Warum ausgerechnet Du
jetzt im Sommer natürlich nicht angezündet war.
Suzy wusste nicht, was in Gils Kopf vorging, aber ihre Gedanken kreisten um ihn. Sie fragte sich, was bei ihm nur Fassade war und was echt. Sie wusste nur zu gut, dass man ein Image aufbauen konnte, das mit der wahren Persönlichkeit eines Menschen wenig oder gar nichts zu tun hatte. Tat sie selbst das in gewisser Weise nicht auch? Hatte sie die Methode nicht vom Meister selbst gelernt, nämlich von ihrem Vater, der sein Image dazu benutzt hatte, um Macht und Geld anzuhäufen?
Gab es womöglich Ähnlichkeiten zwischen ihrem Vater und Gil? Besorgt blickte sie Gil von der Seite an. „Wolltest du schon immer Gouverneur werden?”
„Wohl kaum”, erwiderte er trocken.
„Warum hast du dann kandidiert?”
Er zuckte die Achseln. „Aus Pflichtgefühl, schätze ich.”
„Aus Pflichtgefühl?”
Gil zog ein Knie an, legte einen Arm darauf und ließ sein leeres Weinglas zwischen den Fingern herabbaumeln. Sein Blick war immer noch auf den Kamin gerichtet, als er antwortete:
„Irgendjemand musste endlich einmal die Sache des so genannten kleinen Mannes vertreten. Warum nicht ich?”
„Willst du noch weiter hochklettern auf der Erfolgsleiter?”
„Wohin zum Beispiel?”
„Du könntest Senator werden oder Präsident.”
„Zum Teufel, nein”, sagte er schaudernd.
Suzy nippte an ihrem Wein und musterte Gil prüfend. Trug er eine Maske? Gab es irgendeinen noch so kleinen Hinweis, dass er ihr etwas vormachte? Sie fand keinen; sein Gesichtsausdruck wirkte vollkommen ehrlich. Kopfschüttelnd richtete sie den Blick wieder geradeaus.
„Merkwürdig”, murmelte sie.
„Was ist merkwürdig?”
„Du.”
„Wieso?”
„Du bist Politiker. Alle Politiker streben das nächsthöhere Amt an. Sie wollen mehr Macht.”
Halb spielerisch, halb tadelnd richtete Gil den Zeigefinger auf sie. „Ich bin kein Politiker!”
„Natürlich bist du das. Du bist Gouverneur, oder etwa nicht?”
„Noch drei Jahre. Dann ist das vorbei. Wenn meine Amtszeit beendet ist, verschwinde ich wieder von der Bildfläche. Nichts wie weg zu meiner Ranch.”
Überrascht wandte Suzy den Kopf. „Du klingst ja, als wäre es dir unangenehm, Gouverneur zu sein.”
„Ist es auch.”
„Aber warum hast du dann überhaupt kandidiert?”
„Aus Pflichtgefühl.”
„Das sagtest du bereits. Aber wem bist du verpflichtet?”
„Den einfachen Leuten - den Ranchern, den Farmern, den kleinen Geschäftsleuten. Es war längst an der Zeit, dass sich zur Abwechslung mal jemand um ihre Belange kümmerte und Gesetze zu ihrem Nutzen auf den Weg bringt.”
„Und du fühlst dich verpflichtet, das für diese Leute zu tun?”
„Nicht nur für sie, auch für mich selbst. Ich bin schließlich einer von ihnen. Was sie betrifft, betrifft auch mich.”
Suzy drückte theatralisch beide Hände auf ihr Herz. „Der Ritter in der glänzenden Rüstung, Beschützer der Armen, Rächer der Enterbten.” Sie lachte sarkastisch und schüttelte den Kopf.
„Sie müssen doch auch irgendwelche Schwächen haben, Governor.”
Lächelnd drehte er sich zu ihr und legte einen Arm um sie.
„Eine habe ich ganz bestimmt.” Er küsste ihre nackte Schulter.
„Nämlich für scharfzüngige Blondinen, die ihren eigenen Kopf haben. Besonders für solche, die rote Perücken tragen.”
„Ach, komm schon.”
Gil hob die rechte Hand. „Großes Ehrenwort”, sagte er feierlich. „Mein Herz macht jedes Mal bum-bum-bum, wenn ich an dich denke.”
„Bum-bum-bum?” wiederholte sie lachend.
Er legte einen Finger auf ihre Lippen, und sie schluckte. Er sah plötzlich so unglaublich ernst aus, fast ehrfürchtig.
Ihretwegen?
„Was ist denn?” fragte sie nervös.
„Dein Lachen, es gefällt mir.” Er beugte sich vor und strich ganz sacht mit seinen Lippen über ihre. „Es lässt mein Herz höher schlagen.”
Und er brachte ihres beinahe zum Aussetzen. Mit seinen Küssen, mit all seinem Liebesgeflüster beunruhigte er sie zutiefst.
„Vielleicht sollte ich jetzt lieber einen Ortswechsel durchführen.”
Er zog den Kopf zurück und sah sie missbilligend an. „Warum tust du das?”
„Tu ich was?”
„Sobald es anfängt, wirklich persönlich zu werden, machst du eine sarkastische Bemerkung.”
„Tu ich das?” Sie wusste nur zu gut, dass sie das tat.
Schließlich hatte sie jahrelange Übung darin.
„Ja, das tust du.”
Sie blickte ihn von unten herauf an. „Ich schätze, das gehört einfach zu meinem ganz
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