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Warum Maenner mauern

Warum Maenner mauern

Titel: Warum Maenner mauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Wetzler
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nebeneinanderher lebt; Berührungspunkte ergeben sich nur in sehr spannungsreichen emotionalen Begegnungen. Frank, ein echter passiv-aggressiver Mann, ist mein Patient, aber ich habe auch mit seiner Frau Audrey gesprochen, einer typischen Managerin, die sich ihren eigenen passiv-aggressiven Frankenstein geschaffen hat. Audrey ist beherrschend und verbittert, Frank dagegen ängstlich und eigensinnig. Sie hält Frank für die Ursache ihres Unglücks, während er sich vor allem leise selbst bedauert. Nach meiner Einschätzung trägt Audrey einen geheimen Groll gegen Frank in sich. Er ist lässiger als sie und nicht so aalglatt und selbstbewusst wie viele Karrieretypen, aber seine sanfte Art ist ihm nützlich. Er ist ein einigermaßen erfolgreicher Buchhalter mit Karrierechancen und ein liebenswerter Kerl. Audrey geht ruppiger mit Menschen um und stellt mehr Forderungen, ihre Art steht im Gegensatz zu einer tief sitzenden Unsicherheit. Die Schwachstelle in ihrem Panzer ist ihre Trennungsangst. Ein Teil von ihr verlässt sich völlig auf Frank, aber er geht damit nicht anständig um. Vielmehr spielt er mit ihr – er nutzt ihre Ängste aus, und insgeheim fordert er sie heraus, ihn zu verlassen. Aber Audrey glaubt, sie werde allein versagen, vor allem mit ihren zwei noch nicht einmal zehn Jahre alten Kindern, für die sie sorgen muss. Das intensiviert ihre Versuche, Frank zu kontrollieren, noch stärker, und sie stellt immer größere Forderungen an ihn. Unter anderem beschwert sich Audrey über Frank, weil sie nach ihrer Überzeugung gelegentlich das Recht auf eine einfache Antwort hat oder auf ein Gespräch, das ihre Ängste und Unsicherheiten besänftigt. Aber Frank gibt ihr weder das eine noch das andere. Er weicht der Frage aus und enthält ihr die Bestätigung vor. Audrey erkennt jedoch nicht, dass es auch Situationen gibt, wo sie sich weigert, Frank zuzuhören. Das Gleiche gilt für die Male, wo Frank seine Antwort anbietet – ein ängstliches »nein, jetzt nicht« oder »nein, ich will nicht« –, klare Signale, die Audrey zur Aufmerksamkeit veranlassen sollten.
    Der Teil von Audrey, der Franks Nein übergehen muss, muss ihn auch erniedrigen. Veranlasst wird sie dazu, weil Frank ihre Beleidigungen hinnimmt wie ein Lamm, ohne erkennbare Vergeltung. Den eigentlichen Zusammenhang erkennt Audrey nicht: Dass seine passive Aggression, sein Spielen mit ihrer Unsicherheit und seine Vermeidung von Nähe, die Antwort ist. Sein Ärger äußert sich zu einem späteren Zeitpunkt und auf andere Weise, aber er wirkt sich für sie nicht weniger unangenehm aus.
    Ihre Eheprobleme begannen nicht erst mit Audreys Neid auf Franks Fähigkeit, im Beruf zurechtzukommen, sondern bereits im ersten Stadium ihrer Beziehungsentwicklung. Damals bildete sich ein Muster heraus: Sie bat ihn um etwas, er lehnte ab, und sie bedrängte ihn weiter, wobei sie obendrein noch ein paar Beleidigungen einwarf. Schließlich antwortete Frank ihr überhaupt nicht mehr . Da Audrey ein Nein nicht akzeptieren konnte, fand er andere Wege, um sich ihren Forderungen zu entziehen, beispielsweise indem er schwieg, das Zimmer verließ oder das Thema wechselte. Passive Aggression in Reinkultur.
    Als Audrey Einfluss auf Frank gewonnen hatte, gelang es ihr, ihm die Einwilligung zu entlocken und ihren Willen durchzusetzen, ohne sich darum zu kümmern, was Frank dachte. Sie liebte ihn, aber sie ärgerte sich über ihn; sie provozierte seine Feindseligkeit, ohne sich allerdings damit oder mit ihrer eigenen Ablehnung auseinanderzusetzen. Mehr Managerin als Ehefrau, entsexualisierte sie ihn – in der Mehrzahl der Fälle verbannte sie ihn aus ihrem Bett auf die Wohnzimmercouch, weil »er so schnarchte, dass sie nicht schlafen konnte«. Frank unterwarf sich passiv der Verbannung. Anfangs fühlte er sich verletzt und erniedrigt, aber im Laufe der Zeit passte es ihm ganz gut, weil er so die Distanz aufrechterhalten konnte. Dann wurde er zu demjenigen, der die Kontrolle hatte: Wenn sie mit ihm schlafen wollte, war er nicht verfügbar. Er zog ständig auf die Couch, und die Verständigung zwischen ihnen verschlechterte sich weiter.
    Audrey, gefangen in ihrer Unzufriedenheit in Beruf und Liebe, intensivierte ihre Frustration und Wut, indem sie Frank erniedrigte. Sie erklärte, er solle sich stärker durchsetzen und ihr sagen, wenn er unzufrieden sei, aber die Wahrheit sah anders aus. So viel sie sich auch über ihn beschwerte, in Wirklichkeit war sie diejenige, die sein Problem

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