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Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Titel: Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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es einen Perso-
    nalausweis mit Foto, der nachwies, daß Demjanjuk in Trawniki ein Training für Wachmänner absolviert hatte. Neben den Zeugenerklärungen und dem Personalausweis gab es schließlich das dürftige und sich immer wieder ändernde Alibi Demjanjuks für den Zeitraum, den er in Treblinka gearbeitet haben sollte. 1988 wurde Demjanjuk für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt. Während er in seiner Zelle auf die Berufung wartete, fiel die Berliner Mauer, und aus den Archiven der Sowjetunion tauchten Dokumente auf, die der Sache eine unerwartete Wendung gaben.
    Bei dem Prozeß in Jerusalem trat der Leidener Psychologieprofessor Wagenaar als Sachverständiger auf. Kurz davor hatten fünf Überlebende während der Sitzung gegen Demjanjuk ausgesagt. Ihre eindringlichen und emotionalen Aussagen schienen alle Zweifel über die Identität des Beschuldigten zu beseitigen. Die Bilder sind um die Welt gegangen. Die Kritik, die über Wagenaar hereinbrach, nachdem er sich entschlossen hatte, für die Verteidigung auszusagen, hatte vor allem mit dem Gefühl zu tun, daß es irgendwie unwürdig war, die Aussage alter Menschen in Zweifel zu ziehen, die so offensichtlich all ihren Mut für die Konfrontation mit Demjanjuk/Iwan zusammengerafft hatten. Die Schrecken von Treblinka standen ihnen - bis in ihre Träume - noch so deutlich vor Augen, daß jeder Hinweis auf so etwas wie die >Unzuverläs-sigkeit von Augenzeugen* unangemessen schien. Die Zeugen selbst sprachen von unauslöschlichen Erinnerungen, und das werden sie zweifellos sein: manche Ereignisse werden nicht >behal-ten<, sondern mit Gewalt in das Gedächtnis geritzt.
    1988 veröffentlichte Wagenaar Identifying Iwan. Die Erkenntnisse in diesem Buch und die Entwicklungen, die sich nach seinem Erscheinen im Strafprozeß ergeben haben, machen deutlich, daß man aus der Sache Demjanjuk viel lernen kann - über Erinnern und Wiedererkennen unter den traumatisierenden Umständen eines Vernichtungslagers und die Auswirkungen, die das auf die Vorbereitungen hat, die bei einem Identifizierungsverfahren getroffen werden müssen.
    Treblinka
    Treblinka war ein Vernichtungslager. Zusammen mit Belzec und dem zweihundert Kilometer weiter oben gelegenen Sobibor war Treblinka Teil der >Aktion Reinhard*, der SS-Operation, die auf die Vernichtung aller Juden zielte. Wer nach Treblinka kam, wurde nicht als Zwangsarbeiter beschäftigt wie in Buchenwald oder Dachau, sondern vergast. Für das Lager war eine Abzweigung einer durchgehenden Eisenbahnlinie angelegt worden. Es lag verborgen in einem dicht bewaldeten Gebiet. Die jüdischen Opfer, vertrieben aus Ghettos in polnischen, später auch tschechischen, griechischen und bulgarischen Städten, wurden in vollgestopften Güterwaggons transportiert. Nach der Ernennung Franz Stangls zum Lagerkommandanten hatte die Vorbereitung der Vernichtung die Form eines bizarren Theaterstücks angenommen. Auf seinen Befehl hatte man einen Neppbahnhof gebaut, komplett mit einer großen Bahnhofsuhr und Schildern wie >Restaurant< und >Telegrafen- und Telefonbüro<. Auf dem Bahnsteig hingen Schilder mit den Abfahrts- und Ankunftszeiten der Züge aus Wien und Berlin. Wenn sie aus dem Zug geprügelt worden waren, bekamen die Neuankömmlinge - etwa zwei- bis dreitausend bei jeder Fuhre - zu hören, daß sie nun in einem Durchgangslager angekommen seien und sich auf den weiteren Transport vorbereiten müßten. Als erstes gingen sie jetzt in ein Badehaus, ihre Kleidung würde in der Zwischenzeit desinfiziert. Wertgegenstände sollten sie abgeben: die würden im Lagertresor aufbewahrt, und sie bekämen sie nach ihrem Besuch der Badeanstalt zurück. Die Männer wurden von den Frauen und Kindern getrennt. Letztere wurden zu einer Baracke getrieben, wo sie sich ausziehen mußten. Frauen wurden kahlgeschoren. (Die Haare, die in Konzentrations- und Vernichtungslagern gesammelt wurden, verarbeitete man zu industriellem Filz; davon machte man unter anderem Slipper für U-Bootmannschaften.) Wer zu schwach, zu alt oder zu krank war, um selbst zu laufen, mußte in ein >Lazarett<, über dem eine Fahne des Roten Kreuzes flatterte. Waren sie erst einmal innerhalb der mit Tannenzweigen getarnten Stacheldrahteinzäunung, wurden alle entlang einer Grube aufgestellt und mit einem Pistolenschuß getötet. Der Rest der Gruppe lief in einer langen nackten Kolonne am Schild >Zur Badeanstalt« vorbei, über einen Weg, den man >Himmelfahrtstraße< nannte. Nachdem die Türen

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