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Warum es die Welt nicht gibt

Warum es die Welt nicht gibt

Titel: Warum es die Welt nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Gabriel
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»Bringen Sie mir bitte noch eine Coca-Cola oder ein Nashorn, sollten Sie keine Coca-Cola haben!« Der Grund dafür, dass wir uns niemals Gedanken darüber machen, ob wir jetzt lieber eine Cola oder ein Nashorn hätten, liegt schlicht und einfach darin, dass Cola nicht mit Nashörnern kontrastiert.
    An dieser Stelle wollen wir einen kleinen Taschenspielertrick ausprobieren, um den Unterschied zwischen relativen und absoluten Unterschieden deutlich zu machen. Ist es nicht so, dass das Nashorn mit dem Rest der Welt kontrastiert? Wenn wir unsere Aufmerksamkeit dem Nashorn zuwenden, heben wir es dann nicht vom Rest der Welt ab? Dies ist aus verschiedenen Gründen nicht der Fall: Wenn wir unsere Aufmerksamkeit dem Nashorn zuwenden, dann verorten wir es bereits in einer Umgebung, beispielsweise im Zoo oder in einem Fernsehbeitrag. Man kann nicht einfach so auf ein Nashorn, unabhängig von einer Umgebung, aufmerksam sein. Dies hat der französische Philosoph Jacques Derrida mit seinem von vielen missverstandenen (und wohl auch absichtlich missverständlich formulierten) Slogan zum Ausdruck gebracht: »Es gibt kein Außerhalb des Textes.« 23 Oder weniger postmodern: Nashörner kommen immer in irgendeiner Umgebung vor. Natürlich wollte Derrida nicht sagen, dass Nashörner in Wahrheit Texte sind, sondern nur, dass es weder Nashörner noch sonst irgendetwas außerhalb von Kontexten gibt.
    Aber kann man dann nicht einfach das Nashorn in seiner Umgebung vom Rest der Welt unterscheiden? Auch dies führt nicht weiter, weil man damit wiederum eine Umgebung für die Umgebung benötigt. Denn auch Umgebungen kommen nur in Umgebungen vor. Ein absoluter Unterschied führt immer einen zu großen Kontrast mit sich. Ein zu großer Kontrast führt dazu, dass wir nichts mehr erkennen können.
    Dies ist nicht nur eine Tatsache über die Grenzen der menschlichen Erkenntnis. Vielmehr gilt dies für die Informationen selbst, die wir einholen. Die Welt selbst stellt Informationen zur Verfügung, etwa die Information, dass es nur einen einzigen Erdmond gibt. Diese Information kommt nicht dadurch in die Welt, dass Menschen Himmelskörper voneinander unterscheiden. Der Unterschied von Sonne, Erde und Mond ist keine menschliche Machenschaft, sondern eine Bedingung dafür, dass es auf unserem Planeten überhaupt erkennende Wesen und intelligentes Leben gibt.
    Es gibt also keinen absoluten Unterschied. Einiges ist von einigem anderen unterschieden. Es ist aber nicht der Fall, dass alles von allem anderen unterschieden ist. Einiges ist sogar mit einigem anderen identisch, was ein bekanntes philosophisches Rätsel aufwirft: Denn wie sollen eigentlich zwei verschiedene Gegenstände oder Tatsachen miteinander identisch sein? Irgendwie muss dies möglich sein, denn der Rhein ist doch etwa mit dem Rhein identisch, obwohl er sich dauernd verändert. Die Materie, aus welcher der Rhein heute besteht, wird regelmäßig ausgewechselt, und nicht einmal das Flussbett bleibt über die Jahre und Jahrhunderte identisch. Halten wir an dieser Stelle erst einmal fest: Gegenstände sind immer von einigen anderen Gegenständen unterschieden. Es gibt Kontrastklassen, die aber immer nur relativ, niemals absolut sind. Wir täuschen uns manchmal in der Bestimmung der relevanten Kontrastklassen, woraus aber nicht folgt, dass es überhaupt keine Kontrastklassen gibt. Ganz im Gegenteil täuschen wir uns genau deswegen manchmal in der Bestimmung der relevanten Kontrastklassen, weil es wirklich Kontrastklassen gibt, über die wir uns täuschen.
Sinnfelder
    Meine eigene Antwort auf die Frage, was Existenz ist, läuft darauf hinaus, dass es die Welt nicht gibt, sondern nur unendlich viele Welten, die sich teilweise überlappen, teilweise aber in jeder Hinsicht unabhängig voneinander sind. Wir wissen schon, dass die Welt der Bereich aller Bereiche ist und dass Existenz etwas damit zu tun hat, dass etwas in der Welt vorkommt. Dies bedeutet dann aber, dass etwas nur in der Welt vorkommt, wenn es in einem Bereich vorkommt. Daraus schließe ich, dass wir die Gleichung
    Existenz = das Vorkommen in der Welt
    etwas verbessern müssen, wenn sie auch schon in die richtige Richtung weist. Hier ist meine eigene Gleichung:
    Existenz = Erscheinung in einem Sinnfeld
    Diese Gleichung ist der Grundsatz der Sinnfeldontologie. Die S innfeldontologie behauptet, dass es nur dann etwas und nicht nichts gibt, wenn es ein Sinnfeld gibt, in dem es erscheint. E rscheinung ist ein allgemeiner Name für

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