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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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feinen Geschäfte kamen: »Ich bin stolz auf die Menschheit, die das alles kann«. Vielleicht habe ich mich bei dem »kann« verhört, aber nicht bei den anderen Worten, die sie genau so sagte. Warum? War es der gespürte Widerstand gegen die technischen Glanzleistungen dieser Menschheit mit der Erinnerung an das verlorene Moor und die Moorhühner? Alles in der Halle ist abgeschirmt gegen die Erde und den Acker, gegen Wetter und Unwetter; Menschheit pur ohne andere, die draußen noch ihr Unwesen treiben mit Schmutz und Regen und Kälte und Hitze und Hell und Dunkel – hier nicht, nicht mehr. Gleichgültig gegen den Stand der Sonne und die Tageszeit, die Jahreszeit, hier sind diese Zicken der Natur verschwunden, und gegen die äußere Bewegtheit ist die Ruhe der unaufgeregten Menschen getreten; einige warten an den Gates, andere gehen oder wandeln hinüber in die Geschäfte oder andere Abflugorte, Friede ohne alle Belästigungen. Laß die Kritik und halte diesen einen Satz fest: »Ich bin stolz auf die Menschheit.«
Moderne: Eine Gebrauchsanweisung
    Wer kompetent und biegsam über die Moderne urteilen will und auf sofortigen Beifall Wert legt, der sage von ihr folgendes: Sie treibt den Menschen und die Künste in die Vereinzelung, sie trennt das Ganze in isolierte Stücke. Wichtig auch: »Es fällt alles auseinander«. »Gott ist tot.« Statt des lebendigen, beseelten Zusammenhangs herrscht der kalte Verstand, auch: die nur instrumentelle Vernunft, auch: die Technik. Alles ist jetzt Berechnung, Planung, Technik, Herrschaft – statt des unmittelbaren Miteinanders, statt der Sinnes-und Leibeserfahrung usw., vor allem: statt des unmittelbaren Lebens, des reinen und wahren. Man kann die Moderne mit dem Neolithikum (gegen die Neandertaler), mit dem homerischen Odysseus gegen den Mythos (Adorno), aber auch mit Platon (Heidegger), mit Dante (Schelling), mit der Schottischen Aufklärung (Buchanan) oder natürlich mit Nietzsche beginnen lassen, je nach Interesse und Bildung. »Nietzsche ist der erste moderne Mensch«; Nietzsche selbst sagte: »Sokrates ist der erste moderne Mensch.« Daß wir in zerrissenen Zeiten leben, ist jedem evident; es kommt nur darauf an, mit einem starken Hieb die Geschichte in zwei Teile zu zerlegen und der Moderne einen spektakulären, unwiderlegbaren Beginn zu verschaffen.
Was ist ein Kunstwerk?
    Ein Kunstwerk ist ein menschliches Produkt (Vogelnester sind schon nicht zugelassen, auch nicht die schöne Landschaft), also ein menschliches Produkt, das erstens eine ästhetische Evidenz ausstrahlt und sich zweitens mit Erfolg in eine schon bestehende Kunstproduktion eingliedert, indem es sich innovativ mit ihr auseinandersetzt. Die kreative Auseinandersetzung mit der schon bestehenden Kunst (die diffus irgendwo und irgendwann begann) und also auch mit ihren Inhalten und Motiven gewährleistet die Welthaltigkeit des Kunstwerks, die eine am Werk orientierte Interpretation aufzudecken hat.
    Und nun die Werke im einzelnen? Sie gehören zur Kunst, wenn sie evidenterweise und mit guten Gründen dazugehören oder mit Erfolg und guten Gründen vorgeschlagen werden. Andere Kriterien gibt es nicht; für Kenner sind sie außerordentlich scharf und glasklar und selbstverständlich elitär, der Laie dagegen sieht seine Provinzprodukte bestätigt. Wer ist Kenner, wer ist Laie?
Unmittelbar und prädikativ
    Es gibt zwei mentale Schichten in uns, die unmittelbare und die prädikative. Die erste setzt auf sinnliche Eindrücke und deren gewaltige Fülle, auf das spontane Erleben und die Tiefe der Gefühle, auf den Moment und seine Impressionen usw.; die andere dagegen distanziert sich und dringt auf Erkenntnis in der Form eines Urteils, das entweder bejaht oder verneint. Der Elementarsatz, mit dem der Mensch aus einem Troglodyten zum Menschen wird, enthält ein Subjekt und ein Prädikat und zwingt zu der (dann frei genannten) Entscheidung, das Prädikat dem Subjekt zuzusprechen oder abzusprechen. Der prädikative Mensch prüft und sichtet, er erwägt kritisch, ob das, was uns beeindruckt, Phantom oder Wirklichkeit ist, ob die Fülle des Erlebens vielleicht marode und verfault ist, ob der Blick in die Ferne am Südseestrand wohl der Blick eines Kretins ist, ja oder nein.
    Der Wohlstandsmarkt setzt auf das unmittelbare Spaßgefühl und findet dienstbare Heloten in allen Medien; sie meiden seit

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