Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)
den verbleibenden Junggesellen verheiratet werden. Dazu betrachten wir s der verbleibenden n – k Frauen. Die k Frauen plus diese s Frauen müssen mindestens k + s Freunde haben aufgrund der Party-Bedingung. Da die Gruppe der k verheirateten Frauen insgesamt nur die Gruppe der Männer zu Freunden hatte, die sie geheiratet haben, müssen die s Frauen s andere Männer als die bereits verheirateten zu Freunden haben. Also erfüllen die n – k verbleibenden Frauen die Party-Bedingung mit den unverheirateten Männern. Geschafft.
Gerade noch mal Glück gehabt! Doch ohne Glück und Gunst ist die Kunst umsunst. Ende dieser denkakrobatischen Einlage. Eine kompakte Kreation ist es allemal: Alles andere als ein Satz ohne Eigenschaften. Und seine Begründung demonstriert eindrücklich den Synergieeffekt, wenn sich bei Denkwerkzeugen die Kompetenzen ergänzen.
Wenn man, wie hier Philip Hall, ein solch wunderbares Theorem bewiesen hat, so geht es einem im übertragenen Sinn wie einem Cowboy, der sich einen Colt umschnallt: Automatisch bekommt er einen anderen Gang. Und selbst bei geringer Anteilnahme am Beweis bleibt die Tiefensehkraft seines Schöpfers spürbar. Schade, dass man ein Theorem nicht umarmen kann!
23. Rekursionsprinzip im Alltag
In der Mathematik bedeutet Rekursion im Wesentlichen, etwas auf eine Version von sich selbst zurückzuführen. Reizvoll und einsatzfähig als Denkwerkzeug der Problemlösung ist das Rekursionsprinzip dann, wenn die entstehende Version des Problems von einfacherer Natur ist als das Ausgangsproblem. Dieser Vorgang der Zurückführung einer schwierigeren auf eine leichtere Problemversion lässt sich anschließend abermals durchführen, so lange, bis man zu einer Schwundstufe des Problems gelangt, welche direkt lösbar ist.
Reproduktion als Rekursion
Ein gutes Ei ist eiförmig. Weicht es einmal von seiner Gestalt ab, dauert es nicht lange, bis es Federn und Flügel bekommt. Und danach, darüber darf man sich nicht täuschen, das fliegende Ei, das kopulierende Ei und – was der Gipfel der Absurdität ist – das eierlegende Ei.
Norman Frederick Simpson (*1919), englischer Dramatiker
Den Menschen haben die Nukleinsäuren erfunden, damit sie sich auch auf dem Mond reproduzieren können.
Sol Spiegelman (1914–1983), US-amerikanischer Molekularbiologe
Ins Leere läuft das Rekursionsprinzip hingegen, wenn die entstehende Problemversion mindestens genauso schwierig ist wie das Ausgangsproblem. Diesem Fall begegnen wir in folgender Nachricht:
Viele Hunderte von Frauen sind bei
Teheraner Fahrschulen auf Wartelisten,
um das Autofahren zu erlernen und den
Führerschein zu bekommen. Getreu
der islamischen Tradition darf aber kein
männlicher Fahrlehrer eine Frau unterrichten.
Verzweifelt suchen daher die Fahrschulen
Fahrlehrerinnen. Der Erfolg ist ungewiss.
Denn um Fahrlehrerinnen auszubilden,
müsste es erst einmal fahrtüchtige
Lehrerinnen der Fahrlehrerinnen geben.
Nach Alexander Tropf: Niederlagen, die das Leben selber schrieb
24. Die Nicht-Einerleiheit der Einheiten
Diese Miniatur beginnt mit einem Gedankensplitter aus der Serie «Was alles nicht gilt».
Es ist Unsinn zu behaupten, dass 1 Euro = 10.000 Cent sind.
Doch wo steckt der Fehler, wenn ich es Ihnen folgendermaßen schmackhaft mache?
1 Euro = 100 Cent
z Euro = 100 · z Cent.
Also durch Multiplikation beider linken und beider rechten Seiten
1 · z Euro = 100 · 100 · z Cent.
Und nach Kürzen von z auf beiden Seiten ergibt sich die hübsche Euro-Vision
1 Euro = 10.000 Cent.
Der Gedankenfluss sieht ganz vernünftig aus. Aber was da als Saldo unter dem Strich steht, ist eindeutig falsch. Denken ist offenbar ein seltsames Tun, manchmal geht’s und manchmal geht’s nicht.
Irgendwo muss ein Denkfehler vorliegen. Allein wo? Die Antwort lautet: Der Fehler hat sich durch die inkorrekte Handhabung der Einheiten Euro und Cent eingeschlichen. Nach Multiplikation der linken und rechten Seiten müssen bei korrekter Buchführung die Einheiten Euro und Cent im Quadrat auftreten. Ganz Ähnliches lässt sich mit Meter und Zentimeter durchführen, wodurch der Unterschied zwischen Längenmaßen, also eindimensionalen Größen, und Flächenmaßen, also zweidimensionalen Größen, deutlich wird. Deshalb bitte nicht vergessen: Zahlen, die etwas messen – Größe, Gewicht, Fläche etc. –, haben Dimensionen und Einheiten. Und mit Einheiten kann man auch rechnen, muss man sogar, denn auch auf diese kommt es beim Rechnen an. Einheiten und
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