Warum ausgerechnet Du
deiner Wut in etwas Positives umzumünzen.”
Entsetzt wich Suzy zurück. Allein der Gedanke, einen Konflikt mit den Medien zu riskieren, erschreckte sie zutiefst. „Ich könnte das nicht. Ich kenne mich auch überhaupt nicht aus, weder politisch noch juristisch.”
„Das brauchst du nicht. Alles, was du brauchst, ist der Wille, etwas zu ändern, und der Mut, dich für deine Überzeugung einzusetzen. “
„Das könnte ich nicht”, wiederholte sie. „Ich wüsste überhaupt nicht, was ich tun sollte. Ich habe mit Politik nichts am Hut.”
„Ich bin eigentlich auch nur ein Rancher”, erwiderte Gil trocken. Dann lächelte er wieder. „Den ersten Schritt hast du ja schon gemacht, auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist. Du hast einen Missstand erkannt, an dem man etwas ändern muss.”
Er würde sie doch wohl nicht als Nächstes zur Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Medien ernennen. Wie immer, wenn sie nicht mehr weiterwusste, versuchte sie, sich durch eine sarkastische Bemerkung aus der Affäre zu ziehen.
„Ja, ja”, erwiderte sie spöttisch. „Und wenn ich dann die Medien auf Kurs gebracht habe, dann kann ich mich ja, sagen wir mal, um die Reform des Gesundheitswesens kümmern. Das ist wirklich ein Thema, das mir unter den Nägeln brennt.”
„Da muss wirklich etwas getan werden, sowohl in den einzelnen Bundesstaaten als auch auf nationaler Ebene.”
„Na ja. Wie auch immer.” Suzy tat, als müsse sie gähnen, und streckte die Glieder. „All das Gerede über Weltverbesserung macht mich ganz müde. Sollen wir nicht ein Nickerchen halten?”
Gil schüttelte den Kopf. „So verlockend ich diesen Vorschlag auch finde, aber ich muss einen kleinen Ausritt machen und nach den Rindern sehen. Wenn du willst, kannst du mitkommen.”
„Reitend?”
„Anders geht es nicht.”
Suzy schauderte leicht. „Wenn es dir nichts ausmacht, bleibe ich hier und ruhe mich aus. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen.”
Gil nahm seinen Stetson vom Haken und ging zur Hintertür.
„Und wenn’s nach mir geht, wird es in der kommenden Nacht nicht viel anders sein”, sagte er beim Hinausgehen.
Suzy versuchte zu schlafen, aber sie kam nicht zur Ruhe. Ihr Gespräch mit Gil über die Medien hatte Erinnerungen und Ängste in ihr wachgerufen. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie wieder die Schlagzeilen von damals vor sich, die der Welt verkündeten, was für ein Verbrecher ihr Vater sei. Sie hatte wieder das nicht endenwollende Schrillen des Telefons im Ohr und das hysterische Schluchzen ihrer Mutter. Und das Schlimmste von allem: Sie sah ihren Vater selbst wieder vor sich: den berüchtigten Reverend Bobby Swain, mit seiner perfekt gestylten Frisur und seinem maßgeschneiderten Anzug, wie er sich mit hoch erhobenen Armen und einem
verheißungsvollen Lächeln auf den Lippen in Positur stellte demselben Lächeln, das er eingesetzt hatte, um nichts ahnende Frauen in sein Bett zu locken.
Und die Medien hatten nichts ausgelassen.
Kaum waren die ersten Gerüchte über die Machenschaften ihres Vaters entstanden, da hatten sich die Reporter wie ein Rudel Wölfe darauf gestürzt und auch das letzte der dunklen Geheimnisse des Reverends ans Tageslicht gebracht und ihn als Ehebrecher bloßgestellt. Dass ihr Vorgehen schwerwiegende Folgen für seine Frau und seine Tochter hatte, war ihnen egal.
Suzy erinnerte sich noch genau, wie ihre Mutter an der Seite ihres Mannes im Fernsehen aufgetreten war, schön und hoheitsvoll und ihrem Gatten treu ergeben. Das war gewesen, kurz nachdem zum ersten Mal über ihn berichtet worden war und er alles als infame Verleumdung abgestritten hatte.
Doch mit jeder weiteren Frau, die vor laufender Kamera über ihre Affäre mit dem berühmten Fernsehprediger berichtete, war Sarah Swains Vertrauen in ihren Mann und damit ihre ganzes seelisches Gleichgewicht erschüttert worden. Am Ende war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen.
Die Medien hatten Suzys Familie zerstört, hatten den Namen ihrer Mutter und den ihres Vaters in den Schmutz gezogen. Sarah Swain war schließlich unter dieser Last zusammengebrochen. Ihre Eltern hatten darauf bestanden, dass sie sich von Bobby Swain scheiden ließ, ihren Namen änderte und sich einen neuen Wohnsitz suchte. So waren sie nach Elgin gezogen - eine kleine, ländliche Gemeinde östlich von Austin -, in der Hoffnung, hier endlich Ruhe vor den Medien zu finden.
Der Skandal hatte Bobby Swains Familie zerstört,
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