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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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werden. Durch die inklusiven Wirtschaftsinstitutionen erhielten Persönlichkeiten mit Talent und Weitblick wie James Watt die Gelegenheit und den Ansporn, ihre Fähigkeiten und Ideen umzusetzen und das System auf eine für sie und die Nation gleichermaßen nützliche Art zu beeinflussen. Natürlich hatten auch diese Pioniere, sobald sie Erfolg erzielten, den gleichen Hang wie ihre Vorgänger: Sie wollten Außenstehende daran hindern, in ihrem Geschäftsbereich mit ihnen zu konkurrieren, und hatten Angst vor der schöpferischen Zerstörung, die sie genauso in den Bankrott treiben konnte, wie sie zuvor andere ruiniert hatten. Aber nach 1688 wurde es schwieriger, solche Bestrebungen zu realisieren. Im Jahr 1775 meldete Richard Arkwright ein umfassendes Patent an, das ihm, wie er hoffte, zu einem künftigen Monopol über die zügig expandierende Baumwollindustrie verhelfen würde. Doch er konnte die Gerichte nicht dazu bewegen, sein Patent anzuerkennen.
    Warum begann dieser beispiellose Prozess in England und warum im 17. Jahrhundert? Warum wurden in England die extraktiven von pluralistischen politischen Institutionen abgelöst? Wie wir erläutert haben, entfalteten sich die politischen Vorgänge, die zur Glorreichen Revolution führten, vor dem Hintergrund mehrerer miteinander verknüpfter Ereignisse. Im Mittelpunkt stand der politische Konflikt zwischen dem Absolutismus und seinen Gegnern. Der Ausgang dieser Auseinandersetzung machte nicht nur die Versuche zunichte, in England einen neuen und stärkeren Absolutismus zu schaffen, sondern er stärkte auch diejenigen, welche die gesellschaftlichen Institutionen radikal umgestalten wollten. Die Gegner des Absolutismus beabsichtigten nicht, nur eine andere Version dieser Herrschaftsform aufzubauen. Es ging nicht einfach darum, dass das Haus Lancaster das Haus York im Rosenkrieg besiegte, sondern vielmehr ließ die Glorreiche Revolution eine neue, konstitutionelle Herrschaft und eine pluralistische Regierung entstehen.
    All das war eine Folge der Entwicklungstendenzen englischer Institutionen vor dem Hintergrund von Umbruchphasen. Im vorigen Kapitel haben wir geschildert, wie nach dem Ende des Weströmischen Reiches feudale Institutionen in Westeuropa aufkamen. Der Feudalismus griff in ganz Europa, West wie Ost, um sich. Aber wie wir im vierten Kapitel aufgezeigt haben, entwickelten sich West- und Osteuropa nach dem Schwarzen Tod in völlig verschiedene Richtungen. Kleine Unterschiede im Aufbau politischer und wirtschaftlicher Institutionen bewirkten, dass die Machtverhältnisse im Westen eine institutionelle Verbesserung, im Osten hingegen eine institutionelle Verschlechterung erzeugten. Gleichwohl war dies kein Weg, der automatisch zu inklusiven Institutionen führte. Dazu mussten zuvor zahlreiche Umbrüche erfolgen. Mit Hilfe der Magna Carta hatte man elementare Grundlagen für eine konstitutionelle Herrschaft gelegt, doch in vielen anderen Teilen Europas, sogar Osteuropas, kam es zu ähnlichen Kämpfen um vergleichbare Dokumente. Trotzdem entfernten sich West- und Osteuropa nach dem Schwarzen Tod weit voneinander. Urkunden wie die Magna Carta übten im Westen plötzlich einen größeren Einfluss aus, während sie im Osten kaum eine Bedeutung hatten. In England hatte sich noch vor den Konflikten des 17. Jahrhunderts die Regel herausgebildet, dass der König ohne Zustimmung des Parlaments keine neuen Steuern erheben durfte. Nicht weniger wichtig war die allmähliche Machtverschiebung von den herrschenden Eliten hin zur Allgemeinheit der Bürger, wie die politische Mobilisierung der ländlichen Gemeinden und Ereignisse wie der Bauernaufstand von 1381 veranschaulichen.
    Diese Entwicklung der Institutionen führte nun zur Wechselwirkung mit einer anderen grundlegenden Veränderung, die durch die gewaltige Expansion des Atlantikhandels ausgelöst wurde. Wie wir im vierten Kapitel dargelegt haben, hing ihr Einfluss auf die institutionelle Entwicklung davon ab, ob es der Krone gelang, den Handel zu monopolisieren. In England verfügte das Parlament über etwas mehr Macht als die Monarchie, weshalb die Tudor- und Stuart-Herrscher zu einem solchen Schritt nicht fähig waren. So entstand eine neue Schicht von Händlern und anderen Geschäftsleuten, die sich dem Plan, den Absolutismus in England neu zu erschaffen, aggressiv widersetzten. Beispielsweise gab es 1686 in London 702 Kaufleute, die ihre Waren in die Karibik exportierten, und 1283, die Waren von dort importierten.

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