Warum auch nette Männer nicht zum Frühstück bleiben (German Edition)
der kurze Text gefällt mir gut. »Scheiß auf alle Prinzen. Männer, die sich nach dem Küssen verwandeln, hab ich echt genug gehabt.« Ich hinterlasse eine kurze Notiz: »Das hast du voll in den falschen Hals gekriegt. Frösche verwandeln sich, und zwar in Kaulquappen, und wer will die schon küssen?«
Nein, das tue ich nicht, um zu flirten, manchmal hinterlasse ich auch nur so eine Nachricht, einfach deshalb, weil sie mir eingefallen ist.
Karen meldet sich am nächsten Tag. Nicht, dass es die erste Mail wäre, die ich beantworte, aber gegen Ende meines Tippseltages bekommt auch sie eine heitere Replik, aus der sich langsam ein netter Dialog entwickelt.
Karen ist Grafikerin, ich Werber, sie kennt zwei Kampagnen, die ich damals in Köln gemacht habe, ich kenne mehrere Sorten Mischgemüse, für das sie Möhrchenscheiben und Brokkoli auf der Gefrierverpackung entworfen hat.
Karen hat eine Dauerkarte für den FC St. Pauli, ich turne bisweilen im VIP-Block auf der Gegenseite herum, und beide sind wir von der Außenseiterromantik dieses Piratenklubs fasziniert.
Karen hat Basketball gespielt, aber sie war zu klein, um es in höhere Gefilde zu schaffen, dass ich mal Bundesligaspieler war, scheint ihr mehr zu imponieren als alles, was sie bei Google über mich findet.
Karen lacht über die gleichen Sachen, und ich könnte mich wegschmeißen, wenn sie mir ulkige Postkarten einscannt oder äußerst seltene Flachwitze schickt, denn sie verfügt über einen hintersinnigen Humor, der dem meinen recht ähnlich ist.
Aber ich flirte nicht, Gott bewahre, denn da ist noch immer dieses Gruselfoto und ich lese auch so genügend Frauen auf, die mir für ein paar Tage die Einsamkeit vertreiben. Im Moment tut das Janina, eine ausgesprochen zickige Online-Journalistin, die aber zum Trost über einen traumhaften Körper verfügt und definitiv mehr von mir will, doch ich drücke mich erfolgreich um einen Ausbau unserer angenehmen Affäre zur Beziehung und besuche sie nur alle paar Tage für eine Nacht. Die entstehenden Freiräume fülle ich je nach Lage an der Front mit hart erarbeiteten One-Night-Stands.
Und nun will Karen mich kennenlernen.
Eigentlich steht sie überhaupt nicht auf meiner To-do-Liste. Ich meine, ganz im Ernst, was soll das? Sie ist hässlich. Wenn sie sich in mich verliebt, muss ich ihr einen Korb geben. Wenn ich ihr keinen Korb gebe und sie aus purer Sympathie einmal vögele, breche ich ihr kleines Herz. Was kann schon dabei herauskommen außer Tränen oder erotischen Unerfreulichkeiten?
Doch nach ein paar Tagen lasse ich mich zu einer gemeinsamen Mittagspause unter Kollegen überreden. Sie ist der Karottenscheiben überdrüssig und will mir eine Bewerbungsmappe zeigen. Und im Grunde seines Herzens ist der alte LeiLa ja auch noch ein gutmütiger Kerl.
Wir treffen uns im »September«, an der Ecke des Heiligengeistfeldes, wo der FC St. Pauli spielt. Ich bin vor ihr da und warte gespannt auf das Original zum Gruselfoto. Als eine echt hübsche Frau von vielleicht 27 Jahren mit dunklen Haaren und Wahnsinnsfigur durch die Tür kommt, lächele ich ihr zu, so etwas geht bei mir inzwischen automatisch, und ich hätte auch keine Hemmungen, ihr noch schnell meine Telefonnummer zuzustecken, bevor gleich Karen kommt. Als aber ebendiese Frau zurücklächelt, sich an meinen Tisch setzt und »Hey, Leif« sagt, dämmert mir, dass sie überraschenderweise Karen heißen könnte und ich besser mal anfangen sollte, einen Tick weniger dämlich und vielleicht auch nicht mehr so ungeniert auf ihre Titten zu starren.
»Na so was«, sage ich.
Karen legt ihre Mappe auf den Tisch. »Willste sehen?«
»Später«, antworte ich, »ich muss mich erst erholen.«
»Von was denn?«
»Von deinem Profilfoto, du Knalltüte. Du bist eine Internetbetrügerin.«
»Enttäuscht?«, fragt Karen und grinst spitzbübisch.
»Oh ja«, sage ich. »Normalerweise steh ich total auf Frauen, die Fratzen schneiden. Mit hübschen Mädels kann ich echt nichts anfangen.«
»Da wären wir ja beim Thema«, sagt sie. »Ich steh total auf Männer, die nur mit mir ins Bett wollen, und die kann ich mit so einem Foto ganz gut fernhalten.«
Wir lächeln uns eine kleine Weile an. Dann startet Karen eine Art Beziehungstauglichkeitsblitzverhör, so wie alle Frauen es irgendwann machen, allerdings tun es die wenigsten so früh und so voller Witz und Anmut: »Und sonst, Herr Andersson?«, fragt sie mich mit einem kecken Blick von schräg unten rechts. »Altlasten?
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