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Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Titel: Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Flasch
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der Erlösten? War es denkbar, daß sie rein von außen gewährt wurde? Ließ es die geistige Natur des Menschen zu, rein passiv erlöst zu werden? Mußte er sich nicht in irgendeiner Weise selbst beteiligen, ohne daß man ihm Selbsterlösung vorwarf?

    Die biblischen Texte hatten diese Fragen offengelassen. Überwiegend hinterließen sie den Eindruck, die Erlösung sei ein für allemal geschehen und sei von außen auf den Menschen zugekommen. Aber sie befreite die Völker nicht von Hunger, Pest und Krieg, den Einzelnen nicht von Leiden, Schuld und Tod. Das Individuum behielt seine Krisen und mußte sehen, wie es aus ihnen herauskam. Zunehmende Individualisierung relativierte die Vorstellung, ‹erlöst› zu sein. Ich habe jahrzehntelangen Umgang mit guten Kirchenchristen und fand bei keinem von ihnen die Erlösungsidee besonders relevant. In ihrer Lebenswirklichkeit überwogen die Übel, von denen sie nicht erlöst sind, nicht das Gute, das ihnen die Erlösung gebracht hat. Niemand spricht mehr vom Erlöstsein – ich meine, von seinem Erlöstsein, also von der eigenen Erfahrung, erlöst zu sein – außer denen, die mit dessen Verkündigung ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Erlösungsidee ist irgendwie tot. Für die verbleibenden Probleme haben wir den Hausarzt oder den Psychiater. Die Entgegensetzung von Diesseits und Jenseits geriet zunehmend auch bei Theologen in Zweifel.
    3.  Opfer
    Christi Tod war ein blutiges Opfer. Er war unser Opferlamm. Sein Opfer war das definitive Opfer; er löste bei Judenchristen den Brauch ab, dem Gott Israels Hekatomben von Tierblut zu opfern. Der Tod am Kreuz wurde als Opfer verstanden, auch wenn Christen gelegentlich schwankten, wem es dargebracht wurde. Seit dem 2. Jahrhundert interpretierten sie das Erinnerungsessen der frühen Kirche, das Abendmahl, als fortgesetztes unblutiges Opfer.
    Paulus verstand das gesamte christliche Leben als Daueropfer. Er forderte, die Christen sollten sich selbst als Gott wohlgefälliges Opfer darbringen .    [45]   Dies prägte die christliche Kloster- und Klerikerethik. Die vor der Unbill des Lebens am meisten geschützte soziale Schicht fast aller Jahrhunderte der Zeit von 313 bis 1800 – Kleriker zahlten keine Steuern, wurden nicht Soldaten, waren von Hungersnöten kaum betroffen – verschaffte sich mit der Opferideologie das Bewußtsein, sie vollziehe an sich selbst das Leiden des Heilands am Kreuz. Sie übertrieben, noch voll an der Macht, in ihrer Opferrhetorik Bosheit und Stärke ihrer Feinde. Sie vergaßen alle Privilegien, verklärten ihren Sonderstatus und verteidigten ihn damit, sie brächten für andere ihr Leben als Opfer dar.
    In Deutschland fand oder vielmehr: schuf der Klerus beider Denominationen für seine Opferideologie zwei besondere Anlässe: Im Ersten und auch noch im Zweiten Weltkrieg erklärte er den Soldaten und ihren Familien als Wort Gottes, wie gut und edel es sei, sein Leben fürs Vaterland zu opfern. Niemand habe eine größere Liebe, als wer sein Leben hingebe für seine Freunde. Und den Müttern speziell stellte er vor Augen, welch ein Privileg es sei, für Kinder und Ehegatten ein christlich abgetöntes Opferleben zu führen. Das klerikale Frauenbild beruhte auf Opfermystik und Opferethik.
    Daß die Menschen den Göttern gegenüber nicht gut dastehen, daß sie ihnen etwas zu ihrem Lebensunterhalt bringen müssen, diese Vorstellung war uralt, echt ‹mythisch›. Zu ihr gehörte, daß die Götter am Bratenduft des Opferfleischs Freude haben und daß sie – ohne die Priester dabei zu vergessen – sich vom Opferfleisch ernähren. Die Idee lag nahe, Menschen seien erschaffen worden, um die Götter zu bedienen. Augustin, ein Intellektueller der Spätantike, hat diese archaischen Elemente erlösungstheoretisch weitergeführt. In dieser christlichen Form war ‹Erlösung› durch Opferblut eine Hirngeburt. Keineswegs erst die neuzeitliche Aufklärung nahm an Augustins Erlösungstheorie mit ihrem Erbsünden- und Opfermythos Anstoß. Spätestens im 12. Jahrhundert hat Abaelard sie kritisiert. Thomas von Aquino hat die Erlösungstheorien Augustins, Anselms von Canterbury und Abaelards schulmäßig kombiniert. Wer sie als nachvollziehbar darstellt, unterwirft sich ihr blind oder schwächt sie ab. Denkende Christen lassen sie heute schon als entseeltes Überbleibsel des Augustinismus auf sich beruhen!

    Will Gott, daß alle Menschen erlöst werden? Das Heil, das er Israel versprach, sollte exklusiv diesem

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