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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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noch einen weiteren Beweggrund, zu Hause zu bleiben: Er muß sie ständig bewachen, um sie von anderen Männern fernzuhalten, denn sonst könnte sie gerade an dem Tag fruchtbar sein, an dem er nicht da ist. Hat der fremdgehende Ehemann das Pech, daß er gerade mit einer anderen Frau im Bett liegt, während seine Ehepartnerin ihren Eisprung hat, könnte ein anderer Mann im Ehebett des Schwerenöters dessen Frau befruchten, während dieser selbst seinen ehebrecherischen Samen an eine Frau vergeudet, die dann wahrscheinlich ohnehin keinen Eisprung hat. Unter derart verkehrten Verhältnissen hat der Mann viel weniger Grund fremdzugehen, denn er kann nicht erkennen, welche Frauen in seinem Umfeld gerade fruchtbar sind. Die herzerquickende Folge: Die Väter bleiben in der Nähe und beteiligen sich an der Kinderpflege, mit der Konsequenz, daß die Kinder überleben. Das ist gut für die Mütter und auch für die Väter, denn auf diese Weise gelingt es beiden, ihre Gene weiterzugeben.
     
    Letztlich vertreten Alexander und Noonan die Ansicht, die seltsame Physiologie der Menschenfrauen zwinge die Männer, zu Hause zu bleiben (jedenfalls häufiger, als sie es sonst tun würden). Die Frau profitiert davon, weil sie sich die Mitarbeit des Mannes sichert. Aber der Mann profitiert ebenfalls, vorausgesetzt , er zeigt sich kooperativ und richtet sich nach den Regeln des weiblichen Körpers. Indem er zu Hause bleibt, verschafft er sich die Sicherheit, daß das Kind, bei dessen Versorgung er hilft, tatsächlich seine Gene trägt. Er braucht nicht zu befürchten, daß seine Frau wie ein Pavianweibchen ein leuchtend rotes Hinterteil als Zeichen des bevorstehenden Eisprungs zur Schau stellt, während er auf der Jagd ist, und daß sie damit einen ganzen Schwarm von Verehrern anzieht, mit denen sie sich öffentlich paart. Männer akzeptieren diese Grundregel so vollständig, daß sie auch während der Schwangerschaft und nach den Wechseljahren weiter mit ihren Frauen schlafen, obwohl sie wissen, daß dann keine Befruchtung möglich ist. Nach Ansicht von Alexander und Noonan haben sich also der versteckte Eisprung und die ständige sexuelle Bereitschaft der Frauen in der Evolution entwickelt, um Monogamie, Kinderversorgung und die Sicherheit der Männer bezüglich der eigenen Vaterschaft zu stärken.
    Mit dieser Auffassung konkurriert die Viele-Väter-Theorie, die von der Anthropologin Sarah Hrdy von der University of California in Davis entwickelt wurde. Wie die Anthropologen schon seit langem wissen, war Kindesmord in traditionellen Kulturen weit verbreitet, während er in den heutigen modernen Staaten durch Gesetze unterbunden wird. Bis in die jüngste Zeit, als Hrdy und andere ihre Freilanduntersuchungen durchführten, hatten die Zoologen aber keine Ahnung, wie oft der Kindesmord auch bei Tieren vorkommt. Mittlerweile ist er bei mehreren Tierarten belegt, unter anderem bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen und Gorillas, aber auch bei einer ganzen Reihe anderer Arten, von Löwen bis zu afrikanischen Jagdhunden. Besonders häufig begehen Männchen Kindesmorde an Jungen, mit deren Mutter sie nie kopuliert haben – beispielsweise männliche Eindringlinge, die versuchen, die angestammten Männchen zu verdrängen und ihren Harem zu übernehmen. Ein solcher Eindringling »weiß« also, daß die Jungen, die er tötet, nicht seine eigenen sind.
     
    Uns entsetzt Kindesmord natürlich, und wir fragen uns, warum Tiere (und früher auch Menschen) ihn so häufig begehen. Bei näherer Überlegung erkennt man, daß der Mörder sich einen grausigen genetischen Vorteil verschafft. Solange das Weibchen ein Junges säugt, hat es in der Regel keinen Eisprung. Andererseits ist der eingedrungene Mörder genetisch nicht mit den Jungen des Rudels verwandt, das er gerade übernommen hat. Wenn er ein solches Junges tötet, kommt die Milchproduktion bei der Mutter zum Stillstand, und ihr Brunstzyklus wird wieder angeregt. In vielen oder sogar den meisten Fällen von Kindesmord im Tierreich befruchtet der Mörder später die hinterbliebene Mutter, die dann ein Kind mit den Genen des Mörders zur Welt bringt.
     
    Da der Kindesmord eine wichtige Ursache der Säuglingssterblichkeit ist, stellt er für die Tiermütter ein ernstes entwicklungsgeschichtliches Problem dar, denn sie verlieren ihre genetische Investition in die getöteten Nachkommen. Ein typisches Gorillaweibchen zum Beispiel verliert im Laufe seines Lebens mindestens einmal ein Junges, weil

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