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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard David Precht
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finden. Unsere Einsicht heißt:
    Schönheit ist eine Vorstellung in unserem Kopf. Sie hängt ab von unserem Geschmack. Und unser Geschmack ist wiederum beeinflusst von der Kultur, in der wir leben. Eine objektive Schönheit gibt es nicht.
    Das Ärgerliche an der Schönheit ist übrigens, dass sie so ungerecht verteilt ist. Manche Menschen werden von vielen schön gefunden, andere nicht. Und dabei kann man ja gar nicht viel dafür, dass andere einen schön oder nicht schön fi nden . Ist das nicht ungerecht?
    Das bringt uns auf unser nächstes philosophisches Thema. Nämlich zu der Frage, was gerecht ist. Wie müsste das Zusammenleben der Menschen sein, damit es so fair wie möglich zugeht?
    = Was ist gerecht?

Im Plänterwald

    Was ist gerecht?
    Einer der merkwürdigsten und verwunschensten Orte Berlins ist der Plänterwald. Der Wald liegt direkt an der Spree im Osten der Stadt. Wenn man eine Weile zwischen den Bäumen entlangspaziert ist, kommt man an ein ganz spezielles Gelände. Was ist, oder besser: Was war hier los? Rostige Reste eines Raupenfahrzeugs liegen hinter einer Absperrung, ein gigantisches Riesenrad ragt schief und vergammelt fast fünfzig Meter in die Luft. Und auf einer Wiese liegen umgestürzte Dinosaurier in Lebensgröße.
    Gab es gerade einen Krieg? Oder eine Katastrophe, die zum Aussterben der Menschen und der Dinosaurier geführt hat? Die Kulisse sieht tatsächlich aus wie in einem Endzeit-Film. Also, noch einmal, was ist hier geschehen?
    Der Plänterwald war einmal ein Vergnügungspark, genauer, der Vergnügungspark der DDR . Fast zwei Millionen Besucher strömten jedes Jahr hierhin, fast so viele wie in den Tierpark. Alle wollten sie auf das Riesenrad und die vielen anderen Karussells. Es gab Buden und Restaurants, alles wie auf einer anderen großen Kirmes auch.
    Nach der deutschen Vereinigung stellte sich die Frage, was nun mit dem Vergnügungspark passieren sollte. In der DDR hatte er dem Staat gehört, aber in der Bundesrepublik betreibt der Staat keine Kirmes-Attraktionen. Der neue Besitzer renovierte den Park und stellte zusätzlich neue Attraktionen auf. Doch die Zahl der Kirmes-Besucher wurde immer kleiner. Und bald war der neue Besitzer pleite. Er verschwand über Nacht mit einigen seiner Attraktionen nach Südamerika.
    Danach passierte nicht mehr viel. Seit fast zehn Jahren verfällt der Park. Gras und Unkraut überziehen das Gelände, und auch der Gitterzaun ist inzwischen alt und brüchig. So gelangt man heute ohne große Mühe in die Ruinenlandschaft. Am Wochenende gibt es sogar Führungen durch den verlotterten Park. Und auch ein kleines Café hat geöffnet.
    Wenn Oskar und ich im » Café Mythos« sitzen mit Blick auf die Park-Ruinen, dann wäre ihm natürlich lieber, die Karussells würden tatsächlich fahren, statt zu verrosten. Auch gegen Zuckerwatte und Mandeln hätte er nichts einzuwenden. Aber andererseits merkt auch er, dass das hier schon ein ganz besonderer Ort ist mit einer seltsamen Ausstrahlung. Und deshalb beschließe ich, diesen Ort als Anregung für ein Gedankenspiel zu nehmen …
    Stell dir mal vor, es gäbe einen Flugzeugabsturz. Und du sitzt mit in diesem Flugzeug. Gott sei Dank werden alle Passagiere gerettet. Das Flugzeug landet mit Ach und Krach sehr unsanft auf einer unbewohnten Insel im Pazifischen Ozean. Zwar wird keiner schwer verletzt und alle überleben, aber durch den heftigen Aufprall haben alle eine Gehirnerschütterung. Als sie wieder zu sich kommen, weiß keiner mehr so genau, wer er ist. Niemand weiß, welchen Beruf er ausgeübt hat, was er besonders gut oder schlecht kann.
    Nun müssen sowieso alle auf der Insel noch einmal neu anfangen. Das Gebiet ist verwildert und verwunschen wie hier im Plänterwald. Es gibt Hügel und Berge, ein paar wilde Ziegen und auch einige essbare Pflanzen und Früchte. Die Gegend bietet alles, was die Menschen brauchen. Genug zu essen und zu trinken, warme Schlafplätze und ausreichend Raum für jeden.
    Die Menschen müssen nun sehen, wie sie miteinander auf der Insel klarkommen. Dafür brauchen sie Regeln, damit nicht Chaos und Anarchie ausbrechen. Jeder von ihnen will natürlich als Erstes seine wichtigsten menschlichen Grundbedürfnisse erfüllen: Er will Zugang zum Trinkwasser, er will genug zu essen und einen warmen Schlafplatz. Alle weiteren Bedürfnisse sind noch unbekannt. Die Gehirnerschütterung und der Gedächtnisverlust hindern sie daran, sich selbst klarer zu sehen und einschätzen zu können. Man setzt

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