Warum ausgerechnet Du
für ein Verhältnis zu deinen Eltern?”
Sie zuckte innerlich zusammen bei der Frage, versuchte aber, äußerlich ruhig zu bleiben, und tat so, als interessiere sie sich brennend für die komplizierte Schalttafel am Mikrowellenherd.
„Ich habe nur noch meine Mutter. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich noch klein war.”
„Und dein Vater hat keinen Kontakt zu dir gehalten?”
Suzy schüttelte den Kopf. „Nein, aber das macht nichts. Nach allem, was ich von ihm in Erinnerung habe, war er ein Schwein.”
„Das tut mir Leid”, murmelte Gil betroffen. Dann lächelte er.
„Ich möchte, dass du meine Eltern kennen lernst. Ich glaube, du würdest sie mögen.”
Dagegen hoffte Suzy inständig, dass er niemals ihre kennen lernen möge - vor allem nicht ihren Vater. „Ja”, sagte sie nur.
„Wir werden sehen.” Sie öffnete die Tüte mit den Lebensmitteln, die sie in der Nacht noch an einer Tankstelle eingekauft hatten.
„Hast du auch Hunger?”
Gil schwieg, während sie eine Tüte Brötchen auspackte. Er merkte, dass Suzy das Thema wechseln wollte, und fragte sich, weshalb. Aber sie hatten ja noch das ganze Wochenende, um mehr übereinander in Erfahrung zu bringen.
„Wie ein Wolf”, erwiderte er. Er füllte zwei Tassen mit Kaffee und setzte sich zu ihr an den Tisch. Dann hob er seine Tasse an die Lippen, blies auf den heißen Kaffee und schaute Suzy durch den aufsteigenden Dampf hindurch an. Was für ein Gegensatz, dachte er beim Anblick ihres frischen, ungeschminkten Gesichts und ihrer vom Schlafen noch ganz zerzausten blonden Haare.
Das Hemd, das er ihr geliehen hatte, war ihr natürlich viel zu groß, so dass eine von ihren zarten Schultern immer bloßlag.
Schon von Anfang an hatte er den Verdacht gehabt, dass ihr exzentrisches Outfit und ihr schrilles Make-up nur ein Versuch waren, den Leuten etwas vorzuspielen, was sie in Wirklichkeit gar nicht war. Seitdem er dann ihr Haus gesehen hatte, mit der gelben Fassade, dem Garten voller Blumen und dem bunten Sammelsurium von Möbelstücken, war er erst recht überzeugt, dass sie in Wirklichkeit ganz anders war, als sie sich nach außen hin darstellte. Aber was glaubte sie, von sich verbergen zu müssen?
Suzy biss herzhaft in ihr Brötchen und blickte nun auf, als würde sie seine Irritation spüren. „Was ist?” fragte sie verlegen und betupfte sich mit der Serviette die Lippen .
„Weißt du eigentlich, dass du mir noch gar nicht deinen Namen gesagt hast?”
Panik flackerte in ihren Augen auf, bevor sie den Blick rasch senkte und wieder nach ihrer Serviette griff.
„Doch, habe ich”, antwortete sie. „Ich heiße Suzy.”
„Deinen ganzen Namen hast du mir aber nicht verraten.”
Jetzt blickte sie ihm, fast trotzig, in die Äugen. „Ich heiße Suzy”, wiederholte sie und beeilte sich, ihre abwehrende Haltung hinter einem entwaffnenden Lächeln zu verbergen. „Ich finde, wenn für Madonna oder Cher ein Name ausreicht, warum dann nicht auch für mich?”
Gil beschloss, Suzy erst einmal nicht weiter zu bedrängen. Er wollte sich dieses Wochenende mit ihr nicht verderben. Ihm war schon zuvor aufgefallen, dass Suzy etwas von einem wilden Fohlen an sich hatte, das eine sehr ruhige und geduldige Hand brauchte.
„Du möchtest also in der Musik-oder Filmbranche Karriere machen?” Er zwinkerte ihr amüsiert zu.
Sie hob eine Braue. „Wer weiß? Würdest du mir eine Chance geben?”
„Vielleicht”, antwortete er lächelnd. „Kannst du singen?”
„Unter der Dusche, schon.”
Er prostete ihr zu. „Das ist doch schon mal ein Anfang”, meinte er und nippte an seinem Kaffee. „Aber wahrscheinlich würde dein Aussehen bereits ausreichen.”
Suzy verdrehte die Augen. „Ja, klar - besonders jetzt, ohne Make-up und in einem alten Männerhemd.”
Gil setzte seine Tasse ab und nahm sich ein Brötchen. „Du brauchst kein Make-up. Du bist ohne Make-up sogar schöner als mit.” Herzhaft biss er in sein Brötchen. Seine Augen blitzten.
„Und was dieses Hemd betrifft, noch schöner könntest du nur aussehen, wenn du es ausziehen würdest.”
„Ihr Politiker.” Sie wischte das Kompliment mit einer lässigen Handbewegung beiseite. „Im Schaumschlagen seid ihr groß.”
Wie schon einmal richtete er halb spielerisch, halb tadelnd den ausgestreckten Zeigefinger auf sie. „Ich habe dir schon einmal gesagt, ich bin kein Politiker. Und ich lüge nicht. Wenn ich dir etwas sage, kannst du dich darauf verlassen, dass es die Wahrheit
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