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Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Titel: Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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cuing of autobiographical memory«, American Journal of Psychology, 97 (1984), 493-507.
    F.R. Schab, »Odors and remembrance of things past«, Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory and Cognition, 16 (1990), 648-655.
    F.R. Schab, »Odor memory: taking stock«, Psychological Bulletin, 109 (1991), 242-251.
    P. Vroon, A. van Amerongen & H. de Vries, Verborgen verleider, Psychologie van de reuk, Baarn 1994.

Bedauern
    Fotos dieser Art gibt es millionenfach. Genre: Opa mit Enkel. In diesem Fall: mein Opa, Douwe Draaisma, Polizeiwachtmeister in Leeu-warden. Als dieses Foto im Sommer 1955 aufgenommen wurde, war ich fast zwei und mein Opa um die sechzig Jahre alt; als Polizist jedenfalls schon außer Dienst. Zu dieser Zeit ging man auch an einem freien Tag als feiner Herr gekleidet: im Anzug und mit Krawatte, am Revers den königlichen Orden. Zweifelsohne zog er auf seinen Fahrradtouren vor Damen den Hut, wobei er die Spitze in einem Dreieck zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger faßte.
    Opa mit Enkel

    Die Abzüge dieser Fotos, aufgenommen mit einer >Box<, bekamen einen gezackten Rand. Für viele Leute meines Alters fällt dieser Zackenrand ungefähr mit der Grenze des persönlichen Gedächtnisses zusammen: es sind Fotos aus der Zeit vor dem vierten oder fünften Lebensjahr, ein Zeitraum, an den man mit Ausnahme einiger Fetzen keine Erinnerung mehr hat.
    Der niederländische Schriftsteller und Essayist Gerrit Krol be-zeichnete Fotos einmal als »die Zeltstöcke der Erinnerung«. Und tatsächlich: sie sind nicht die Erinnerung selbst, sondern helfen ei-
    nem, die Erinnerungen aufzuspannen und aufrechtzuerhalten. Wenn ich meinen Opa auf dem Foto betrachte, fällt mir wieder ein, wie die Männer seiner Generation, bevor sie Platz nahmen, ihre Hosenbeine knapp oberhalb des Knies kurz hochzogen, um die Bügelfalte zu schonen.
    Wenn Erinnerungen stark und solide wären, bräuchte man keine Fotos. Sie würden von selbst stehenbleiben, ohne Stöcke oder Zeltleinen. Aber die meisten Erinnerungen sind schlaff und formlos, und daher fotografieren wir, was uns erinnerungswürdig scheint. Mit jedem Klick des Fotoapparats versuchen wir, das Bildarchiv unseres Gedächtnisses zu erweitern.
    Wer fotografiert, nimmt vorweg, an was er sich in zehn, zwanzig oder vielleicht fünfzig Jahren erinnern will. Und da fängt das Problem an. Die Person, die man in zwanzig Jahren sein wird, ist einem noch unbekannter als der Mensch, der man vor zwanzig Jahren war. Man fotografiert für einen Fremden, einen Auftraggeber aus der Zukunft, der genauso heißt wie man selbst, dessen Wünsche man aber nicht kennt.
    Vielleicht beruht die Meisterschaft eines Fotografen zum Teil darauf, daß er besser einschätzen kann, an was sich Menschen später erinnern wollen. Ein guter Fotograf ist ein Psychologe, nicht in akademischer Hinsicht, sondern im Sinne eines Menschenkenners. Man nehme nur die Werke von Ed van der Elsken oder Kors van Bennekom, die beide so brillant das Leben ihrer Familien fotografiert haben: es scheint, als hätten sie zehn, zwanzig oder dreißig Jahre vorher schon gewußt, was man jetzt gerne aus dem Gedächtnis zum Vorschein bringen würde.
    Es ist schwierig, den Finger darauf zu legen, was ihre Fotos so außergewöhnlich macht. Aber eine Sache fällt sofort auf. Was auf den Fotos von Durchschnittsfamilien nahezu fehlt, steht bei Van der Elsken und Van Bennekom im Vordergrund: das Alltagsleben. Sie haben ein untrügliches Auge für Details, die normale alltägliche Tätigkeiten und Beschäftigungen hervorrufen, das Getue und die Wursteleien, die beiläufigen Ereignisse, die ja gerade die Intimität des Familienlebens ausmachen.
    Eines der Fotos von Van Bennekom wird Menschen um die
    vierzig etwas aus den fünfziger oder sechziger Jahren in den Niederlanden wieder in Erinnerung rufen. So ein Mädchen ist zeitlos. Aber dieser Schlauch am Wasserhahn. Der Topfkratzer. Die Anrichte aus Granit. Die Küchengerätschaften aus grauer Emaille. Man achte auf das kleine Regal mit den Küchengeräten, den Stampfer links außen. Der kleine Ring, der auf dem Stampferteil hängt, gehört eigentlich nach oben, an den Handgriff. Aber ich habe
    weder bei uns zu Hause noch
    Jasmijnstraat 1959

    bei Freunden, bei denen ich ein und aus ging, jemals einen Stampfer gesehen, wo der kleine Ring nicht unten hing. Als kämen sie so aus der Fabrik.
    Das ist das beiläufige Leben, das ein normaler Mensch vergißt
    festzuhalten. Wenn ich durch die Fotos

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