Warum es die Welt nicht gibt
S. 9.
12 Friedrich Nietzsche, Nachgelassene Fragmente 1885–1887 , in: Kritische Studienausgabe , Bd. 12, 7[60], S. 315.
13 Natürlich ist es richtig, dass wir nicht immer zugleich etwas erkennen und die Registraturen mit erkennen, mittels derer wir es erkennen. Wenn ich erkenne, dass die Passagiere in den Zug einsteigen, sehe ich dabei Passagiere und nicht mein Auge oder mein Gehirn oder meine Gedanken. Ich kann aber auch in einen Spiegel schauen und meine Augen betrachten, um Informationen über meine Registratur einzuholen. Es ist eine nur sehr schwierig zu beantwortende Frage, ob es eine Registratur gibt, die zugleich sich selbst und etwas anderes erkennt. Vielleicht hat unser Denken, unsere Vernunft, diese Fähigkeit. Doch dies soll uns an dieser Stelle nicht weiter aufhalten. Wer sich für dieses nicht ganz einfache Thema interessiert, sei verwiesen auf mein Buch Die Erkenntnis der Welt. Eine Einführung in die Erkenntnistheorie , Freiburg/München 2012. Dort und in anderen Büchern habe ich versucht zu zeigen, dass es keine Registratur geben kann, die zugleich etwas anderes und sich selbst erkennt.
14 Martin Heidegger, »Aletheia (Heraklit Fragment 16)«, in: Ders., Vorträge und Aufsätze , Stuttgart 2004, S. 270.
15 Stephen Hawking / Leonard Mlodinow, Der große Entwurf. Eine neue Erklärung des Universums , übersetzt von Hainer Kober, Hamburg 2010, S. 11.
16 Jürgen Habermas, Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze , Frankfurt/Main 1999, S. 24, 37, 46 f.
17 Ebenda, S. 73.
18 Ebenda, S. 24.
19 Ebenda, S. 13 u. ö.
20 Timothy Williamson, »Past the Linguistic Turn«, in: Brian Leiter (Hrsg.), The Future for Philosophy , Oxford 2004, S. 106–128.
21 Wer sich über den neuesten Stand der Diskussion des delikaten Zusammenhangs von Philosophie und Wissenschaft informieren möchte, sollte das Werk des großen amerikanischen Philosophen Hilary Putnam studieren. Einen besonders beeindruckenden und relativ gut nachvollziehbaren Überblick liefert sein neuestes Buch Philosophy in an Age of Science. Physics, Mathematics, and Skepticism. Cambridge, MA ./London 2012.
II. Was ist Existenz?
Wir haben schon gesehen, dass es ganz verschiedene Dinge und Gegenstandsbereiche gibt: Erdmännchen, Kommunalwahlen, das Universum und Wohnzimmer. Außerdem haben wir bereits erkannt, was Dinge, Gegenstandsbereiche und Tatsachen sind. In diesem Kapitel werden wir uns den Sinnfeldern widmen. Ich werde dafür argumentieren, dass die S innfelder die ontologischen Grundeinheiten sind – sie sind die Orte, an denen überhaupt etwas erscheint. Meine Antwort auf die Frage, was Existenz ist, lautet vorweggenommen: Existenz ist der Umstand, dass etwas in einem Sinnfeld erscheint.
Diesem Gedanken kann man sich wiederum leicht anschaulich nähern. Denken wir einfach an ein Nashorn auf einer Wiese. Dieses Nashorn existiert. Es steht schließlich auf der Wiese. Der Umstand, dass es auf der Wiese steht, dass es zum Sinnfeld der Wiese gehört, ist seine Existenz. Existenz ist also nicht bloß nur das allgemeine Vorkommen in der Welt, sondern das Vorkommen in einem ihrer Bereiche. In diesem Kapitel werden Sie erfahren, warum diese Bereiche Sinnfelder sind und was dies bedeutet.
Kommen wir noch einmal auf die O ntologie zurück. Ich verstehe unter diesem Ausdruck die systematische Beantwortung der Frage, was Existenz ist und was der Ausdruck »Existenz« bedeutet. Davon unterscheide ich die Metaphysik. Unter M etaphysik verstehe ich die systematische Beantwortung der Frage, was die Welt ist und was der Ausdruck »Welt« bedeutet. Die Metaphysik setzt die Existenz der Welt voraus.
Beginnen wir also mit unserer Ontologie. Wenn ich sage, dass die Beantwortung »systematisch« sein muss, meine ich damit nur, dass wir Überlegungen anstellen, bei der die Sätze und Gedankengänge, die wir aufstellen und begründen, miteinander zusammenhängen und ein einziges Gedankengebäude, eine Theorie, ausmachen. Im Unterschied zu anderen Wissenschaften besteht das Material der Ontologie dabei aus Begriffen, die wir analysieren. Ob die Analyse erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Insbesondere muss die Ontologie in Kontakt mit unserer Erfahrungswirklichkeit bleiben. Wenn wir auf eine Behauptung stoßen, die mit keiner unserer Erfahrungen in Einklang zu bringen ist, müssen wir einen Fehler begangen haben, da wir ja erklären wollen, was es heißt, dass etwas existiert. Wenn unsere Erklärung plötzlich ausschließt, dass etwas
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