mandant alles in seiner Macht Stehende tun würde, um der vermissten jungen Frau zu helfen.« Er warf ihnen der Reihe nach einen strafenden Blick zu. »Warum hören Sie nicht endlich auf, den Falschen zu verdächtigen, und machen sich nicht lieber auf die Suche nach dem wahren Entführer von Leesey Andrews? Und warum verschwenden Sie Ihre Zeit, angebliche Hinweise und Indizien zusammenzusuchen, während es vielleicht noch eine Chance gibt, ihr Leben zu retten?«
Die drei Beamten sahen wortlos zu, wie Murphy, DeMarco und Seppini aufbrachen. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, sagte Ahearn: »Diese Geschichte ist ziemlich dünn. Natürlich könnte sich Benny ein Alibi verschafft haben, indem er eine Weile vor dem Haus seiner Freundin wartete, aber er hätte immer noch jede Menge Zeit gehabt, um auf einen Hilferuf von Nick zu reagieren und Leesey aus der Loft-Wohnung zu schaffen.«
Stumm blickten sich die drei Männer an. In ihren Mienen spiegelte sich abgrundtiefe Frustration, während ihnen noch einmal Leesey Andrews’ verzweifelter Hilferuf in den Ohren klang.
59
»Und die Mauern stürzten ein …« Stammte das aus einem alten Gospelsong? Etwas mit Josua und den Mauern von Jericho? Er war sich nicht sicher. Nur eins war sicher: Die Zeit lief ihm davon.
Dass es so weit gekommen ist, das hab ich nicht gewollt, dachte er, niemals hab ich das gewollt. Es wurde mir aufgezwungen. Ich hab wirklich versucht, nach der Ersten aufzuhören. Die Allererste nicht mitgerechnet, natürlich, die, von der niemand etwas weiß. Aber man hat mich ja nicht gelassen. Man hat mich gezwungen weiterzumachen.
Ungerecht. Einfach ungerecht.
Das ist jetzt das Ende, dachte er und spürte, wie sein Puls schneller ging. Ich kann es nicht mehr aufhalten. Alles ist aus. Sie werden es rausfinden, aber sie werden mich nicht kriegen. Ich werde sterben, aber ich werde noch jemanden mitnehmen, noch eine Neue. Was wäre die beste Art – die aufregendste Art –, es zu tun?
Mir wird schon was einfallen, sagte er sich.
Bisher ist mir noch immer was eingefallen.
60
Martha’s Vineyard liegt über dreihundert Meilen nordwestlich von Manhattan, und entsprechend setzt der Frühling dort später ein. Als ich am Dienstagmorgen aufwachte, blickte ich aus dem Fenster auf einen klaren, kalten Tag. Ich fühlte mich körperlich und geistig gestärkt, schlüpfte aus dem Bett und überlegte, was ich anziehen sollte, um Barbara Hanover Galbraith gegenüberzutreten. Das Wetter war kühl genug für den Jogginganzug, den ich am Vortag noch in meine Reisetasche gestopft hatte, doch das schien mir nicht unbedingt das Richtige zu sein für unsere Begegnung.
Ich wollte weder zu formell noch zu leger gekleidet bei ihr erscheinen. Ich wollte auch nicht wie Macks kleine Schwester wirken. Sie war Kinderchirurgin. Ich war promovierte Juristin, Rechtsanwältin, und hatte gerade meine Assistenzzeit bei einem Zivilrichter hinter mir. Meine Alternative war eine dunkelgrüne Kaschmirjacke, darunter ein weißes Oberteil und dazu weiße
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