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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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vorhersagen (eine Zahl von 3 bis 18). Wer der tatsächlichen Summe am nächsten kommt, gewinnt.
    Mehr als drei Jahrhunderte später wandten sich einige Florentiner Edelmänner an den schon damals berühmten Galileo Galilei (1564–1642), da ihnen beim Spiel aufgefallen war, dass die Augensummen 10 und 11 häufiger aufzutreten schienen als die Summen 9 und 12. Das kam ihnen seltsam vor und sie waren ratlos, da eine Auflistung ergeben hatte:
    9 = 1 + 2 + 6 = 1 + 3 + 5 = 1 + 4 + 4 = 2 + 2 + 5 = 2 + 3 + 4 = 3 + 3 + 3
10 = 1 + 3 + 6 = 1 + 4 + 5 = 2 + 2 + 6 = 2 + 3 + 5 = 2 + 4 + 4 = 3 + 3 + 4
11 = 1 + 4 + 6 = 1 + 5 + 5 = 2 + 3 + 6 = 2 + 4 + 5 = 3 + 3 + 5 = 3 + 4 + 4
12 = 1 + 5 + 6 = 2 + 4 + 6 = 2 + 5 + 5 = 3 + 3 + 6 = 3 + 4 + 5 = 4 + 4 + 4
    Für die Augensummen 9, 10, 11, 12 gibt es also jeweils eine identische Anzahl von Kombinationen von Ausfällen, die sie bilden, nämlich 6. Also sollten auch alle 4 Augensummen langfristig gleich häufig erscheinen, meinten die Gentiluomini.
    Wie würden Sie den Edelmännern ihren Irrtum beweisen? Sie sind nur einen ganz kurzen Gedankengang von Galilei entfernt und können die Denkweise dieses großen Mannes über eine Entfernung von 400 Jahren berühren.
    Galileis Antwort bestand im Kern darin zu erklären, dass die obige Auflistung unvollständig ist, und den Edelmännern darzulegen, dass etwa die Kombinationen 1, 2, 6 und 1, 4, 4 und 3, 3, 3 im Fall der Augensumme 9 nicht alle gleich wahrscheinlich sind. Es macht hinsichtlich der Auftretenswahrscheinlichkeit einen Unterschied, ob die 3 beteiligten Zahlen allesamt verschieden sind oder nicht.
    Alternativ kann man auch die Buchführung der Einzelfälle verfeinern. Ein vollständiges Verzeichnis für die Augensumme 9 müsste die 6 oben aufgeführten Kombinationen weiter unterteilen, und zwar so:
    1 + 2 + 6, 1 + 6 + 2, 2 + 1 + 6, 2 + 6 + 1, 6 + 2 + 1, 6 + 1 + 2
1 + 3 + 5, 1 + 5 + 3, 3 + 1 + 5, 3 + 5 + 1, 5 + 3 + 1, 5 + 1 + 3
1 + 4 + 4, 4 + 1 + 4, 4 + 4 + 1
2 + 2 + 5, 2 + 5 + 2, 5 + 2 + 2
2 + 3 + 4, 2 + 4 + 3, 3 + 2 + 4, 3 + 4 + 2, 4 + 3 + 2, 4 + 2 + 3
3 + 3 + 3
    Für drei verschiedene Zahlen als Summanden gibt es also 6 mögliche Aufteilungen auf die 3 Würfel, bei zwei gleichen Zahlen nur 3 und bei drei gleichen Zahlen nur 1. Wendet man diese höher auflösende Auflistung für die anderen Augensummen entsprechend an, ergeben sich für die 9 und die 12 jeweils 25 mögliche Fälle, die allesamt gleich wahrscheinlich sind (mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils (1/6) 3 ). Für die 10 und die 11 ergeben sich genau 27 Fälle mit derselben Wahrscheinlichkeit. Also treten die Augensummen 10 und 11 gegenüber den Augensummen 9 und 12 langfristig tatsächlich geringfügig öfter auf. Das nur gefühlte Wissen der Edelmänner ist damit intellektuell fixiert.
28. Ein wahres und rares Mirakel von der Theorem-Front: Verlust + Verlust = Gewinn
    Zwei ungünstige Spiele kann man unter Umständen zu einem günstigen Spiel kombinieren. Das ist die Kernaussage eines mathematischen Paradoxons, das der spanische Physikprofessor Juan Parrondo 1997 entdeckte. Er hat es unter großem intellektuellen Aufwand generiert. Gut und überschaubar verdeutlichen lässt es sich an folgendem Szenario zweier Spiele gegen eine Spielbank:

    Abbildung 25: Spiel 1 und Spiel 2 bei Parrondos Paradoxon
    Beim ersten Spiel zahlt man eine Spielgebühr und gewinnt oder verliert je einen Euro mit Wahrscheinlichkeit 1/2. Es könnte etwa eine Münze geworfen werden. Beim zweiten Spiel dagegen hängen die je aktuellen Chancen vom bisherigen Spielverlauf ab. Dieses zweite Spiel hat folgende Struktur: Ist der bislang angesammelte Gewinn K n (Verlust ist dabei ein negativer Gewinn) des Spielers ein Vielfaches von 3, dann verliert er mit Wahrscheinlichkeit 9/10 einen Euro und mit Wahrscheinlichkeit 1/10 gewinnt er einen Euro. Dieser Fall ist offensichtlich für den Spieler ungünstig. Der andere Fall – der derzeitige Gewinn ist kein Vielfaches von 3 – ist dagegen für den Spieler günstig. Dann gewinnt er mit Wahrscheinlichkeit 3/4 einen Euro und verliert mit Wahrscheinlichkeit 1/4 einen Euro. Beide Fälle von Spiel 2 sind gerade so konstruiert, dass sich im Mittel Gewinn und Verlust die Waage halten. Doch aufgrund der zu leistenden Spielgebühr haben wir es auch hier langfristig mit einem Verlustspiel zu tun.
    Und nun kommt das Weltbewegende: Wenn der Spieler vor jeder Spielrunde eine Münze wirft, ob Spiel 1 oder Spiel 2 gespielt wird, dann ist das so kombinierte Spiel 3 für

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