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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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zu nähern, kommen wir nicht herum, uns mit der eigenen Biografie zu beschäftigen: Inwiefern ist das, was wir erlebt haben, relevant für unsere Identität in der Gegenwart? Wir müssen die Vergangenheit in die Gegenwart holen, um sie neu deuten zu lernen. So erkunden wir die eigene Identität.
    Weil der Mensch ein soziales Wesen ist, lässt sich die Identität nicht von den engen Beziehungen trennen. Sie erst machen uns aus. Um Klarheit über die wichtigen Beziehungen, Bindungen und Konstellationen zu bekommen, kann es beispielsweise hilfreich sein, den eigenen Stammbaum aufzustellen, besser noch ein Genogramm, das zahlreiche Informationen über die Mitglieder der Familie und ihre Beziehungen zueinander enthält. Genogramme zeichnen in grafischer Form Informationen über eine Familie auf und ermöglichen so einen raschen Überblick über komplexe Familienstrukturen. Es sollte mehrere Generationen umfassen, das heißt mindestens Großeltern, Eltern, die eigene Ebene und die der eigenen Kinder.
    Für die Arbeit mit der Biografie nehme ich mir in der Regel zwei Tage Zeit. Zunächst wird die schlichte Struktur der Familie erstellt; dazu gibt es ganz klare formale Vorgaben: Unter anderem wird der Vater quadratisch dargestellt, die Mutter rund, das älteste Kind steht ganz links. Heute ist es ja leider so, dass jede zweite Ehe scheitert, andere sich überhaupt nicht langfristig binden wollen. Immer wieder entstehen so Patchworkfamilien mit Kindern aus verschiedenen Beziehungen. Entsprechend ihres Alters werden die Kinder nacheinander eingesetzt.
    Um alle Personen gut platzieren zu können, empfiehlt sich ein DIN-A3-großes Blatt, auf dem auch Platz für Korrekturen ist. Schon bei dieser ersten schlichten Struktur, bei der es nur um den eigenen Strang und nicht um den des Partners geht, wird einem Burnout-Patienten typischerweise schnell klar: Die klassische Familie mit den ganz einfachen und klaren Strukturen wie im berühmten Rama-Margarine-Frühstücks-Werbespot gibt es gar nicht oder nicht mehr so häufig: Das Chaos, das sich vor ihm ausbreitet und in dem er versucht, irgendwo seinen eigenen Platz zu finden, entspricht meistens überhaupt nicht der konventionellen Vorstellung, wie eine Familie zu sein hat (und die der Patient ebenfalls noch – unbewusst – mit sich herumträgt).
    „Ich komme aus einem riesigen Chaosladen“, seufzte einmal eine Frau in den mittleren Jahren, die sich mit einem Kosmetikstudio selbstständig gemacht hatte. Und man konnte ihr die Erleichterung förmlich ansehen, als sie die ebenso chaotischen Genogramme anderer Leidensgenossinnen sah.
    Wenn die Grundstruktur der Familie steht, können in der Arbeit mit dem Genogramm ganz unterschiedliche Fragen gestellt werden, unter anderem: „Wie alt sind die Familienmitglieder geworden?“, „Welche Krankheiten hatten sie?“, „Gibt es Paradiesvögel in der Familie?“, „Welche Berufe hatten die Familienmitglieder?“ oder auch: „Welchen sozialen Status?“
    Das Lebensgefühl in einer Familie von Beamten ist typischerweise ein anderes als das in einer Familie von Selbstständigen. Die Ausgebrannten gestalten ihre Genogramme und erforschen dabei sich selbst: „Aha, ich komme aus einer Familie mit einer bestimmten Struktur und deshalb bin ich so und nicht anders!“ Sie erkennen, dass es innerhalb der Familiengemeinschaft klare Vorgaben und Werte gibt.
    Viele Burnout-Patienten, die ich getroffen habe, erkennen an dieser Stelle, dass sie selbst der „bunte Vogel“ sind, weil sie unter lauter Arbeitern der Erste in der Familie waren, der studiert hat, die erste Kreative waren, der Erste ohne Kinder, das erste weibliche Familienmitglied mit beruflichem Erfolg oder was auch immer. Auf die eine oder andere Weise haben sie das Familiensystem mit dessen festen Vorgaben auf ihrem Lebensweg ein Stück weit verlassen oder durchbrochen. Nun betrachten sie im Detail, mit welchen Vorgaben sie aufgewachsen sind; schließlich sind sie ja nicht einfach so in die Welt geworfen worden: Innerhalb der Familie gibt es eine bestimmte Kultur, ein Lebensgefühl, ein Set aus Verhaltensweisen und Standpunkten. Und wer dieses Familiensystem in irgendeiner Weise verlässt, betritt unsicheres Neuland.
    Die Individualisierung von Lebensläufen und das Aufbrechen von Familientraditionen erzeugt Stress, in unserer Zeit besonders. Die Biografien werden heute zunehmend ganz individuell gestaltet. Es gibt keine klaren Vorgaben mehr, die das eigene Schicksal lenken und

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