Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)
einfach, weit mehr Obst und Gemüse zu essen als früher. Außerdem probierte sie zum ersten Mal ein einfaches Rezept für Fisch (siehe Seite 146: »Snapper mit Mandeln«). Als unerfahrene Köchin hatte Camille sich nie an Fisch herangetraut – und nun genoss sie zu Hause ein Essen, das selbst nach den meisten Restaurant-Standards geradezu luxuriös war. Außerdem walkte sie jeden Tag 20 Minuten, nach Feierabend, denn sie war kein Morgenmensch. Normalerweise hätte sie mit der U-Bahn einmal umsteigen müssen, aber nun ging sie vom Umsteigebahnhof aus zu Fuß nach Hause.
Nach drei Monaten hatte sie fast fünf Kilo abgenommen. Bei ihrer Größe machte das einen wirklichen Unterschied. Und da ihr die Änderungen, die sie vorgenommen hatte, gefielen, bestand auch nicht die Gefahr, dass sie gleich wieder zunahm. Tatsächlich probierte sie herum, wie sie auch die restlichen überflüssigen Pfunde so schmerzlos verlieren konnte. Mir fiel auf, dass sie neue Kleider kaufte, ihr Selbstbewusstsein wuchs und sie glücklicher aussah denn je. Andere bemerkten es ebenfalls.
Caroline
Bei einem Seminar für Frauen in Führungspositionen lernte ich Caroline kennen, die eine Generation älter war. Fast ihr ganzes Leben über hatte sie nicht richtig gefrühstückt, sondern nur einen stark gezuckerten Kaffee getrunken und dazu ein oder zwei Zigaretten geraucht. Auch das kam mir vor wie eine Angewohnheit aus alten Universitätszeiten, obwohl die bei Caroline weit zurücklagen. Nun, da sie es nach etlichen gescheiterten Versuchen endlich geschafft hatte, das Rauchen aufzugeben, gab es morgens erst recht nichts. Im letzten Jahr hatte sie fast fünf Kilo zugelegt und schien sich damit abfinden zu wollen, sosehr es ihr gegen den Strich ging – als wäre es der unvermeidliche Preis dafür, dass sie nicht mehr rauchte. Ihr Nichtraucherfrühstück sah kaum besser aus als früher: ein Glas Orangensaft aus der Packung (eine Dosis purer Zucker), zwei Tassen Kaffee mit je zwei oder mehr Löffeln Zucker (eher Zucker mit Kaffee) und zwei Kekse (noch mehr Zucker). Nicht nur zu süß, sondern auch langweilig. Außerdem ließ ihr Essenstagebuch auf eine Vorliebe für Speisen mit schweren Soßen schließen, was angesichts des milden Wetters seltsam war.
Im Übrigen waren Carolines Essgewohnheiten nicht so schlecht, auch wenn sie unter dem weit verbreiteten Problem litt, nicht genug frisches Gemüse, Obst und Wasser zu sich zu nehmen. Ihr Haupt-»Übeltäter« war der Zucker, in allen möglichen, mitunter versteckten Formen. Sie ließ keinen Nachtisch aus, eine Schwäche, die ich gut nachvollziehen kann. Weniger typisch für sie war ihre Vorliebe für Käse. Da sie und ihr Mann weit gereist waren, hatte sie einen ausgeprägten Sinn für Qualität entwickelt, und zu ihren Lieblingssorten gehörten Käse, die für den Normalgaumenfast zu intensiv waren. (»Übeltäter« sind eine sehr individuelle Sache.) Aber trotz allen Sinns für Qualität hatte sie kein Gefühl für die richtigen Portionen entwickelt. Hier wurde die kleine Waage wieder wichtig: 100 Gramm sind weit besser als ein halbes Pfund.
Ihr Frühstück umzustellen, war nicht einfach. Einige von uns können den Tag nicht ohne Kaffee beginnen und Kaffee nicht ohne Zucker trinken. Das liegt allerdings oft am schlechten Kaffee, löslichen, gefriergetrockneten Sorten. Frisch gemahlener Kaffee trinkt sich besser ohne Zucker, wenn man sich auch erst eine Weile daran gewöhnen muss. Mit einer preiswerten kleinen Mühle dauert die Zubereitung einer großen, luxuriös aromatischen Tasse gerade mal eine halbe Minute länger; und in der dritten Woche war Caroline mit dem Zucker bereits auf einen halben Teelöffel herunter. Nach und nach verzichtete sie auch auf den Orangensaft, trank nach drei Wochen nur noch ein Drittel der ursprünglichen Menge und ersetzte ihn dann durch frisches Obst später am Tag. Die Kekse wichen einer Scheibe Mehrkornbrot mit etwas Butter. (Wer sich zum Frühstück keine Butter vorstellen kann, versteht nicht, wie einem bereits eine winzige Menge davon als Luxus vorkommen kann.) Und um das Ganze anzureichern, damit es bis zum Mittagessen vorhielt, gab es noch Joghurt, den wir zunächst mit einer Winzigkeit Akazienhonig verfeinerten, aber schon bald gar nicht mehr süßten. Damit war für sie das Frühstück kein zuckerbetriebener Blitzstart in den Tag mehr, sondern wurde zu etwas, womit sie sich verwöhnte und gute Laune verschaffte.
Die Desserts in Restaurants waren eine
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