Warum manche Menschen nie krank werden
war die durchschnittliche
Lebenserwartung zur damaligen Zeit so niedrig wie in Niger: gerade einmal 41 Jahre. Dennoch erfreuten sich Moussa und die Mitglieder seiner Familie einer erstaunlich robusten Gesundheit und Langlebigkeit, um die sie die meisten Menschen in den Industrienationen nur beneiden können. In Moussas Familie wurde dasselbe gegessen wie bei den Freunden und Nachbarn und ungefähr dasselbe Maß an körperlicher Betätigung absolviert (Fitnessstudios gab es natürlich nicht, aber wie überall in Afrika sind die meisten Menschen zu Fuß unterwegs und laufen oft auch noch schwer bepackt viele Kilometer am Tag.) Worin sich Moussas Familie aber ganz deutlich von Freunden, Nachbarn und den meisten ihrer Landsleute unterschied, waren ihre Gesundheit und Langlebigkeit. Als ich sie darauf ansprach, erntete ich wieder nur Schulterzucken.
Das sind die Fakten
Woran liegt es, dass manche Menschen (oder ganze Familien) tun und lassen können, was sie wollen, an den ungesündesten Orten und unter den ungünstigsten Bedingungen leben können und trotzdem immer gesund und munter bleiben? Diese Frage beschäftigt die Menschheit seit Jahrhunderten. Eng mit ihr verknüpft ist eine weitere Frage, die uns schon seit Ewigkeiten beschäftigt: »Wo kommen eigentlich die kleinen Babys her?«
Einer der ersten Gelehrten der westlichen Welt, der mit einer Antwort auf die Frage nach der Entstehung eines neuen Menschenlebens aufwartete, war Hippokrates: Beim Geschlechtsverkehr vermischen sich die Flüssigkeiten aus den
Organen (Lunge, Herz, Bauchspeicheldrüse und so weiter) von Mann und Frau, und aus diesem Gemisch entsteht neues Leben, lautete seine Erklärung.
Dem setzte Aristoteles später eine ganz andere Theorie entgegen: Der Same des Mannes stammt aus dem Blut, das von seinem Pneuma, seinem Geist und seiner Lebenskraft, beseelt ist. Der Same der Frau stammt aus ihrem Menstruationsblut und verändert das männliche Pneuma. Das Geschlecht des Kindes hängt von der Umgebungstemperatur während des Zeugungsaktes ab: Wünschen sich die zukünftigen Eltern einen Jungen, sollten sie auf einen warmen Tag warten, soll es ein Mädchen werden, empfiehlt sich der Beischlaf an einem kühleren Tag.
Im Laufe der Jahrhunderte gewannen Mediziner und Gelehrte zwar ein immer klareres Bild darüber, wie sich der Mensch reproduziert, doch wie sich die individuellen Eigenschaften und Wesenszüge eines jeden Menschen erklären ließen, blieb weiterhin lange Zeit rätselhaft. Parallel zu den wissenschaftlichen Forschungen experimentierten europäische Viehzüchter mit neuen Zuchtmethoden, von denen sie sich stärkere, schnellere und fügsamere Arbeitstiere versprachen. Wie Jim Endersby seinem Buch A Guinea Pig’s History of Biology schreibt, setzten die Viehzüchter auf die Kombination ihrer kollektiven Erfahrungswerte mit alten Bauernweisheiten und klassischen Lernprozessen. Sie unternahmen somit unwissentlich den ersten Schritt auf dem Weg zu fundierten Einsichten in die Vererbungslehre.
Im 17. Jahrhundert entwickelten Viehzüchter und Wissenschaftler ein zunehmendes Interesse füreinander und tauschten ihre Erkenntnisse aus. Im 19. Jahrhundert brachte die Beobachtung der Fremdbestäubung die erste Generation
an Biologen hervor, die sich offiziell mit den genetischen Erbanlagen von Pflanzen und Tieren befassten. Viele der frühen Hypothesen erwiesen sich als absolut untragbar, wie zum Beispiel die Rassenlehre von Sir Francis Galton, der behauptete, die menschliche Rasse ließe sich durch selektive Fortpflanzung verbessern.
Dann erschien der Mönch mit der Erbse auf der Bildfläche. Mit seinen Studien über die Reproduktion der gemeinen Erbse legte der österreichische Klosterbruder Gregor Mendel 1865 den Grundstein für die moderne Genetik. Mendels Wirken gab den Ausschlag dazu, dass bis heute fieberhaft und unermüdlich daran gearbeitet wird, die Geheimnisse unserer Gene zu entschlüsseln. Der derzeitige Wissensstand, so kurz und verständlich wie möglich zusammengefasst, ist folgender:
Im Kern jeder einzelnen Zelle Ihres Körpers (nur nicht in den roten Blutkörperchen) befinden sich 46 Chromosome: 23 von Ihrer Mutter und 23 von Ihrem Vater. Jedes Chromosom besteht aus Desoxyribonukleinsäure-Strängen (DNS) und enthält alle genetischen Informationen, die für die Entwicklung im Mutterleib und die lebenswichtigen Funktionen nach der Geburt erforderlich sind. Ihre Gene sind Abschnitte auf der DNS-Doppelhelix und für Ihre
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