Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)
sie.
Dass wir für beide Jungen einen Krippenplatz bekommen, wirkt sich positiv auf unsere Beziehung aus. (Sogar meine Mutter ist froh, das zu hören.) Zwillinge sind in Frankreich immer noch so selten, dass unsere Bewerbung bevorzugt behandelt wurde. Das Krippen - Komitee hatte solches Mitleid mit uns, dass es die Jungen einer winzigen crêche zugewiesen hat, die nur zwei Häuserblocks von unserer neuen Wohnung entfernt liegt.
Die crêche lässt hoffen. Aber bis wir die Jungen in ein paar Monaten dort hinbringen können, müssen wir trotzdem als Familie überleben – und was vielleicht noch schwieriger ist, auch als Paar. (Wir haben beschlossen, die beiden Jungs zu Hause zu behalten, bis sie ein Jahr alt sind.)
Es sieht jedoch nicht immer danach aus, dass Simon und ich noch so lange durchhalten. Es scheint kein Zufall zu sein, dass die Ehezufriedenheit stark gesunken ist 45 , seit concerted cultivation sich zum führenden Erziehungsstil amerikanischer Mittelklasse-Eltern entwickelt hat. Forschungsergebnisse zeigen, dass amerikanische Mütter es angenehmer finden, Hausarbeit zu machen, als sich um die Kinder zu kümmern. 46 Amerikanische Soziologen gehen davon aus, dass Eltern heute unglücklicher sind als Nichteltern. Studien zeigen, dass Eltern höhere Depressionsraten aufweisen und dass ihre Unzufriedenheit mit jedem weiteren Kind zunimmt 47 (in Simons Fall schon, als er die weiteren Kinder nur auf dem Ultraschallbild sieht).
Vielleicht sollten wir einfach mal wieder abends ausgehen? Seit ich in Frankreich lebe, sind solche Date Nights das neue Penicillin für nordamerikanische Paare mit Kindern. Sie hassen Ihren Partner? Organisieren Sie eine Date Night ! Sie würden ihre Kinder am liebsten erwürgen? Gehen sie essen! Die Obamas haben Date Nights . Sogar Soziologen befassen sich mittlerweile damit. In einem Aufsatz über Mittelschicht-Kanadier 48 steht, »dass es einen als Paar wahnsinnig weiterbringt, verjüngt und in der Elternrolle beflügelt, wenn man freie Zeit zu zweit verbringen kann.« Nur, dass die Paare der Studie diese freie Zeit kaum hatten. »Viele (Teilnehmer) fühlten sich von ihrem Umfeld gezwungen, die Bedürfnisse der Kinder über die der Partnerschaft zu stellen«, so die Autoren. Ein Mann berichtete beispielsweise, im Gespräch mit seiner Frau »minütlich« von den Kindern unterbrochen zu werden.
Das ist natürlich auch eine Folge der concerted cultivation , die viel Freizeit verschlingt und die Beschleunigung der Kindesentwicklung als oberste Priorität betrachtet. Ich sehe das überall, wenn ich in die Vereinigten Staaten und nach Großbritannien reise. Eine amerikanische Cousine von mir – eine Krankenschwester mit vier Kindern – hat Verwandte in der Nähe, die bereit wären, bei ihr zu babysitten. Aber nach einer Arbeitswoche, in der meine Cousine und ihr Mann die Kinder zur Schule, zur Gymnastik, zu Leichtathletikwettkämpfen und in die Kirche bringen, haben sie und ihr Mann – der als Polizist regelmäßig Nachtschichten machen muss – keine Lust mehr, zu zweit auszugehen. Sie sind einfach zu müde. Eine Lehrerin aus Manchester erzählt mir, dass sie ihr Kleinkind auf ihre Hochzeitsreise mitnehmen, obwohl ihre Mutter angeboten hat, in dieser Zeit auf das Kind aufzupassen. »Ich hätte einfach ein zu schlechtes Gewissen, es zu Hause zu lassen«, so die Mutter.
Auf einer Hochzeit sitze ich neben einer Vollzeitmutter aus Colorado, die mir erklärt, dass sie einen Vollzeit-Babysitter hat, ihn aber niemals mit ihren drei Kindern allein lässt. (Ihr Mann ist nicht auf der Hochzeit, weil er gerade zu Hause den Babysitter beaufsichtigen muss.)
Eine Künstlerin aus Michigan erzählt mir, dass sie sich im ersten Lebensjahr ihres Sohnes nicht dazu durchringen konnte, einen Babysitter zu engagieren. »Er sah so winzig aus und war mein erstes Kind. Allein die Vorstellung, ihn abzugeben …«
Manche amerikanischen Eltern wenden derart komplizierte Diätpläne und Disziplinierungstechniken an, dass es sogar den Großeltern schwerfällt, sie zu befolgen. Ein Großvater aus Virginia erzählt, seine Tochter sei ausgeflippt, als er den Kinderwagen mit seinem Enkel »falsch« über eine Schwelle geschoben habe. Seine Tochter hatte gelesen, dass das Risiko für Gehirnverletzungen sinkt, wenn Babys rückwärts über Schwellen geschoben werden.
Simon und ich haben nicht das Geringste gegen Babysitter. Wir beschäftigen derzeit die halben Philippinen. Trotzdem habe ich, seit die Jungen auf der
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