Warum es die Welt nicht gibt
materielle Substanz ( substantia extensa ). Dualisten glauben, dass der menschliche Geist von ganz anderer Art ist als der menschliche Körper. Dabei vertreten einige die Auffassung, dass die denkende Substanz sogar unabhängig von der materiellen existieren kann, während andere annehmen, dass es keine denkende unsterbliche Seele gibt, sondern nur Substanzen verschiedener Art, die aber miteinander zusammenhängen.
3. P luralismus (Leibniz): Es gibt viele Substanzen. Dabei ist der Pluralismus seit Leibniz genau genommen sogar auf die These verpflichtet, dass es unendlich viele Substanzen gibt. Leibniz nannte diese Substanzen »Monaden«. Eine Monade ist ein von allen anderen Substanzen völlig unabhängiger, maximal selbständiger Gegenstand mit einer bestimmten, begrenzten Anzahl von Eigenschaften.
Meine eigene Position ist eine Form des Pluralismus, und ich bin überzeugt, dass sowohl der Monismus als auch der Dualismus nachweislich falsch sind. Der Monismus wird durch den Beweis widerlegt, dass es die Welt nicht gibt, was spätestens nach dem nächsten Kapitel einleuchten sollte. Der Dualismus ist viel leichter zu widerlegen, da er schon oberflächlich betrachtet absurd ist. Wenn man zwei Substanzen annimmt, woher weiß man dann, dass es nicht mehr als zwei gibt? Warum zwei und nicht zweiundzwanzig?
Die Frage, wie viele Substanzen es eigentlich gibt, ist aufregender, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Schauen wir etwas genauer hin! Es gibt einzelne Gegenstände wie Handtaschen und Krokodile. Dabei bestehen diese Gegenstände wiederum aus anderen Gegenständen – Handtaschen zum Beispiel gelegentlich aus Krokodilleder und Krokodile (seltener) sogar teilweise aus Handtaschen (wenn sie etwa gerade eine Dame mit Handtasche gegessen haben). Viele einzelne Gegenstände bestehen aus anderen einzelnen Gegenständen. Es gibt sogar einen eigenen Teilbereich der Logik, der sich mit den formalen Beziehungen von Teilen und Ganzen beschäftigt: die M ereologie (von griechisch »to meros« = »Teil«).
Handtaschen und Krokodile unterscheiden sich dadurch, dass sie nur sehr selten denselben Raum einnehmen. Dadurch sind sie getrennt, es handelt sich um verschiedene einzelne Gegenstände. Dies gilt auch für meine linke und meine rechte Hand. Dennoch gehören meine linke Hand und meine rechte Hand zusammen, sie sind Teile meines Körpers. Wir haben also den Fall von zwei einzelnen Gegenständen, die räumlich geschieden sind (Handtasche und Krokodil), und den Fall von zwei ebenfalls räumlich geschiedenen einzelnen Gegenständen, die aber durch ein Ganzes zusammenhängen, dessen Teile sie sind (linke und rechte Hand). Es gibt auch noch einen dritten Fall. Denken wir dazu an ein schnurloses Telefon. Wenn wir ein schnurloses Telefon kaufen, erwerben wir eine Station und einen von der Station abtrennbaren Teil, den Hörer. In diesem Fall haben wir zwei einzelne Gegenstände (Station und Hörer), die einen einzelnen Gegenstand (schnurloses Telefon) ausmachen, ohne überhaupt noch räumlich zusammenzuhängen. Dies gilt auch für die USA : Alaska oder Hawaii sind nicht räumlich mit den anderen Bundesstaaten verbunden. Gleiches gilt natürlich auch für Helgoland und Bayern: Beide gehören zu Deutschland, sind aber nicht räumlich miteinander verbunden, wobei in diesem Fall Bayern räumlich enger mit dem Rest von Deutschland verbunden ist als Helgoland. Nun sind Hawaii und Helgoland Gegenstände mit vollem Eigenrecht. Man kann sie unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit betrachten, was bei meiner linken Hand nur bedingt der Fall ist, da sie als linke Hand nun einmal zu einem Ganzen, meinem Körper gehört. Auch der mereologische Zusammenhang von Station und Hörer ist enger als der von Hawaii und Helgoland.
Station und Hörer bilden eine mereologische S umme , die einen ganzen anderen einzelnen Gegenstand ausmacht, das schnurlose Telefon. Deswegen ist die folgende mereologische Gleichung wahr: Station + Hörer = schnurloses Telefon. Dies gilt nicht, wenn ich den Hörer in meine linke Hand nehme. Die mereologische Summe »linke Hand + Hörer« bildet dagegen keinen echten einzelnen Gegenstand, etwa einen »Linkehandhörer«. Es gibt einfach keine Linkehandhörer, schnurlose Telefone dagegen sehr wohl.
Nicht alle Gegenstände, die wir irgendwie miteinander verbinden, bilden also einen neuen, komplexeren Gegenstand. Deswegen stellt sich die Frage, in welchen Fällen wir zu Recht und mit objektiven Gründen komplexe
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