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Warum es die Welt nicht gibt

Warum es die Welt nicht gibt

Titel: Warum es die Welt nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Gabriel
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kühlendes Wasser trinken könnte. Der Gedanke an Schnee und Schnee gehören schlicht zwei verschiedenen Gegenstandsbereichen an. Descartes meinte nun, es genüge, die Welt in diese beiden Bereiche einzuteilen, worin er sich aber täuschte.
    Der Monismus ist falsch, und der Dualismus ist unbegründet. Deswegen bleibt durch ein einfaches Ausschlussverfahren nur noch der Pluralismus übrig, den wir allerdings radikal modernisieren müssen, da er seit seiner Einführung im Barock (durch Leibniz) nicht mehr wirklich überarbeitet wurde.
Absolute und relative Unterschiede
    Kommen wir auf die oben gestellte Frage zurück: Unterscheiden sich alle Gegenstände von allen anderen Gegenständen? Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein. Jeder Gegenstand scheint mit sich selbst identisch und von allen anderen Gegenständen unterschieden zu sein. Meine linke Hand ist ja meine linke Hand (wenig informativ, aber wahr), und sie ist nicht meine rechte Hand (auch nicht viel informativer, aber immer noch wahr).
    Doch dieser Gedankengang ist voller Fehler und Falltüren, die man wiederum leicht übersieht. Stellen wir uns vor, wir wissen, dass es irgendeinen Gegenstand G gibt. Mehr wissen wir zunächst nicht. Nun fragen wir jemanden, der G kennt, ob G ein Bildschirm ist, was der Kenner daraufhin verneint. »Ist G ein Nashorn?« – »Nein.« – »Ist G eine rote Büchse?« – »Nein.« – »Ist G ein materieller Gegenstand?« – »Nein.« – »Ist G ein immaterieller Gegenstand?« – »Nein.« – »Ist G eine Zahl?« – »Nein.« Dies wäre wie in dem Spiel »Wer bin ich?«, in dem wir uns gegenseitig einen Begriff oder den Namen einer berühmten Persönlichkeit auf die Stirn kleben und erraten, wer oder was man selbst ist.
    Nehmen wir an, wir hätten sehr viel Zeit und würden alle anderen Gegenstände außer G auflisten und vom Kenner immer nur erfahren, dass G nicht mit diesen identisch ist. In diesem Fall wäre G genau dadurch mit sich selbst identisch, dass er sich von allen anderen Gegenständen unterscheidet. Doch damit hätte G überhaupt keinen Kern mehr. G wäre nur negativ dadurch bestimmt, dass G alles andere nicht ist. Wir wüssten damit nichts Positives über G. Wir müssen etwas anderes über G wissen, als dass G nicht identisch mit irgendeinem anderen Gegenstand ist, wenn wir wissen wollen, was G ist. Folglich kann die Identität von G nicht identisch mit dem Unterschied zwischen G und allen anderen Gegenständen sein. Noch einmal ganz einfach ausgedrückt: G muss irgendeine eigene Eigenschaft haben, die mehr beinhaltet als seinen Unterschied von allen anderen Gegenständen. Die Eigenschaft, dass ein Gegenstand er selbst ist, ist erschreckend uninteressant und bringt uns hier nicht weiter.
    Nehmen wir nun an, wir kennten keinen einzigen Gegenstand (außer dem Kenner selbst) und fragten den Kenner über jeden einzelnen Gegenstand, was er ist, und erführen immer nur, dass er alle anderen Gegenstände (die wir noch nicht kennen) nicht ist. Auf diese Weise könnten wir niemals die geringste positive Information über irgendeinen Gegenstand erhalten.
    Dennoch ist es zutreffend, dass wir die Identität eines Gegenstandes unter anderem daran festmachen, dass er sich von einigen anderen Gegenständen unterscheidet. Doch handelt es sich bei diesem Unterschied niemals um einen absoluten Unterschied. Ein absoluter U nterschied wäre ein Unterschied zwischen einem Gegenstand und allen anderen Gegenständen. Ein absoluter Unterschied ist uninformativ, denn er sagt nur, dass ein Gegenstand mit keinem anderen, sondern nur mit sich selbst identisch ist, was keinen Informationsgehalt hat. Was die Gegenstände voneinander unterscheidet, ist ein informatives Kriterium. Zu wissen, was einen Gegenstand von anderen unterscheidet, besteht darin, dass wir Informationen über einen Gegenstand haben. Ein uninformativer Unterschied ist deshalb kein Unterschied. Deswegen müssen wir zwischen einem absoluten U nterschied (der sinnlos und uninformativ ist) und einem Relativen Unterschied unterscheiden. Ein relativer U nterschied ist ein Unterschied zwischen einem Gegenstand und einigen anderen Gegenständen.
    Ein relativer Unterschied besteht in einer Kontrastinformation, wobei Kontraste wiederum in ganz verschiedenen Schattierungen vorkommen. Coca-Cola kontrastiert mit Pepsi, mit Bier, mit Wein, mit Wassereis und vielem anderem. Coca-Cola kontrastiert aber nicht mit Nashörnern. Deswegen sagt auch niemand zu einem Kellner:

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