Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
töten darf, ist aber nicht nur, weil sie intelligent sind oder schön – sondern, weil sie leben wollen. Und weil sie leiden können und Töten ihnen sehr weh tut. Guck mal, ein neugeborener Säugling hat weniger Verstand als ein Schwein. Und trotzdem dürfen wir ihn nicht essen. Oder wir dürfen den Säugling nicht zu Versuchen für die Wirkung eines neuen Shampoos missbrauchen. Und wenn du siehst, wie ein junges Kälbchen auf der Wiese herumspringt: Dann ist es zwar nicht superschlau, aber bestimmt sehr glücklich.
Ich esse ja auch keine Tierkinder, Papa.
Ich finde, die Frage, mit der wir uns hier beschäftigen, ist wirklich sehr schwer. Merkst du das auch?
Ja, das finde ich auch.
Vielleicht sollten die Menschen zunächst einmal weniger Fleisch essen. Darauf können wir uns bestimmt einigen. Die Menschen essen ja nur deshalb heute so viel Fleisch, weil Fleisch viel billiger ist als früher. Dafür leben die Schweine und die Kälber heute in riesigen Ställen, fast ohne Licht. Sie werden in Tierfabriken gehalten und haben ein ganz schreckliches Leben. Auch die Hühner stecken zu Tausenden in engen Käfigen. Findest du das richtig und gut?
Dass die so allein in einem engen Käfig sind? Ganz bestimmt nicht! Man muss sich mal überlegen, wie das ist, wenn man selbst in so einem engen Käfig steckt …
Das wäre das Mindeste, was man verbieten müsste?
Ganz unbedingt!
Dafür müssen die Menschen dann aber viel weniger Fleisch essen. Vielleicht machen manche dann eine Grenze und essen nur noch bestimmte Tiere. Und andere essen vielleicht gar keine mehr und werden Vegetarier. Dann kann man nämlich ganz sicher sein, dass man nicht etwas Falsches tut …
Unsere restliche Currywurst ist längst auf dem Teller liegen geblieben. Appetit darauf haben wir beide nicht mehr. Es wird Zeit für unsere nächste philosophische Einsicht:
Der Wert eines Lebens hängt nicht einfach davon ab, wie schön oder intelligent jemand ist. Jedes Lebewesen, das Freude, Glück, Angst und Schmerz empfinden kann, sollte respektiert werden. Wenn man gründlich darüber nachdenkt, dann wird man wohl sagen müssen, dass die Argumente gegen das Fleischessen wahrscheinlich besser und einleuchtender sind als die Argumente, die dafür sprechen.
Jetzt haben wir aber schon ein Thema gestreift, über das wir bislang noch gar nicht nachgedacht haben: über das Glück …
Mein Glück & Ich
In Sanssouci
Warum haben Menschen Sorgen?
Heute machen Oskar und ich einen weiteren Ausflug nach Potsdam. Wir wollen uns das Schloss und den Park von Sanssouci anschauen. Oskar liebt Geschichten von Königen, von alten Kriegen und vom Leben in früheren Zeiten. Wenn man an einem Wochentag durch die Gärten geht, kommt man sich manchmal tatsächlich wie in einer ganz anderen Zeit vor. Der Park ist so riesig, dass man nur wenige andere Menschen trifft. Und immer wieder gibt es etwas zu entdecken. Hinter einer Hecke taucht plötzlich eine Gruppe mit Steinfiguren, ein kleiner Palast oder ein Teehaus auf. Und in den uralten Bäumen nisten Habichte, Bussarde und Sperber. Wenn Oskar so durch den Park späht, denkt er gerne an eines seiner Lieblingskinderbücher: » Kasperle auf Burg Himmelhoch«. Er hat sich oft vorgestellt, wie es ist, in einer früheren Zeit zu leben, als es noch Könige gab und Herzöge und Grafen. Zum Beispiel, wie es ist, bei einem griesgrämigen Herzog am Hof leben zu müssen, wie das Kasperle in der komisch-traurigen Geschichte von Josephine Siebe. Wenn der Herzog im Kinderbuch mal wieder ungehalten über das Kasperle ist, schlechte Laune hat und es bestrafen will, hat Oskar oft gefragt: » Warum hat der Herzog immer so schlechte Laune?« Und: » Ist der Herzog böse?«
Tja, warum hat der Herzog so schlechte Laune? Vielleicht sollte ich Oskar von jenem König erzählen, der diese wundervollen Schlösser gebaut und bewohnt hat. Ein ganz berühmter König war das und einer, der ebenfalls oft schlechte Laune hatte. Der Name dieses Königs war: Friedrich der Große.
König Friedrich wurde im Jahr 1712 im Berliner Stadtschloss geboren, als ältestes von 14 Kindern. Sein Vater Friedrich Wilhelm war berüchtigt für seine Härte und Strenge. Er war nämlich jener » Soldatenkönig«, der auch den Palisadenzaun auf der Freundschaftsinsel errichten ließ. Und er liebte alles, was mit Soldaten zu tun hatte: Uniformen, harte Erziehung und Disziplin.
Sein Sohn Friedrich entsprach überhaupt nicht seinen Vorstellungen. Ein zartes Kind, weich und musisch
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