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Warum Maenner mauern

Warum Maenner mauern

Titel: Warum Maenner mauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Wetzler
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zum Beispiel einmal noch nach seiner gewöhnlichen Schlafenszeit mit den Eltern im Wohnzimmer. Sein Vater sprach ihn nicht direkt an, sondern erinnerte die Mutter: »Sag dem Jungen, er soll zu Bett gehen.« Ron meinte dazu: »Es hatte etwas Gespenstisches… als ob es mich nicht gäbe.« Als der passiv-aggressive Mann ein Kind war, sprach man mehr über ihn als mit ihm.
    Der Widerwille, sich in direkte Konkurrenz zum Vater zu begeben, und eine Mutter, die Machtspiele mit ihm trieb – das sind die besten Voraussetzungen für berufliche Probleme, wie sie ein anderer Patient erlebte. Bill, achtunddreißigjähriger Manager bei einer Einzelhandelskette, lehnte eine Beförderung ab, für die er in einen siebzig Kilometer entfernten Ort hätte ziehen müssen.
    Als er die Stelle ablehnte, glaubte Bill, er habe das Richtige für seine Familie getan, aber dann holten ihn die Folgen seiner Entscheidung ein. Je mehr er über die verweigerte Beförderung nachdachte, desto mehr quälten ihn diese Gedanken. Er hielt sich erst für verrückt, dann für dumm, dann für einen Versager. Ein halbes Jahr lang war er verwirrt und hasste sich selbst. Zu dieser Zeit kam er zu mir.
    Bill sprach über seine Eltern; er beschrieb seine Mutter als in ihn vernarrt, mit gewaltigen Erwartungen in seine zukünftigen Erfolge – »Sie wollte eine Rose Kennedy sein, die Mutter eines Präsidenten«, sagte er. Gleichzeitig machte sie seinen Vater fertig, nannte ihn »eine echte Enttäuschung«, obwohl er, objektiv gesehen, recht erfolgreich war.
    Mit eindrucksvollen Beispielen berichtete Bill über die vielen Konkurrenzkämpfe und Vergleiche mit seinem Vater, die seine Mutter für ihn organisierte, seit er sieben oder acht Jahre alt war. Er wollte für sie ein würdiges Gegenüber sein und machte ihre Spiele mit, denn er war zu jung und zu verwirrt, als dass er hätte erkennen können, warum er sich dabei nicht wohl fühlte. Als er älter wurde, hörte sie damit keineswegs auf. Sie schickte ihm einen Test für Allgemeinbildung, den sie aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte, und in dem beiliegenden Brief erklärte sie, sie erwarte, dass er seinen Vater übertreffe – dessen Testergebnis hatte sie ebenfalls beigefügt.
    Als ich ihn fragte, was er dabei empfunden habe, erwiderte er:
    Ich fand es schrecklich, dass sie mich wieder ins Rennen schickte. Es war abwegig von meiner Mutter, den Test zu schicken, und als ich sie fragte, warum sie es getan habe, spielte sie die Ahnungslose – sie habe gedacht, es würde mich interessieren, das sei alles.
    Aber ich weiß, dass sie das Bedürfnis hat, mich mit meinem Vater zu vergleichen. Mich wunderte nur eines: Obwohl es mich ärgerte, war ich durch das gute Ergebnis meines Vaters auch ein wenig eingeschüchtert.
    Bill entzog sich zunächst: Er erklärte seiner Mutter, er werde den Test nicht machen – ein typisch passiv-aggressives Zögern. Aber seine Mutter setzte ihm zwei Monate lang deswegen zu, und schließlich gab er nach: Er übertraf seinen Vater geringfügig. Bills von ihm selbst sabotierte Berufslaufbahn und die qualmende Spur gebremsten Ehrgeizes, die zurückblieb, waren teilweise eine Reaktion auf den übergroßen Stolz, den seine Mutter für ihn empfand. In den Gesprächen gestand Bill auch ein, er habe ihre Erwartungen immer als zu hoch empfunden – sie drehten sich stets um das, was sie sich von ihm wünschte, und nicht um seine eigenen Interessen. Da er glaubte, er könne den Maßstäben, die sie für ihn aufstellte, nie gerecht werden, erschien es ihm sinnlos, es überhaupt zu versuchen. Die Ablehnung der Beförderung war eine weitere Gelegenheit, bei der er es nicht probierte, eine weitere Situation, in der er nicht mit seinem Vater konkurrierte, dem »Verlierer«, der sich nie mit ihm messen konnte.
    Bill muss zwei Probleme lösen: Erstens muss er seinem unterdrückten Konkurrenzstreben freien Lauf lassen, statt es ständig zu kontrollieren, und zweitens muss er sich gegen seine Mutter zur Wehr setzen, wenn sie wieder einmal solche lächerlichen, Unfrieden stiftenden Forderungen an ihn heranträgt. In diesen Veränderungen liegt seine Hoffnung. Nur wenn er sich wirklich in die Konkurrenz hineinbegibt, kann ein passiv-aggressiver Mann die Angst davor überwinden – also die Angst, andere Männer zu übertreffen oder ihnen zu unterliegen. Und nur indem er seine Selbständigkeit behauptet, kann er seinen Abhängigkeitskonflikt beilegen.
    In dem Buch Garp, und wie er die Welt sah sagt der Held

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