Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)
Reservierung für vor 20 Uhr an, und die meisten Franzosen kommen nicht vor 21 Uhr. (Was nicht
so
spät ist: In Spanien und Südamerika essen die Leute oft erst um 23 Uhr.) Nachdem ich den Tag morgens um sieben begonnen habe, brauche ich psychologisch und auch körperlich immer schon etwas vor dem Abendessen. Es hat mich einiges an Übung gekostet, mich mit einem Glas Champagner oder Wasser zu bescheiden, bis das Essen auf dem Tisch steht. Lange Zeit habe ich, zumindest in Restaurants, immer gleich ein oder zwei Scheiben Brot gegessen. Erst lange nach den Tagen mit Dr. Wunder habe ich das Brot vor dem Essen als Problem erkannt; das habe ich ja bereits weiter oben angemerkt. Solch einen »Übeltäter«, der immer irgendwann auftauchen kann, zu erkennen, ist eine wichtige Sache; jedenfalls fiel es mir nicht allzu schwer, mich mit dem Brot zu beschränken, und blieb nicht ohne Resultat. Wenn Sie, sagen wir, 12 bis 15 unnötige Scheiben Brot in der Woche weniger essen, bleibt Ihnen mehr Raum für bewussteres Genießen.
KAPITEL 10
Sich bewegen wie eine Französin
Die große Schriftstellerin Colette war die erste Französin, die im modernen Sinn regelmäßig Workout betrieb, also ihren Körper trainierte. Jeden Morgen nach dem Aufstehen besuchte sie ihr »Fitness-Studio«, eine Sammlung einfacher Übungsgeräte, die sie sogar auf Reisen mitnahm. Dennoch klingt die Idee für die meisten französischen Frauen wenig verlockend. Denn von so grundlegender Bedeutung auch die körperliche Ertüchtigung für Montaignes Ideal des gesunden Geistes in einem gesunden Körper ist, so wenig französisch ist es, sich in einen speziellen Dress zu zwingen, um sich dann schwitzend zu verausgaben. Was für eine mühselige Angelegenheit, zwei Stunden aus dem kostbaren Tag herauszuschneiden – die Fahrt ins Studio, das Umziehen, das Anlernen an den Maschinen, das Warten darauf, dass sie frei werden, dann das Duschen, Haaretrocknen und, und, und… »Und dafür zahlst du dann auch noch«, kichert meine Freundin Sylvie. Wenn Sie also in einem guten französischen Hotel die modernsten Fitness-Maschinen finden, dann ist das nichts als ein grummelndes Zugeständnis an Touristen und Geschäftsleute. Eine französische Frau auf dem Laufband oder beim Joggen im Jardin du Luxembourg oder den Tuilerien zu sehen, ist und bleibt wohl eher eine Ausnahme.
Eine Ausnahme, aber auch eine charmante Ausnahme, denn was französische Frauen tun, das tun sie aus eigenem Antrieb. Wir sind alle, das müssen Sie wissen, im Herzen
individualistes invétérées
– dickköpfige Individualistinnen –,und solange wir unsere eigenen Dinge machen können, ist es in Ordnung. Natürlich treiben auch einige Französinnen – wenn auch nicht viele – gern Sport: Tennis und Schwimmen sind ausgezeichnet für Sie.
Bon
. Und wenn Sie gern durch den Park rennen, sagen wir: »
Amuse-toi bien
– viel Spaß.« Was uns gegen den Strich geht, ist Workout als verordneter Zwang.
No pain, no gain
– ohne Schmerz kein Gewinn, das ist eine Devise, die uns nicht gefällt.
Zu viel Training und Sport, wie es manche Amerikanerinnen betreiben, kann zudem Ihren Zielen von Gewichtsverlust entgegenwirken. Übertriebener Workout ist nicht nur kaum gesünder als seine mildere Variante, er kann auch zu Defätismus führen (»Ich geb’s auf!«) oder zu
mehr
Essen. Ich selbst kenne viele Frauen, die zum Training gehen und dann mit übergroßem Appetit dasitzen, um ihre Batterien wieder aufzuladen. Sie werden zu Ratten im Laufrad. Die ganze Sache ist ein klarer Komplott gegen sich selbst: Sehen Sie sich nur all die »Übeltäter«-Drinks und -Speisen an, die auf diese arglosen Frauen nach zwei Stunden schweißtreibenden Trainings in der Bar oder dem Café des Studios warten: gezuckerte Fruchtsäfte, Riesen-Muffins und proteinstrotzende Fitness-Riegel. Da haben Sie leicht die ganze Anstrengung wieder »wettgemacht«, noch bevor Sie durch die Tür nach draußen treten! Französinnen wissen, dass alle Lebensweisen, die sich nicht auf längere Sicht durchhalten lassen, von Beginn an zum Scheitern verurteilt sind, genau wie sie wissen, dass Langeweile und nicht das Essen als solches der Feind ist.
Französinnen bevorzugen die sanftere Form. Statt sich kurzzeitig zu verausgaben, bewegen sie sich lieber den ganzen Tag über. Wie Sie sich denken können, verlangt unsere Einstellung, getreu dem cartesianischen Prinzip, dasswir unseren Kopf und unseren Körper gleichzeitig benutzen. Unbedachtes
Weitere Kostenlose Bücher