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Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Titel: Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Flasch
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der Jungfrauengeburt Christi bei Jesaia und wollte sie unglaubhaft machen; daher habe er tückisch-vorausdenkend heidnische Erzählungen von der Erzeugung von Gottessöhnen aus einer Jungfrau in die Welt gesetzt. Justin hielt lieber die antike Literatur und Kunst für ein Satansprodukt als am Zeugnis von Jesaia  7,14 für die Jungfrauengeburt Jesu zu zweifeln. Das schlichte Faktum – die Gemeinsamkeit mit heidnischen Sagen von der Jungfrauengeburt von Gottessöhnen – ließ er durchaus stehen; seine ingeniöse Erklärung aus der Teufelsregie überhöhte es heilsgeschichtlich. Dem Jesaiatext 7,14 verschaffte er die besondere Ehre, daß der Teufel selbst ihn gelesen und mit einer raffinierten Antiwerbekampagne beantwortet habe.
    Nach soviel Teufelstheologie empfiehlt sich ein Blick auf den heutigen Stand der Forschung, die erklärt:
    «Man kann also an unserer Stelle ( Matth . 1,22–23) nicht mehr von einer Erfüllung alttestamentlicher Weissagungen durch Gott sprechen, sondern nur noch vom urchristlichen Glauben an diese Erfüllung.»    [14]  
    2.  Wundergeschichten
    Die Christenheit ist fast 1300 Jahre lang ohne die Unterscheidung von ‹natürlich› und ‹übernatürlich› ausgekommen. Die antike Welt kannte sie nicht. Solange das Universum als eine geordnete Vielheit von ‹Zeichen› galt, bedurfte das Wunder keiner weiteren Theorie. Erst mit der aristotelischen Naturphilosophie und der arabischen Naturforschung konnte Thomas von Aquino den Begriff des Übernatürlichen kreieren und damit den ‹übernatürlichen› Ursprung als das Charakteristische des Wunders bezeichnen. Er definierte das Wunder als das, was gänzlich über die Möglichkeiten der Natur hinausgeht.    [15]   Aber wer kennt schon alle Möglichkeiten der Natur? Thomas identifizierte einen Vorgang ausschließlich im Blick auf den damaligen Wissensstand als Wunder. Vielleicht kann er morgen natürlich erklärt werden. Sollen aber Wunder die Wahrheit des Christentums bestätigen, also der Apologetik dienen, bleiben skeptische Einwände.
    Ich treibe sie nicht zu weit: Man muß kein Naturwissenschaftler sein, um nicht zu erwarten, daß Wasser zu Wein wird oder daß jemand auflebt, der schon in Verwesung übergegangen ist. So etwas liegt offenbar über der Möglichkeit des gewohnten Naturlaufs und wird deswegen im höchsten Grad unwahrscheinlich. Einige Kirchenschriftsteller, darunter Eusebius von Caesarea und der frühe Augustin, wollten Wunder nur in der christlichen Frühzeit anerkennen; sie seien geschehen, um die Ausbreitung des Glaubens zu unterstützen; jetzt seien sie nicht mehr nötig. Kant machte die Bemerkung, selbst fromme Leute, die Gottes Wundermacht theoretisch behaupten, gingen im Alltag davon aus, daß solche Wunder nicht geschehen. In der Theorie wollen sie auf den Wunderglauben nicht verzichten, aber praktisch lassen sie ihn nicht aufkommen: «Sie glauben zwar, was die Theorie betrifft, daß es dergleichen gebe, in Geschäften aber statuieren sie keine.»    [16]  
    Schleiermacher umging das Problem, indem er es nivellierte; er erklärte: «Für mich ist alles Wunder». Der schottische Katholik Bruce Marshall vermutete, wenn im Schlafzimmer eines Bischofs ein Wunder geschähe, würde der Prälat alles tun, um es zu vertuschen.
    Ich lese Berichte über wunderhafte Großtaten Gottes als Erzählungen, die keine Prüfung erfordern. Auch Judentum und Islam behaupten von sich, Wunder hätten sie bestätigt, auch die römische Vergottung des Kaisers wurde so gerechtfertigt.
    Zweifel an Wundergeschichten sind so alt wie diese selbst. Seit dem 13. Jahrhundert warfen Wunder philosophische Probleme auf, wie die Thesen 100 und 147 der Verurteilung von 1277 beweisen.    [17]   Der neuzeitliche Naturbegriff mit seiner mechanischen Ausnahmslosigkeit schuf dann schier unüberwindliche Einwände. Mancher Theologe begegnete ihnen mit der Ansicht, Gott habe von allem Anfang an Wunder in den ersten Weltentwurf eingebaut, er habe also die Naturgesetze nicht durchbrochen. Reformatoren waren geneigt, Wunder ins Innere zu verlegen. Dabei war ihre alte Bestimmung, gerade in der sichtbaren Außenwelt Gottes Wahrheit zu bezeugen: Der Glaube, sagte man jetzt, den heiligen Bernhard zitierend, sei das größte Wunder. Die Berufung auf sichtbare Wunder hatte etwas Unvorhersehbares und Unordentliches an sich; Glaubenswächter sahen Gefahr für die Kirchenordnung.
    Dante spottete über das phantastische Ausmalen von Wundergeschichten

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