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Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Titel: Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Flasch
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genug: Es wird weiter erzählt, Matthäus  28,11–15, die Wachsoldaten seien bestochen worden, von der wunderbaren Wegwälzung des Steins nichts zu erzählen, um so die falsche Meldung vom Diebstahl der Leiche zu ermöglichen. Johannes  20,6–10 schließt Diebstahl noch sichtbarer aus: Das Schweißtuch Jesu, das über seinem Kopf lag, liegt ordentlich zusammengefaltet für sich an einem eigenen Platz, nicht bei den anderen Leichenbinden. Es ging nicht tumultuarisch zu wie bei einem Leichendiebstahl.
    Das nächste Stadium der Ausweitung der Erzählungen bietet das apokryphe Petrusevangelium: Jetzt kommandiert Pilatus sogar einen Hauptmann zur Bewachung ab. Jetzt weiß der Erzähler sogar dessen Namen: Petronius. Die jüdische Obrigkeit wälzt zusammen mit dem Hauptmann und seinen Soldaten den großen Stein vor die Grabestür. Sie versiegeln das Grab, und um es gründlich zu machen, gleich mit sieben Siegeln. Sie schlagen ein Zelt auf, um zur Bewachung zurückzubleiben. Am Sabbatmorgen kamen viele Bewohner von Jerusalem und sahen, wie gut das Grab versiegelt war. Alle sahen, daß das Grab sicher verschlossen war.    [20]   Um so gewisser das Wunder.

    11.) Nach Matthäus  28,16–20 trifft Jesus die elf Jünger in Galiläa: Er gibt ihnen den Befehl, in alle Welt, also zu den Heiden zu gehen und sie zu taufen «im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.»
    Das ist die einzige Stelle im Neuen Testament, die von der Trinität redet. Auch der Taufbefehl kommt nur hier vor. Der antike Kirchenhistoriker Eusebius zitiert die Stelle ohne den Taufbefehl und ohne Trinität. Sie fehlte wohl in einigen alten Handschriften.
    So viel wir von der Urgemeinde wissen, kannte sie diesen Befehl nicht. Ihre überwiegende Ansicht war, für die kurze Zeit bis zum Weltende solle die Mission nur Israel gelten. So ausdrücklich nach Matthäus  10,5. Paulus setzte mit Mühe die Idee der Heidenmission durch.

    Ich blicke noch einmal zurück auf die Zeugnisse der Auferstehung. Die Arbeit an ihnen verdeutlicht, was historisch-kritische Methode ist. Und sie erzwingen sozusagen das Bekenntnis, ob man sie und in welchem Sinne man sie ‹glaubt›.
    Um mit dem Einfachen zu beginnen: Wäre ich der zuständige Polizeikommissar gewesen mit dem Auftrag, das Verschwinden der Leiche eines prominenten Mannes aufzuklären, wäre ich zu dem Ergebnis gekommen, das sei bei diesen Zeugenaussagen unmöglich.
    Uneinheitlich sind sie allemal: Paulus sagt nichts vom Gang der Frauen zum Grab; weder bei Markus noch bei Matthäus erscheint Jesus (wie bei Paulus) zuerst dem Petrus; nur bei Markus bekommen die Frauen vom Engel den Auftrag, besonders Petrus zu informieren. Johannes erzählt zwar, Petrus habe sich vom leeren Grab überzeugt, aber er sagt nichts davon, daß Jesus ihm als erstem erschienen wäre. Die späteren Berichte, also die Evangelien, wissen weder etwas von der Erscheinung vor Jakobus noch von der vor den Fünfhundert.
    Aber abgesehen von vielen schwankenden Details über Zahl, Reihenfolge und Ort der Erscheinungen: Die Zeugen sind nicht einig darüber, was sie gesehen haben: Die einen hatten – in der Pauluslinie – eine Vision; sie schauten großen Lichtglanz, nichts Körperliches; sie interessierten sich nicht fürs physische Aussehen; die anderen sahen – in der Traditionslinie jüdischer Vorstellungen von Zurückgekehrten – einen wiederhergestellten Körper, der zwar nach Geisterart durch verschlossene Türen eintrat, aber aß und trank. Die zweite Deutungsart nahm von Markus zu Lukas deutlich zu; das Johannesevangelium korrigierte das Verlangen nach Wundergeschichten zugunsten des Glaubens.
    Wichtig ist, was allen Zeugen gemeinsam ist: Nach der Katastrophe der Hinrichtung begann die Jesusbewegung neu. Die Erscheinungen bildeten für die Beteiligten den Wendepunkt zu neuem Leben. Sie gaben Mut und neue Einsicht in die Hebräische Bibel. Jetzt stand für sie fest: Jesus ist der Messias; er wird bald wiederkommen. Er lebt, wenn auch in neuer, wenig bekannter Weise. Jetzt ist ihm «alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden». Die Wunderkette von Auferstehung und Erscheinungen veränderte alles. Diese Erfahrungen schnitten tief ein, sagen die Zeugen; sie brachten ihr Leben in eine neue Bahn: Woher dann die Abweichungen und die Widersprüche in den Berichten? Denn um Widersprüche handelt es sich; das läßt sich nicht leugnen. Ob die Jünger nach Galiläa flohen oder in Jerusalem blieben, das sind widersprechende

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