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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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Franks haben nachgewiesen, dass manche Ameisenarten mit diesem Smart Tool die Größe von Flächen vermessen, die viel größer als ihre Sensorreichweiten sind.
    Versetzen Sie sich doch einmal in diese Situation. Angenommen, Sie sind allein in einer Höhle. Sie sollen die Größe der Grundfläche dieser Höhle bestimmen, ohne Echolot, Maßband und im Dunkeln. Selbst erfahrene Ingenieure sind mit einer derartigen Problemstellung wahrscheinlich überfordert. Doch die Natur hat die Ameisen der Art Leptothorax albipennis mit einer Ausstattung versehen, mit der sie diesen mathematischen Klimmzug jedes Mal ausführen können, wenn sie umziehen.
    Ameisenkolonien dieser Art wohnen in niedrigen Höhlen zwischen Felsspalten. Ist eine Kolonie – die aus einer Königin, ihrer Brut und 50 bis 100 Arbeitern besteht – gezwungen umzuziehen, etwa weil ihr Nest zerstört wurde, so schickt die Kolonie zunächst einmal Späher aus, um eine geeignete neue Höhle zu finden. Wenn die Ameisen die Wahl haben, so bevorzugen sie Nester einer gewissen Standardgröße bezogen auf die Größe der Kolonie. Die Späher müssen also die Nester vermessen, die sie prüfen. Aber wie? Für die Kleinhirne der Ameisen sind das Großproblemata, die sie aber bravourös macro-managen. Sind wir überrascht? Nein! Allein, wie machen sie es?
    Mallon und Franks fanden heraus, dass die Späher etwa 2 Minuten in einer jeden Höhle willkürlich hin und her hasten. Außerdem besuchen die Späher eine in Frage kommende Höhle zweimal, bevor sie der Kolonie ihre Ergebnisse verkünden. Beim ersten Besuch hinterlässt der Späher eine Pheromon-Duftspur während seiner Zufallswanderung in der Höhle. Beim zweiten Besuch wählt er einen anderen Zufallsweg im Inneren der Höhle, der wiederholt den ersten Weg kreuzt. Wenn dies geschieht, bleiben die Späher für einen Moment stehen, als machten sie eine kleine mentale Notiz von diesem Ereignis. Mallon und Franks haben empirisch die Hypothese belegt, dass ein Späher eine Schätzung der Grundfläche der Höhle aus der Anzahl der Kreuzungen der beiden Zufallswege vornehmen kann. In der Tat ist die geschätzte Grundfläche G einer Höhle umgekehrt proportional zur Anzahl der Überschneidungen N zwischen zwei Mengen von Linien der Gesamtlängen K und L, die zufällig über den Boden geworfen werden:

    Diese Formel zeigt, dass die Anzahl der Überschneidungen zwischen zwei Kollektiven von Streckenzügen als einfache Faustregel für Flächenschätzungen verwendet werden kann. Darüber hinaus ist diese Art von Buffon’schem Nadelalgorithmus relativ unempfindlich gegenüber der speziellen Gestalt der Fläche, die vermessen werden soll, und auch gegenüber dem exakten Muster der Spuren, die hinterlassen werden, solange diese nicht in nur einer Region konzentriert sind. Auch funktioniert die Methode sogar im Dunkeln und ist relativ präzise: Nester, die halb so groß sind wie andere, ergeben etwa doppelt so große Kreuzungshäufigkeiten.
    Interessanterweise wurden von den Ameisen dann zu große Nester bezogen, wenn die Experimentatoren die Hälfte der ersten Duftspuren entfernte. In diesem Fall überschätzten die Ameisen die Größe ziemlich genau um das Doppelte. «Unsere Forschungsergebnisse, dass einzelne Ameisen recht akkurate Einschätzungen von Nestbereichen auf der Grundlage einer quantitativen Faustregel vornehmen können, zeigt, wie manche Tiere robuste Algorithmen zur Informationsgewinnung einsetzen, um wohl-informierte quantitative Entscheidungen zu treffen», so Mallon und Franks. Mit solch smartem Tool im Aktionsmodul lässt sich selbst in versierten Ingenieurszirkeln Ehre einlegen und Jubel auslösen.
125. Tierische Arithmetiker
    Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass manche Tierarten Grundformen einer Zahlenkompetenz besitzen und in begrenztem Ausmaß tatsächlich zählen können. Einige können sogar noch mehr. So haben japanische Wissenschaftler kürzlich herausgefunden, dass Elefanten addieren können. Gaben die Biologen vor den Augen eines Elefanten in einen Korb zunächst 3 und anschließend noch einmal 4 Äpfel, so entschied sich das Tier lieber für diesen Korb als für einen, in den erst ein Apfel, dann weitere 5 Äpfel gegeben worden waren.
    Schwieriger als die Addition ist die Subtraktion. Doch auch Subtrahierer findet man im Tierreich. So berichtet schon Tobias Dantzig 1930 in seinem Buch Number, the language of Science von einem Schlossbesitzer, der einen Raben fangen wollte, der sein Nest in einem

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