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Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Titel: Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Flasch
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der Herr der Natur; sie ist sein Instrument, und was er für sie festsetzt, auch über den normalen Naturprozeß hinaus, das ist ihre wahre Natur.    [18]  
    Das Imaginäre der Wundererzählungen will kein Freund der Poesie missen; aber es gab auch irdisch-reale Interessen derer, die sie erzählten. In der Zeit der Apostel warben sie für den christlichen Glauben; sie grenzten ihn gegen den heidnischen Polytheismus und gegen Häresien ab. Solange das Christentum in Konkurrenz zu antiken Kulten stand, brauchte es Wundererzählungen, um neue Anhänger zu gewinnen. Heidnische Orakelstätten warben mit ihnen für sich. Im Mittelalter sanierte manches Kloster mit Wundererzählungen seine Wirtschaft, es löste mit ihrer Hilfe Wallfahrten aus und erwirkte Latifundien als Geschenke. Sie bestätigten Glaubensrichtungen und Besitzansprüche, frühere Erzählungen und Schenkungen (Bestätigungswunder); sie begründeten Machtpositionen und Privilegien. In Antike und Mittelalter gehörte das verschmitzte Mißtrauen gegen fromme Flunkerei zur Wundergeschichte. Man hörte viel Wunderliches; man hörte eher halbgläubig zu. Es gab auch damals Leute, die fragten, zu welchem Zweck Legenden erzählt wurden. Diese gehörten nie nur in die Welt der Phantasie, der Novellen und der Romane.
    Historiker lesen Wundergeschichten stillschweigend unter den Bedingungen des poetischen Wahrheitskonzepts. Auf Streitigkeiten über ihren ‹historischen Kern› lassen sie sich nicht ein. Sie verzichten auf philosophische oder theologische Überhöhungen – von der Art, in der heute ein Theologe dazu rät, Wunder im Bezugsrahmen eines ‹mystischen Kosmos› und die Auferstehung als ‹eschatologisches Ereignis› zu sehen. Über Wundern schießen leicht Redensarten ins Kraut. So behauptet etwa ein Prediger, Wundererzählungen der Bibel würden nur verständlich als Fußnoten zur Geschichte von der Auferstehung Jesu. Als erkläre sich die Verwandlung von Wasser in Wein durch die Erweckung eines Toten.
    3.  Die Auferstehung
    Die Auferstehung Jesu nach seinem Kreuzestod, sagt man mir, sei das zentrale Ereignis des christlichen Glaubens. Den Christen beweise sie die Gottheit Christi. Und wenn Christus nicht auferstanden ist, schreibt Paulus, dann ist unser Glaube leer. Dann werden auch die Christen nicht auferstehen, 1 Korinther  15,14. Damit hat er zweifellos recht. So betrifft das Nachdenken über Jesu Auferstehung Vergangenheit und mögliche Zukunft; es ist die zentrale Frage an jemanden, der von sich sagt, er sei kein Christ mehr. Hier entscheidet sich, was dieser Satz bedeutet. Daher gehe ich darauf näher ein.

    Die Christenheit hat viele Jahrhunderte lang die Auferstehung realistisch aufgefaßt, als Vorgang in der äußeren Natur. Ihr kam es darauf an, daß sie ein physisches Ereignis war. Die theologische Pointe bestand darin, daß sie als Wunder in der sinnlichen Welt die göttliche Natur Jesu und seine Sendung bestätige. Sie bewies, daß das irdische Scheitern der Mission Jesu nicht deren Ende war.
    Aber nehmen wir einmal im Sinn der realistischen Interpretation an, der Vorgang am Stadtrand von Jerusalem wäre photographiert worden. Wüßten wir dann, was geschehen ist? Wir sähen vielleicht, daß der riesige Stein bewegt wurde, aber bei Donner und Erdbeben. Jesus könnte scheintot gewesen sein oder der tote Jesus lag in einem anderen Grab.
    Also so kommen wir nicht weiter. Wir haben nicht das Ereignis; wir haben nur Erzählungen. Dogmatiker mögen, wenn sie darüber reden, mit dem anfangen, was ihnen gerade Tiefsinniges oder Publikumswirksames dazu einfällt, so redete Joseph Ratzinger in seiner Einführung ins Christentum anläßlich der Auferstehung seitenweise über Liebe und Tod. Zuletzt beanspruchte er Faktizität, ohne diese zu prüfen. Die Analyse muß beginnen mit der Frage nach der Bezeugung. Es gibt Zeugnisse von zwei verschiedenen Arten:
Die Angaben im 1. Korintherbrief  15,1–10 von Paulus sind (vermutlich    [19]   ) die älteste Quelle; für seine Art, von der Auferstehung zu schreiben, vgl. auch An die Philipper  3,8–11.
Die ausführlichen Berichte in den Evangelien: Nach Markus  16, 1–8; Matthäus  27,57–28, 20; Lukas  23,50–24,53 und Johannes  19, 38–21,14.
    Diese Texte erlauben einige Beobachtungen:

    1) Die ältesten Berichte sagen, Gott habe Jesus aus dem Tod ‹erweckt› . Nicht, er sei aus eigener Kraft auferstanden , sondern Gott habe ihn aus dem Todesschlaf gerufen. Christus geht nicht

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