Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
Entspannen Sie mit einer beruhigenden Dusche! Genießen Sie mit Aromatherapy Absolute Relax traumhafte Entspannung unter der Dusche. Die Formel mit beruhigendem Duft enthält ätherisches Öl von Ylang Ylang und zarten Iris-Extrakt. Pure Entspannung – und ein herrliches Duscherlebnis!“
Nichts scheint leichter zu sein, als Entspannung zu finden. Eine belebende Dusche, das passende Pflegeprodukt, vielleicht noch ein Wellness-Wochenende im Heu-Hotel – fertig. Doch werden die Versprechungen wohltuender Entspannung auch eingelöst?
Vom Rosenblütenbad zum goldenen Kalb
Die klassische Stressprävention ist darauf angelegt, stressgefährdete Menschen dazu zu bringen, sich mehr zu bewegen, mehr Pausen einzulegen und sich ein schönes Hobby zum Ausgleich zu suchen. Der klassische Ansatz fordert intensiven Ausgleich für intensive Arbeit. Mit anderen Worten: Gestresste Menschen sollen es sich mal so richtig gut gehen lassen.
Diese Stoßrichtung verfolgen auch die Abertausende Produkte, die ganze Industriezweige ersonnen haben und täglich neu erfindet: Die Angebote auf dem Entspannungsmarkt sind ebenso zahllos wie hochpreisig. Hier finden sich Produkte wie exklusive Kleopatrabäder, sinnliche Salze und orientalische Brisen, Entspannungs-CDs mit Meeresrauschen oder Walgesängen, Feng-Shui-Wochenenden, Farb- und Klangschalentherapien, Wellness-Wochenenden mit Rosenblütenbad und Champagner-Candlelight-Dinner – es gibt eigentlich nichts, was sich nicht mit dem Stempel „Wellness“ vermarkten ließe. Das unendliche Repertoire an kostspieligen Angeboten lässt auf die Nachfrage schließen, und die muss immens hoch sein.
Der hohe Preis der Produkte verdeutlicht die Erwartung, die entspannungssuchende Kunden an das Produkt haben. Auch ich nehme gerne einmal Angebote dieses riesigen Marktes wahr – selbst wenn mich die poetischen Ergüsse der Werbebotschaften eher amüsieren. Ich fahre dann ins Wochenende und freue mich auf einen Wellness-Hotelaufenthalt mit allem Drum und Dran. Die Flasche Champagner auf dem Zimmer und die Rosenblätter auf dem Kopfkissen stimmen mich gleich richtig ein, dann starte ich nach einem erfrischenden Drachenfruchtcocktail mit einem Eselsmilchbad. Am nächsten Tag folgt dann das Kleopatrabad und abends gibt die Hot-Stone-Massage meinen Sinnen den Entspannungsrest. Das ist alles gut und schön – solange ich nicht erwarte, dass ich dann am Montag im Büro plötzlich von meinem Stress nichts mehr spüre.
Wellness ist das Schlüsselwort. Übersetzt bedeutet es „Wohlbefinden“, doch gebraucht wird es wie eine Therapieform. Im Grunde genommen handelt es sich erst einmal um eine Bezeichnung, die rechtlich nicht geschützt ist. Ähnlich wie mit dem Wort „Bio“ kann jeder Anbieter sein Produkt als „Wohlbefinden steigernd“ deklarieren. Das Attribut „Wellness“ verspricht in unserer Werbewelt aber mehr als nur Entspannung: Körper, Geist und Seele sollen bei ausgiebiger und korrekter Anwendung der Produkte in Einklang kommen. Und weil die Wellness-Welt so einen therapeutischen Charakter hat, werden die Produkte auch entsprechend teuer (= wertvoll) angeboten. An Anspruch und Selbstbewusstsein mangelt es nicht – die Versprechen sind bis ins Religiöse hochgeschraubt: „Komm zu uns und wir machen dich wieder heil“ suggerieren die Produktslogans.
Zahllose Wellness-Ratgeber bieten Überblick und liefern Tipps, was der stressgeplagte Mensch tun, kaufen oder konsumieren kann. Ein schier unüberschaubarer Markt liefert alles – von Programmen, die besseren Schlaf versprechen, über Entspannungstechniken nach verschiedenen wissenschaftlichen Theorien bis hin zu Lichttherapien unter Tageslichtlampen. Wahrscheinlich ist nichts davon wirklich schädlich und viele Sachen sind auch durchaus empfehlenswert. Doch kann es sein, dass all diese Dinge mit nachhaltiger Burnout- und Stressprävention nichts zu tun haben?
In meinen Seminaren haben nahezu alle Teilnehmer schon Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Entspannungsmethoden gemacht. Die meisten verfügen über eine hohe Sachkompetenz über alles, was der Markt anbietet, sie haben viele Kurse durchlaufen und diverse Ansätze und Lehrmeinungen verinnerlicht.
Eine ganz ausgezeichnete Kennerin der Materie war eine sportlich schlanke Frau, die sich als Key-Account-Managerin in einer IT-Firma gegen zahlreiche männliche Konkurrenten behauptet hatte. Als eine andere Teilnehmerin meines Kurses von ihren massiven Einschlafproblemen erzählte, hatte
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