Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)
sexuellen Untertöne zu reduzieren, als etwas zu eng und dementsprechend als nicht ausreichend, um alle Formen des Humors zu erfassen. Ganz gewiss wird sie manchen Arten von Humor, die mir gefallen, nicht gerecht.
Auf mich wirkt die Unvereinbarkeitstheorie des Humors überzeugender. Sie ist sogar noch älter als Freuds Sicht und geht zurück auf den schottischen Dichter und Essayisten James Beatty, der 1776 schrieb: «Lachen entsteht durch den Anblick zweier widersprüchlicher, unpassender oder unvereinbarer Teile oder Umstände, die als ein Gesamtobjekt oder als zusammengehörig gesehen werden.»
Diese Sichtweise wird von dem zeitgenössischen Anthropologen Elliott Oring geteilt, einem Professor an der California State University in Los Angeles. In seinem Buch Jokes and Their Relation notiert er: «Das Begreifen von Humor hängt vom Erkennen einer bemerkenswerten Unvereinbarkeit ab – das heißt von der Wahrnehmung einer spürbaren Wechselbeziehung zweier Elemente aus Bereichen, die allgemein als unvereinbar betrachtet werden.» Mit anderen Worten gibt es bei einem Witz immer Elemente, die scheinbar inkongruent sind. Oring hat mit The Jokes of Sigmund Freud auch ein Buch über Freuds Humor geschrieben, in dem er behauptet, dass Freuds Repertoire an Witzen und seine Theorie des Humors mehr über Freud selbst aussagen als über Humor im Allgemeinen.
Computergenerierter Humor ist auch weiterhin meistens recht dünn. Eines der bekannteren Programme ist JAPE, das Joke Analysis and Production System, eine von den Wissenschaftlern Kim Binsted und Graeme Ritchie entwickelte Software, die Witze eigenständig produzieren soll. Hier nun ein Beispiel von JAPE in versuchter deutscher Übersetzung:
Wie nennt man einen Mörder mit Ballaststoffen?
Einen Zerealien-Killer!
Der Witz beruht im Englischen auf der lautlichen Ähnlichkeit von serial (Serien) und cereal (Zerealien).
Ganz putzig! Aber lustig? Jedenfalls scheinen mir die künstlichen Humoristen noch weit davon entfernt, den besten menschlichen Humorfachkräften auf Augenhöhe zu begegnen.
136. Zahlensprechweisen der Länder[ 1 ]
Das indisch-arabische Stellenwertsystem für die Schreibweise von Zahlen hat sich weltweit durchgesetzt, doch die Art und Weise, wie diese Zahlen gesprochen werden, zeigt in vielen Sprachen bemerkenswerte Besonderheiten.
Für die Franzosen ist die Zahl 90 quatre-vingt-dix, also vier zwanzig zehn (4 · 20 + 10), während die Belgier nonante sagen. Die Waliser benennen die Zahl 18 mit zweimal 9, die Bretonen mit dreimal 6, im Alamblak, gesprochen auf Papua-Neuguinea, wird sie verbal als fünfmal 2 + 1 plus 1 + 2 konstruiert. Ganz außergewöhnlich kombiniert die afrikanische Sprache Nimbia, die bei der Zahlwortkonstruktion ein Zwölfersystem einsetzt. Die 144 ist darin schlicht wo. Im Yoruba, gesprochen in Nigeria, wird die 25 als – 5 plus 30 gebildet.
Doch das sind eigentlich nur punktuelle Ungereimtheiten. Im Deutschen dagegen ist der Unterschied zwischen Schreib- und Sprechweise ganz planmäßig. Das Deutsche ist eine von ganz wenigen Sprachen in der Welt, bei denen zwar die Zahlen von links nach rechts geschrieben, aber in ganz anderer Weise gesprochen werden. Bei den Zahlen zwischen 13 und 99 – ohne die vollen Zehnerzahlen – ist es noch leicht, findet doch einfach eine Umkehrung statt. Die Zahl 21 wird nicht als zwanzigeins gelesen, sondern als einundzwanzig. Bei größeren Zahlen wird es dann geradewegs kurios. Liest man die Zahl 98.765, so hat man die Ziffern in der Reihenfolge 8, 9, 7, 5, 6 abzuarbeiten. Trifft man also beim Lesen auf diese Zahl und ist bei der 9 angelangt, muss man diese zunächst überspringen und mit der 8 beginnen, bevor man rückwärts zur 9 geht. Dann überspringt man die 8, um zur 7 zu kommen, überspringt die 6, um die 5 zu lesen, und geht rückwärts zur 6. Schließlich überspringt man die 5, um mit dem Lesen des Textes fortzufahren. Insgesamt sind bei der leserischen Bearbeitung dieser Zahl 4 Sprünge und 2 Rückwärtsbewegungen zu vollziehen. Ein komplexer Algorithmus ist es noch dazu, und man mag erstaunt sein, dass er doch mehrheitlich leidlich beherrscht wird. Unkomplizierter wäre eindeutig die unverdrehte Sprechweise in der Form neunzig-acht-tausend-sieben-hundert-sechzig-fünf. Jedoch sprechen wir Zahlen eben immer noch indogermanisch aus statt systematisch.
Die Gepflogenheit, die Zahlen zwischen 13 und 99 anders zu sprechen, geht nämlich zum Teil mehr als 4000 Jahre auf das damals
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