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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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vorzuziehen.
    Doch würde man beim Ernstfall im richtigen Leben wirklich so vorgehen? Würde man vom Standpunkt K sogleich ins Wasser springen und auf E losschwimmen? Ich glaube nicht. Rein instinktiv liefe man wohl zunächst ein gewisses Stück der Strecke von K in Richtung S am Strand entlang, sagen wir, bis zu einem Punkt P im Abstand x vom Punkt S, um dann schräg auf den Ertrinkenden zuzuschwimmen.

    Abbildung 9: Strategie der Rettung
    Der Punkt P des Wechsels vom Laufen zum Schwimmen wird dabei ganz intuitiv aus dem Bauch heraus gewählt.
    Nehmen wir nun die gesamte Situation noch einmal mit unserer mathematischen Brille in Augenschein. Wie ist die Vorgehensweise mathematisch zu bewerten, unmittelbar vom Standort K ins Wasser zu springen und schräg auf E loszuschwimmen? Wir stellen dazu eine anschauliche Überlegung an: Sie basiert auf einem Vergleich der Strategie des unmittelbaren Losschwimmens mit einer leicht modifizierten Vorgehensweise, bei der Herr K ein kleines Stück am Strand entlangläuft – bis K’ – und erst dann ins Wasser springt, um zu schwimmen.

    Abbildung 10: Analyse der Strategie des direkten Losschwimmens
    Bei dieser zweiten Variante stellt der Vektor u eine kleine Entfernung vom Punkt K dar, als Repräsentant des in einer kurzen Zeit gelaufenen Weges. Der Vektor w bezeichnet das Stück, um welches der in Richtung E zu schwimmende Anteil dabei verringert wird. Man erhält ihn, wenn man den Vektor von E bis zum Punkt K’, der den Schwimmanteil von Strategie 2 darstellt, senkrecht auf die Strecke EK projiziert, was den Vektor von E bis K* ergibt. Dieser Vektor ist genau um w kürzer als der Vektor von E bis K. Läuft Herr K zunächst bis zum Punkt K’, so muss er – auf die Richtung KE übertragen – weniger weit schwimmen, und diesen Vorteil quantifiziert w. Diesem Vorteil w steht die kurze zu laufende Strecke entgegen, die im Diagramm von u verkörpert wird. Im Saldo: u wirkt sich negativ auf die Gesamtzeit aus, w wirkt sich positiv aus. Welcher dieser beiden Effekte überwiegt den anderen?
    Um diese Frage zu beantworten, muss bedacht werden, dass man den Malus, den u verursacht, durch die Laufgeschwindigkeit r, und den Vorteil, den w repräsentiert, durch die Schwimmgeschwindigkeit s zu dividieren hat. Im konkreten Beispiel übersteigt der Vorteil den Nachteil. Sogleich loszuschwimmen wäre also kontraproduktiv.
Kontraproduktiv
Im Jahr der Behinderten 1981 gaben sich die Angestellten einer Groβtankstelle in New York besondere Mühe, um für ihre behinderten Kunden dieselben Möglichkeiten wie für andere Kunden zu schaffen. Das taten sie so lange, bis im September 1981 ein Rollstuhlfahrer in die Kassenzone rollte, zwei Angestellte mit einer Schusswaffe bedrohte und sich den Kasseninhalt aushändigen ließ. Der verwegene Rollstuhlfahrer hatte seinen Weg so optimiert, dass er innerhalb nur weniger Augenblicke wieder in der Dunkelheit verschwinden konnte.
Nach Alexander Tropf: Niederlagen, die das Leben selber schrieb
    Jetzt quantifizieren wir die beiden Effekte minutiös. Schreibt man α für den Winkel, unter dem Herr K direkt losschwimmen müsste, um E zu erreichen, dann ist mit elementarer Schultrigonometrie cos α = 8/170,5. Andererseits lässt sich cos α aber auch mittels der Längen |u| und |w| von u und w darstellen, und zwar als
    cos α = |w|/|u|.
    Also haben wir die Beziehung
    |w|/|u| = 8/17,
    und somit gilt

    Das bedeutet:
    |w|/s > |u|/r
Beta, Theta und Franz
Das erinnert mich an eine Mathe-Klausur, in der einem Mitschüler die griechischen Buchstaben ausgingen. Er nannte daraufhin einen Winkel «Franz».
R. H. Viehmann
    Die Interpretation dieser Beziehung liegt auf der Hand: Der zeitliche Bonus, den das initiale Loslaufen verschafft, repräsentiert durch |w|/s, ist größer als der zeitliche Malus, der für das Laufen aufgewendet werden muss, repräsentiert durch |u|/r. Diese Überlegungen ergeben, dass der optimale Punkt P, von dem aus am günstigsten mit dem Schwimmen zu beginnen ist, sich irgendwo im Inneren der Verbindungsstrecke KS befindet und nicht am Rand. Aber wo genau?
    Wie kann man die Lage dieses optimalen Punktes ermitteln? Richtig gelesen, gibt uns das folgende Diagramm Aufschluss. Es handelt sich um einen Schnappschuss des Entscheidungsproblems «Laufen oder Schwimmen», wenn sich der Abstand zwischen dem laufenden Herrn K und dem Punkt S auf den zu bestimmenden optimalen Abstand von x Entfernungseinheiten reduziert hat.

    Abbildung 11: Das

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