Warum Maenner mauern
nichts, und deshalb beginnt sie mit dem passiv-aggressiven Mann eine Beziehung, in der nur wenig Aussicht auf Verbesserung besteht. Er ist froh, dass er ihre Zweifel verstärken kann – Zweifel an ihrem Wert als Mensch, an ihrer Sexualität, ihrer Umgänglichkeit oder ihrem Verstand.
Opfer können empfindsame Frauen sein, aber oft haben sie Hemmungen, ihre Gefühle mitzuteilen. Ironischerweise haben sie ebenso viel Angst, sich völlig zu öffnen, wie die Männer, bei denen sie Zuwendung, Unterstützung oder Liebe suchen. Wenn sie darüber sprechen können, was sie stört, neigen Opfer zu Entschuldigungen, weil sie Gefühle haben (»Es tut mir leid, dass ich mit dieser lächerlichen Geschichte deine Zeit in Anspruch genommen habe…«). Dahinter stehen Beunruhigung und Angst; solche Frauen fürchten die Einsamkeit und den Liebesmangel, aber gleichzeitig halten sie die Distanz aufrecht, die der passiv-aggressive Mann so schön für sie schafft. Das Leben kann zwar manchmal unangenehm sein, aber in dieser unbefriedigenden Art ist es trotzdem sicher. Der passiv-aggressive Mann hat das Ziel, die Frau im Ungleichgewicht zu halten, und dafür ist der Typ des Opfers ein hervorragender Spielball – eine solche Frau kippt bei der leisesten Berührung um.
Viele Opfer verstehen nicht, warum sie so herumgestoßen werden. Nach ihrer Empfindung sind sie die Gebenden, deren Großzügigkeit und Gutherzigkeit von anderen ausgenutzt werden. In vielen Fällen stimmt das auch: Sie geben tatsächlich, aber gleichzeitig richten sie es so ein, dass sie dabei verlieren . Sie wissen, dass sie ihre Gaben an Menschen verteilen, von denen sie nichts zurückbekommen, die sich nicht um sie kümmern oder sich auf sinnvolle Weise mit ihnen verständigen. (»Warum ist mir das schon wieder passiert? Ich nehme eine Stelle an bei einem Tyrannen, der mich überfordert und außerdem noch schlecht bezahlt!«)
Die Verbindung zu einem passiv-aggressiven Mann hat für das Opfer bestimmte Vorteile: Er ist eine vertraute Gestalt, vermutlich eine von vielen passiv-aggressiven Personen in dessen Lebensgeschichte. Nehmen wir beispielsweise Jane. Die Neunundzwanzigjährige war zweimal verlobt, aber jedes Mal gab sie dem Mann ein paar Monate vor der Hochzeit den Ring zurück. Als ich sie kennen lernte, steckte sie tief in der dritten wichtigen Beziehung ihres Lebens: Wie sie mir erklärte, war diese Verbindung der bewusste Versuch, ihre Vorliebe für arbeitssüchtige Männer zu durchbrechen, »die mich in ihren geschäftlichen Terminkalender quetschen«. Mit George, so hoffte sie, hatte sie die Aussicht auf einen »netten Kerl«.
Während der Therapiesitzungen erkannte ich, dass die Männer in Janes Leben eigentlich austauschbar waren: Sie waren alle sehr selbstbezogen und passiv-aggressiv, auch George, ihr »netter Kerl«. Als Folksänger hatte er früher nie ganz den Durchbruch geschafft; später hatte er ein Examen gemacht, und jetzt unterrichtete er Mathematik an einem College. Nach Janes Erzählungen war George offenbar ebenso indirekt und ohne Kontakt zu seinen Gefühlen, ebenso manipulierend und zurückhaltend wie die »Typen aus dem Establishment«, die er in seinen Liedern kritisiert und verspottet hatte. Wieder war Jane der Fußabtreter, aber darüber schrieb George keine Lieder.
Ich fragte Jane nach den wichtigsten Eigenschaften dieser drei Männer, bei denen sie jedes Mal über Heirat nachgedacht hatte. Sie antwortete:
Sie gaben mir das Gefühl, ich sei nicht gut genug für sie. Wenn sie sagten, dass sie mich liebten, überzeugte es mich nicht… ich dachte immer, ich würde hintergangen. Aber ich glaubte auch, wenn ich ihre Liebe gewinnen könnte… würde mich das zu etwas Besonderem machen. Es funktionierte nicht. Ich habe nie gespürt, dass einer von ihnen mich wirklich liebte.
Sie schilderte mir viele Vorkommnisse, und dabei zeigte sich, dass diese Männer alle wenig Sinn für Nähe hatten, Jane aber ohne Zögern frustrierten. Am schlimmsten war für Jane ihr »Gefühlsrückschlag«: Wenn die Männer sich einmal verletzlich zeigten oder etwas preisgaben, mussten sie ihr in den folgenden Wochen emotionale Qualen zufügen, weil sie Liebesgefühle offenbart hatten. Was sie gegeben hatten, machten sie damit wieder zunichte.
Offen gezeigte, tiefe Gefühle lösten bei diesen Männern Panik aus, und deshalb missbrauchten sie Jane, um sich stärker und von ihr unabhängig zu fühlen. Das führte bei Jane zu dem Eindruck, die Männer brauchten oder
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