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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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ganz gegensätzliche Erfahrung: von Schweigsamkeit keine Spur. Hier besteht ein immenses Redebedürfnis. Ist erst einmal die Tür geöffnet, haben die Männer in meinen Seminaren so viel geredet, dass ich fast immer Überstunden machen musste. Es kam mir fast so vor, als seien sie ausgetrocknet und würden hier endlich Wasser bekommen.
    Und wenn einer von ihnen mutig beginnt, Emotionen zu zeigen, brechen auch bei den anderen schnell die Dämme. Ein bisschen schwingt dabei dann immer noch die Sorge mit, es könne ab jetzt in dieser Männerrunde so zugehen wie beim „Bewegten Mann“. Doch die entlastende Erfahrung setzt sich durch: „Hier müssen wir einmal nicht die harten Kerls sein. Ich bin nicht persönlich ein Versager, den anderen geht es auch so.“ Und zu dem Leiden im Job drängen sich nun nach und nach auch noch die Probleme in Partnerschaft und Familie.
Die große Überforderung
    Wohlgemerkt: Es geht hier nicht darum, Frauen die Arbeit – auch in männlichen Berufen – streitig zu machen oder ihnen die Karriere zu versagen. Ebenso wenig sollen Männer denken, dass sie sich lieber doch nicht in das Familienleben einbringen sollten.
    Ich erinnere mich an eine Frau, die sich dazu entschied, keine weitere Karrierestufe anzustreben. Ihr wurde klar, dass der nächste Karrieresprung alles, was ihr wichtig ist im Leben, negativ beeinflussen würde. Sie war sehr intelligent, arbeitete in einer verantwortungsvollen Führungsposition in einer interessanten Firma und hatte ein ganz spannendes Tätigkeitsfeld. Sie war kreativ, aber auch in ihrem analytischen Denken gefordert. Das fortschrittliche Unternehmen, ein Hersteller für Spezial-Textilien, gab den Mitarbeitern viel Spielraum und konnte damit aus einem hochkreativen Pool schöpfen. Die Mitarbeiter konnten jederzeit eigene Ideen einbringen und sich dann neue Teams zusammenstellen, die diese Ideen weiterentwickelten. Das Unternehmen war Marktführer in seinem Bereich und auch als Arbeitgeber sehr beliebt. Die Bezahlung war gut, die Arbeit machte Spaß – all das verführte zu immer mehr Leistung.
    Als ihr nun die Möglichkeit geboten wurde, einen weiteren Beförderungsschritt zu gehen, war das erst einmal sehr verlockend. Aber sie wusste: „Wenn ich das mache, muss ich deutlich intensiver für die Firma zur Verfügung stehen.“ Neben Überstunden würden Dienstreisen und Wochenendeinsätze auf sie zukommen. Dann müsste sie bei allem anderen kürzer treten.
    Im Blick auf ihre Werte, also das, was ihr Leben sinnvoll machte, erkannte sie, dass für sie die Gemeinschaft mit der Familie wichtiger war als das größere Ansehen und der erweiterte Spielraum im Job. Ihr wurde klar, woher ihre emotionale Erschöpfung rührte. Die Versuchung bestand darin, sich im Außen noch weiter von ihrem inneren Geschlechtermodell zu entfernen, den Spagat noch größer zu machen, im Klartext: noch weniger Frau zu sein. Sie sagte ihrem Chef ab und bekam anschließend auch ihre Erschöpfung in den Griff.
    Mir ist klar geworden, dass sich mit den neuen Freiheiten und mit der Auflösung der klassischen Rollenbilder die Komplexität auf allen Ebenen vervielfacht hat. Die Emanzipationsbewegung hat zwangsläufig neben allen positiven Errungenschaften zu einer großen Verunsicherung beider Geschlechter und zu einer umfassenden Rollenkonfusion geführt. Die Verwischung und Verquickung der Geschlechterrollen bringt Männer wie Frauen in wahre Dilemma-Konstellationen. Zusammengefasst sieht das folgendermaßen aus:
    Wenn der Mann den althergebrachten Weg wählt und sich darauf konzentriert, im Job erfolgreich zu sein, das Geld nach Hause zu bringen, der „Versorger“ zu sein, jedoch die Kindererziehung und den Haushalt der Frau überlässt, dann erfährt er von ihr und seinem Umfeld zunehmend keine Anerkennung mehr für den Job, sondern muss sich vorwerfen lassen, dass er ein Macho und von gestern sei. Er ist dazu verdammt, die gesellschaftliche Anerkennung – und vor allem die seiner Frau – durch sein Engagement in der Familie zu erhalten. Da aber auch die modernste Familie nicht von Luft und Liebe allein leben kann, führt er selbstverständlich seinen Beruf zusätzlich aus und sorgt für die wirtschaftliche Sicherheit.
    Entweder er versucht sich als Tausendsassa im „Sowohl-als-Auch“ und probiert nach Kräften, Job und Familie auf Kosten des Schlafbedürfnisses bestmöglich zu vereinbaren. Dann erlebt er vielleicht etwas Anerkennung, bezahlt aber den hohen Preis der völligen

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