Warum es die Welt nicht gibt
eines angeblichen »wissenschaftlichen Weltbildes«. In der Muppet Show gibt es ein Programm, das sich Schweine im Weltall nennt. Der Titel sagt schon alles. Denn es geht vor allem darum, den Kindern beizubringen, dass wir Menschen gerade nicht einfach nur Schweine im Weltall sind. Wir sind nicht einfach nur fressende, verdauende und rechnende Tiere, die sich in den unendlichen stupiden Weiten einer sinnlosen Galaxie verlieren, sondern Menschen, und das heißt vor allem: Wesen, die wissen, dass sie existieren und dass sie in einer Welt vorkommen. In einer Folge von Schweine im Weltall taumelt das Raumschiff »Schweinedreck« hoffnungslos und verloren durch den Weltraum. In der ersten Einstellung sehen wir, wie der Kapitän versucht, eine Karte der unendlichen Weiten zu zeichnen – die umgekippte 8 gerät ihm jedoch bloß zu einem Entchen. Unterdessen schreit Miss Piggy entsetzt auf: »Oh nein, nein, nein. Wir sind verloren in der endlosen Weite des Raumes. Warum geben wir es nicht zu!« Woraufhin sie einen existentiellen Zusammenbruch erleidet. Der Kapitän erwidert nur: »Ich war schon einmal in einer ähnlichen ausweglosen Situation und habe doch rausgefunden.« Plötzlich stellen die Schweine fest, dass sie ein »Feld mit tödlichen Naschwellen« durchqueren, weswegen der Bleistift des Kapitäns nach Pflaumen schmeckt. Die Wellen »verwandeln alles an Bord in etwas Essbares«. Die Schweine bewegen sich in ein Sinnfeld, in dem alles essbar ist, ihr Raumschiff wird zu einem Ort, in dem es nur noch ums Fressen geht.
Das sogenannte wissenschaftliche Weltbild nimmt tatsächlich an, dass Menschen so eine Art Schweine im Weltall sind. Es verwechselt Existenz mit dem Bereich des sinnlich Zugänglichen und projiziert die menschlichen Sinnbedürfnisse auf die Weiten der Galaxien. Kein Wunder, dass alles bedeutungslos und sinnentleert erscheint, wenn man den Menschen als ein Schwein im Weltall ansieht (auch wenn wir uns, zugegeben, manchmal wie Schweine im Weltall aufführen)!
Wenn wir uns mit Weltbildern, der Wirklichkeit im Ganzen oder der Realität befassen, gehen wir normalerweise sehr weit auf Distanz zu unseren alltäglichen Erfahrungen. Deswegen übersehen wir allzu leicht, was Heidegger als »überspringen« bezeichnet hat. 31 Wir blicken sozusagen von außen auf die Wirklichkeit und fragen uns, wie sie beschaffen ist. Aus dieser merkwürdigen Distanz erscheint es vielen so, als ob die Welt irgendwie da draußen wäre, als ob wir in einer Art Zimmer oder Kino sitzen und uns die Wirklichkeit anschauen. Daher kommt dann der Begriff der »Außenwelt«. Aber wir sind natürlich mittendrin, nur dass wir oft keine Ahnung haben, wo wir drin sind, was das Ganze soll oder in welchem Film wir gelandet sind.
Doch indem wir uns so weit von unserem wirklichen Leben entfernen, haben wir schon viele theoretische Vorentscheidungen getroffen. Eigentlich muss man sagen, dass wir diese Entscheidungen meistens gar nicht selbst bewusst treffen, sondern dass sie für uns schon getroffen worden sind. Denn Weltbilder werden durch Medien, durch Erziehungssysteme und Institutionen aller Art verbreitet. Wir werden ständig mit manipulierten (weil unzulässig aufbereiteten, hübsch eingefärbten) Bildern des Hubble-Teleskops und mit Modellen der neuesten Elementarteilchen beschossen, die uns den endgültigen Einblick ins Universum ermöglichen sollen. Während früher Prediger aller Art ihre Botschaften verbreiteten, werden heute Wissenschaftler und Experten befragt, die uns mitteilen, dass es im Grunde nur Gottesteilchen und Higgsfelder gibt, und dass wir Menschen eigentlich nur Schweine im Weltall sind, die grundsätzlich nur an Fortpflanzung und Futter interessiert sind. Auf solche Gedanken kommt man nur, wenn man den Eindruck hat, dass die Art und Weise, wie wir unser Leben erfahren, die Art und Weise, wie uns die Welt jeweils vorkommt, letztlich eine Illusion ist. Die Welt soll dasjenige sein, was man sieht, wenn man den »Blick von Nirgendwo« einnimmt, wie dies der amerikanische Philosoph Thomas Nagel genannt hat. 32 Wohlgemerkt hat Nagel gezeigt, dass wir den Blick von Nirgendwo nicht erreichen können, dass er lediglich ein verwirrendes Ideal darstellt, das wir anstreben, um unsere persönlichen Interessen bei der Frage nach der Wahrheit möglichst auszublenden.
Erinnern Sie sich daran, wie Ihnen die Welt als Achtjähriger erschien? An Ihre Hoffnungen, Wünsche, Ängste, daran, wie Sie sich Ihr Leben in zehn oder mehr Jahren
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