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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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Experten, die immerhin zu 65 % richtig lagen. Selbst bei schwierigen Fragen wie «Wer gehört nicht zu Dorothys Begleitern in Der Zauberer von Oz?» lag das Publikum richtig. Dies ist ein Beispiel für die Intelligenz von Gruppen, ein Phänomen, dem die Wissenschaft schon seit geraumer Zeit nachgeht.
    Die Soziologin Kate Gordon hatte in Studien zur kollektiven Intelligenz 200 Studenten gebeten, Objekte nach Gewicht zu reihen. Es ergab sich, dass der gemittelte «Schätzwert» der Gruppe 94 % der Objekte korrekt reihte – ein Wert, der nur von 5 der 200 individuellen Schätzer übertroffen wurde. Der Wirtschaftswissenschaftler Jack Treynor ließ seine Studenten die Zahl der Bohnen in einem Glas schätzen, das genau 850 Bohnen enthielt. Das Gruppenmittel war 871. Nur einer von 65 Studenten lag mit seiner Schätzung näher an der Wahrheit als dieser Gruppenwert.
    Noch früher, nämlich schon 1906, hatte der Statistiker Francis Galton beim Besuch eines Volksfestes eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht. Anlässlich des Festes gab es auch einen Wettbewerb, bei dem das Gewicht eines Ochsen geschätzt werden sollte. Galtons Meinung war bis dato gewesen, dass die Kompetenz der Menschheit als Ganzer in allen Fragen von nur wenigen fähigen Individuen bestimmt werde. Zu seiner großen Überraschung gab der Durchschnittswert der Einzelschätzungen das Gewicht des Ochsen ziemlich genau an und besser, als alle anwesenden Experten es geschätzt hatten, darunter einige Metzger. Die Beispiele signalisieren, dass es Probleme und kognitive Aufgaben gibt, die Menschenmassen präziser und besser lösen können, als selbst Experten es vermögen. Es ist eine andere Art von Gesetz der großen Zahlen, ein Kompetenzvorteilsprinzip der Vielen gegenüber den Einzelnen.
    Diesem Phänomen der Intelligenz der Masse begegnet man auch im Tierreich, ganz ausgeprägt bei Ameisen. Ameisen finden leicht den kürzesten Weg zu einer Futterquelle. Das funktioniert mit den von ihnen hinterlassenen Duftstoffen, mit denen jede Ameise ihren Weg kennzeichnet. Andere Ameisen orientieren sich an den Duftstoffen ihrer Vorgängerinnen. Auch Hindernisse sind kein Problem. Die ersten Ameisen wählen zunächst mehr oder weniger zufällig ihren Weg, links oder rechts um ein Hindernis herum, das sich auf ihrem Weg zur Futterquelle befindet. Spätere Ameisen registrieren den Duft und bevorzugen stärker ausgeprägte Duftspuren. Dies sind die Duftspuren auf dem kürzeren Weg. Auf diese Weise entsteht ein sich selbst verstärkender Prozess, der relativ schnell dazu führt, dass alle späteren Ameisen den kürzesten Weg zum Futter um das Hindernis herum einschlagen und nicht den längeren.
    Eine einzelne Ameise findet den kürzesten Weg nur durch Zufall. Aber ein ganzes Ameisenensemble bewältigt Dinge, die selbst in den kühnsten Träumen einzelner Ameisen nicht auftauchen. Auch in der Informatik werden neuerdings heuristische Suchverfahren angewendet – so genannte Ameisensysteme –, deren Vorgehensweise sich an dieser Strategie von Ameisenkolonien bei der Futtersuche orientiert. Die moderne Informatik, naturcool.
    Schlaue Mengen. Auch für Prognosen lässt sich dieses Verfahren einsetzen. Im Mai 1968 sank die USS Scorpion. Die Suche schien hoffnungslos, kam doch ein riesiges Areal von mehreren Hundert Seemeilen Ausdehnung für die Lage des U-Bootes in Frage. Dann hatte der Offizier John Craven eine originelle Idee. Er versorgte eine große Zahl von Experten und Wissenschaftlern mit den zur Verfügung stehenden Daten und ließ sie unabhängig voneinander auf den Ort wetten, an dem das U-Boot sich befinden könnte. Anschließend errechnete er den Mittelwert aller abgegebenen Tipps und führte dort eine Suche durch. Die Scorpion wurde nur 200 m entfernt von den Koordinaten des Mittelwerts gefunden. Der Mittelwert war näher am letztendlichen Fundort als jeder Einzeltipp. Die Masse ist ein oft verkanntes Genie.

    Abbildung 81:[ 1 ] Ameisen zwischen Bau und Futter
A: Ameisen auf einem hindernisfreien Weg zum Futter
B: Weg mit Hindernis. Jede Ameise wählt zunächst rein zufällig einen Weg links bzw. rechts um das Hindernis herum und hinterlässt dabei Duftstoffe
C: Auf dem kürzeren Weg ist die Konzentration der Duftstoffe gröβer
D: Spätere Ameisen bevorzugen den Weg mit der höheren Konzentration der Duftstoffe
123. GPS-Koordinaten Homezone: 49° 29’ 10” Nord, 8° 28’ 54” Ost
    Ameisen sind soziale Tierchen, die ihr ganzes Leistungsspektrum erst in der

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