Warum Machst Du Mich Nicht Gluecklich
Jahren ver änderte sich das Leben von Sa hra und Hannes in mehrerlei Hin sicht. Hannes lernte ihre Familie kennen und hatte den Eindruck, Sahra auch materiell etwas biete n zu müssen, wenn er mit ihr zu sammenbleiben wollte. Er nahm Job und Studium viel ernster und hatte deutlich weniger Zeit für spontane Unternehmungen. In dieses Jahr fiel ein Schwangerschaftsabbruch, der fü r Sahra viele Fragen aufwarf: Will ich Kinder? Und wenn ja, will ich Kinder mit Hannes haben? Aber auch die körperliche Erfahrung der kurzen Schwanger schaft und des Eingriffs verunsicherte sie in ihrem Körpergef ü hl, und sie zog sich sexuell in dieser Zeit von ihm zurück . Das verstörte Hannes mehr, als beide gedacht hätten, er fühlte sich plötzlich wertlos und nicht gewollt. Weil Sahra sp ü rte, dass ihre Zurückweisung ihn verletzte, geriet sie unter Druck. Sie bekam Schuldgefühle und schlief desha lb manchmal ihm zuliebe mit Han nes, obwohl sie eigentlich gar keine Lust hatte. Anschließend war sie auf sich selbst und auf ihn sauer. Indem wir gemeinsam die Geschich te des Paares nachvollzogen, er kannten Hannes und Sahra, dass sich ihre Beziehung in dieser Zeit notgedrungen verändert hatte, denn es ging darum, den Schritt von einer Studentenliebe zu einer verbindlichen Partnerschaft zu machen. Das bedeutete aber gleichzeitig, dass sie deutlich mehr aufeinander angewiesen waren. Diese Veränderung verunsicherte beide, was sich vor allem in der Sexualität äußerte. Weil sie dennoch gern zusammen waren, entschieden sie ein Jahr später, zu heiraten und die Pille wieder abzusetzen. Als ich sie kennenlernte, war ihr Sohn fünfzehn und die Tochter war achtzehn. Hannes hatte nach der Heirat Karrie re gemacht und sich sehr verant wortlich für die Ernährung der Familie gefühlt. Sahra hatte sich um Kinder, Haushalt und um die Familienorganisation gekümmert. In zwischen hatte sie ihr Hobby zu ihrem Beruf gemacht und erfolgreich den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Doch innerlich war ihre Beziehungsbilanz aus dem Gleichgewicht geraten. Obwohl sie viel für die Familie und füreinander taten, hatte jeder das Gefühl, emotional zu verh ungern. Sahra vermisste schmerz lich Hannes' Nähe, Anerkennung und Zärtlichkeit. Ganz besonders schlimm war es für sie in den Momenten, in denen sie entspannt etwas gemeinsam unternahmen und sie sich mit Hannes wohlfühlte. Für sie war diese Situation zerstört, sobald sie merkte, dass er jetzt gern Sex mit ihr hätte verzweifelt fragte sie: »Wieso muss nur jeder schöne Moment für Sex ausgenutzt werden?« Auch Hannes empfand ein Defizit. Er arbeitete viel, war für die Familie da, bemühte sich um seine Frau und dennoch war Sahra immer wieder unzufrieden und schien ihn zu kritisieren. Er vermisste ihre Nähe und Zärtlichkeit, vor allem in Form von Interesse und Sex. Wenn noch nicht einmal in schönen Momenten etwas möglich war hatte das Ganze überhaupt noch eine Chance? In unserem Gespräch erkannten sie, dass sich verborgen unter den Vorwürfen auch der andere nach mehr Nähe und Zärtlichkeit sehnte und sie gemeinsam in einem Teufelskreis gefangen waren. Dadurch entspannte sich die Situation, und wir konnten beginnen, zusammen an einer Veränderung zu arbeiten.
Die Angst vor der Abhängigkeit
Abhängigkeit ist heutzutage ein unanständiges Wort. Verpönter noch als Gruppensex oder Pokerspielen. Abhängig zu sein ist legitim für Hunde oder Kinder, wobei es bei Letzteren als ein vorübergehender Zustand betrachtet wird, der in erwachsene Unabhängigkeit von den Eltern zu münden hat. In einer Liebesbeziehung vom Partner abhängig zu sein ist ein unbehagliches und unangenehmes Gefühl. Es bedroht die eigene Autonomie. Nicht nur, dass ich mich bedürftig und seinem guten Willen ausgeliefert fühle. Nein, Oskar hat die Macht, mich zu belohnen und zu bestrafen, er kann mir Bedingungen stellen und mich zu Sachen bringen, die ich freiwillig nie täte. Wie zum Beispiel mit ihm zum Kölner Karneval zu fahren und in einem Marienkäferkostüm auf der Straße zu tanzen peinlich! Kein Wunder, dass viele Menschen versuchen, dieses Gefühl um jeden Preis zu vermeiden. Als ob das wirklich möglich wäre! Denn zu lieben heißt: Ich möchte und brauche etwas von dir und niemand anderem. Und du kannst es mir geben und mich glücklich machen. Oder du kannst es mir vorenthalten, und dann bleibt mein Wunsch oder Bedürfnis unerfüllt. Es sei denn, ich höre auf, dich zu lieben, und will es
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