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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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Monochord kürzer als 1/2 wird, verdopple man die erhaltene Länge. So verlässt man nie die Oktave des Grundtons. Dieses Verfahren setzt man so lange fort, bis die Saitenlänge des gerade erhaltenen neuen Tones nur so wenig von der Saitenlänge des Grundtones abweicht, dass der Unterschied nicht mehr hörbar ist. Das tritt beim 12ten Ton nach dem Grundton erstmals auf. Mit ihm ist dann die pythagoreische Tonleiter vollständig.
Die Pythagoräer
Sie saßen weltverloren
vor straff gespannter Saite
und trauten ihren Ohren.
O Monochord!
Sie horchten auf, als wären
es Töne aus der Weite
kristallner Himmelssphären.
O Monochord!
Sei nur kein Instrument,
das den Gesang begleite –
sei Schwingung, die erkennt!
O Monochord!
Verhältnis ganzer Zahlen
erweist die Welt als Ort
des ewig Rationalen.
O Monochord!
Tief dachten sie – und wussten,
dass sie sich irren mussten.
Sei du mein letztes Wort,
o Monochord!
Frieda Breschler, aus: Lob des Fünfecks ,
hrsg. von Alfred Schreiber
    Rechnen mit Tönen. Die pythagoreische Tonleiter beruht also, anders gesagt, auf der Übereinanderschichtung von 12 Quinten. Leider beinhaltet sie störende Unreinheiten, da das «His» der 12. Quinte geringfügig höher angesiedelt ist als das C von sieben übereinandergeschichteten Oktaven. Zwölf Quinten ergeben nämlich ein Frequenzverhältnis von genau 531.441 : 4.096 = 129,746 : 1, während sieben Oktaven das Frequenzverhältnis 128 : 1 haben.

Ton
Quinte
Frequenzverhältnis
C
0
1 : 1
G
1
2 : 3
D
2
4 : 9
A
3
8 : 27
E
4
16 : 81
H
5
32 : 243
Fis
6
64 : 729
Cis
7
128 : 2187
Gis
8
256 : 6561
Dis
9
512 : 19683
Ais
10
1024 : 59049
Eis
11
2048 : 177147
HisC
12
4096 : 531441
C
0
1 : 1
C
1
1 : 2
C
2
1 : 4
C
3
1 : 8
C
4
1 : 16
C
5
1 : 32
C
6
1 : 64
C
7
1 : 128
    Diese Tonleiter beruht auf der mathematischen Besonderheit, dass (3/2) 12 ungefähr gleich 2 7 ist. Der Unterschied zwischen den beiden Tönen, dem His der 12. Quinte und dem C der 7. Oktave, ist ein Frequenzverhältnis von genau 4096 · 128/531.441 = 2 7 /(3/2) 12 = 2 19 /3 12 = 524.288/531.441 = 128/129,746 = 1/1,01.364. Das Intervall mit diesem Verhältnis wird in der Musiktheorie als pythagoreisches Komma bezeichnet.
    In der Praxis versucht man beim Stimmen von Musikinstrumenten, das pythagoreische Komma, also diese kleine, wenn auch spürbare Abweichung, möglichst sinnvoll auf alle Töne zu verteilen. Damit sich in gleichstufig-temperierter Stimmung die Quintenspirale nach sieben Oktaven zum Quintenzirkel exakt schließt, muss das pythagoreische Komma beim Stimmen über die zwölf Quinten ausgebreitet werden. Die Wirkung dieser kleinen Interventionen liegt unterhalb des vom menschlichen Ohr Hörbaren.
Musikalisches Ahaha-Erlebnis
Sartori ist ein Begriff aus dem Zen-Buddhismus und bezeichnet dort eine kleine Erleuchtung, die in der Regel von Lachen begleitet wird. Meinen Favoriten unter den musikalischen Sartoris habe ich von Harry Rowohlt gelernt: Wenn man eine Flasche Rotwein zügig einschenkt, hört man dabei ein Glucksen nach den Noten:

Das ist exakt der Anfangsteil des Liedes Fuchs, du hast die Gans gestohlen. Probieren Sie’s doch mal aus. Am besten mit gutem Rotwein in guter Gesellschaft.
Warum nicht ein kleines akustisches Forschungsprojekt daraus machen, mit dem Weinkeller als Tonstudio: Kann man einen Wein an Melodie und Klangfarbe erkennen?
    Von elementarer Wichtigkeit ist bei Tonsystemen die Darstellbarkeit von Oktaven. Seit dem 19. Jahrhundert haben sich deshalb in der Musikwelt Tonleitern durchgesetzt, bei denen das Frequenzverhältnis zweier benachbarter Töne stets gleich ist. Diese werden als gleichstufige Tonleitern bezeichnet. In diesen Tonleitern tauchen Probleme dann auf, wenn auch noch andere Intervalle als die Oktave mit Tönen der Tonleiter gebildet werden sollen, etwa die Quinte mit ihrem Frequenzverhältnis von 3 : 2. Das ist jener Zweiklang mit der nach Prim und Oktave nächstbesten Konsonanz für das menschliche Ohr.
    Mathematisch bedeutet es, wenn in einem Tonsystem mit n Tönen pro Oktave eine Quinte durch 2 Töne im Abstand von k Tonschritten dargestellt werden soll, dass die n-te Wurzel von 2 zur k-ten Potenz erhoben gleich 3/2 sein muss: 2 k/n = 3/2. Die Beziehung ist exakt nicht erfüllbar, weil 2 k/n für jedes k = 1, 2, …, n – 1 keine rationale Zahl ist, 3/2 klarerweise aber doch. Es lässt sich lediglich eine Annäherung der beiden Ausdrücke erreichen. Die meisten Menschen können mit dem unausgerüsteten Ohr Töne nicht mehr trennen,

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