Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
weitergeben. Wie kann es dazu beitragen, mehr Babys zu zeugen, wenn man so verrückt ist und Sex zu einer Zeit macht, da vermutlich kein Baby entstehen kann?
     
    Ein einfaches Beispiel dafür, wie zielgerichtet die sexuelle Betätigung bei den meisten Tierarten ist, bieten die Trauerschnäpper, eine Vogelart, die ich schon in Kapitel 2 beschrieben habe. Das Trauerschnäpperweibchen läßt die Kopulation in der Regel nur einige Tage vor der Eiablage zu, wenn die Eizellen zur Befruchtung bereitstehen. Hat sie mit dem Eierlegen begonnen, verschwindet ihre Lust auf Sex, und sie lehnt Annäherungsversuche von Männchen ab oder zeigt sich in dieser Hinsicht zumindest gleichgültig. Aber in einem Experiment na hm ein Ornithologenteam zwanzig Trauerschnäpperweibchen, die gerade ihre Eier abgelegt hatten, die Partner weg und machte sie so zu Witwen. Bei sechs dieser zwanzig künstlichen Witwen konnte man beobachten, wie sie innerhalb der nächsten beiden Tage andere Männchen zur Kopulation aufforderten, und unbeobachtet taten vermutlich noch mehr das gleiche. Offensichtlich versuchten die Weibchen den Männchen vorzuspielen, sie seien fruchtbar und stünden zur Verfügung. Als die Jungen später aus den Eiern schlüpften, hätten die Männchen nicht erkennen können, daß in Wirklichkeit ein anderes Männchen der Vater war. Zumindest in einigen Fällen gelang die Täuschung, und die Männchen fütterten die Jungvögel genauso, wie es der biologische Vater getan hätte. Es gab also nicht den leisesten Hinweis, daß die Weibchen lustige Witwen waren und sich wegen des Vergnügens um Sex bemühten.
     
    Auch wir Menschen mit unseren Ausnahmeerscheinungen – versteckter Eisprung, nie endende Zugänglichkeit und zweckfreie Sexualität – sind ein Produkt der Evolution. Was dabei besonders paradox ist: Gerade beim Homo sapiens , der sich als einzige Spezies seiner selbst bewußt ist, sollen die Frauen sich ihres Eisprungs nicht bewußt sein, während sogar weibliche Tiere, die so dumm sind wie Kühe, ihn wahrnehmen. Damit der Eisprung vor einem so schlauen, selbstbewußten Weibchen wie der Menschenfrau verborgen blieb, war etwas Besonderes notwendig. Herauszufinden, was dieses Besondere ist, erwies sich, wie wir noch sehen werden, für die Wissenschaftler als unerwartet schwierig.
     
    Daß die meisten anderen Tiere mit ihren Kopulationsanstrengungen geizen, hat einen einfachen Grund: Sex ist energie- und zeitaufwendig und bringt ein Verletzungs- oder Todesrisiko mit sich.
    Es gibt mehrere Gründe, warum man den Geliebten oder die Geliebte nicht unnötig lieben sollte:
     
    1. Die Samenzellproduktion ist für das Männchen immerhin so aufwendig, daß Würmer, die aufgrund einer Mutation weniger Samenzellen bilden, länger leben.
     
    2. Sex kostet Zeit, die man sonst zur Nahrungssuche verwenden könnte.
     
    3. Ein Paar, das gerade beim Geschlechtsakt ist, läuft Gefahr, von einem Raubtier oder Feind überrascht und getötet zu werden.
     
    4. Ältere Individuen sind unter Umständen den Anstrengungen nicht gewachsen: Der französische Kaiser Napoleon III. erlitt während des Geschlechtsverkehrs einen Schlaganfall, und Nelson Rockefeller starb beim Sex.
     
    5. Die Kämpfe zwischen Männchen, die um ein brünstiges Weibchen konkurrieren, führen häufig zu schweren Verletzungen – beim Weibchen ebenso wie bei den Männchen.
     
    6. Beim außerehelichen Sex erwischt zu werden, ist für viele Tierarten gefährlich, auch (berühmt-berüchtigt) für Menschen.
     
    Wir könnten uns also einen großen Vorteil sichern, wenn wir uns sexuell ebenso effizient betätigten wie andere Tiere. Welcher Vorteil bildet das Gegengewicht zu unserer offensichtlichen Ineffizienz?
     
    Die wissenschaftlichen Spekulationen kreisen bei dieser Frage meist um eine andere ungewöhnliche Eigenschaft der Menschen: Unsere Säuglinge sind so hilflos, daß jahrelang eine intensive elterliche Versorgung notwendig ist. Die meisten jungen Säugetiere suchen sich ihre Nahrung selbst, sobald sie nicht mehr gesäugt werden, und kurz darauf sind sie völlig selbständig. Deshalb können die meisten Säugetierweibchen ihre Jungen ohne Hilfe des Vaters großziehen – mit ihm trifft die Mutter nur zur Kopulation zusammen. Menschen dagegen verschaffen sich ihre Nahrung zum größten Teil mit Hilfe einer komplizierten Technik, die weit jenseits der körperlichen oder geistigen Fähigkeiten eines Kleinkindes liegen. Deshalb müssen unsere Kinder nach der Entwöhnung von

Weitere Kostenlose Bücher