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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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halbiert, was mit einer zunehmenden Verarmung der spanischen Bevölkerung einherging. Die spanischen Einkommen sanken, während England reich wurde.
    Das Fortbestehen und die Stärkung des Absolutismus in Spanien – zu einer Zeit, in der er in England beseitigt wurde – liefern ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr es in kritischen Phasen auf kleine Unterschiede ankam, die in dem Einfluss und dem Charakter repräsentativer Institutionen bestanden. Die Umbruchphase entstand durch die Entdeckung Amerikas. Die Interaktion zwischen beiden bewirkte, dass Spanien einen ganz anderen institutionellen Pfad einschlug als England. Die relativ inklusiven Wirtschaftsinstitutionen, die sich in England herausbildeten, bewirkten eine nie dagewesene Wirtschaftsdynamik, die ihren Höhepunkt in der Industriellen Revolution fand, während in Spanien keine Industrialisierung erfolgte. Als sich die industriellen Verfahren in vielen Teilen der Welt ausbreiteten, war das spanische Unternehmertum derart geschrumpft, dass die Krone und die Elite der Grundbesitzer nicht einmal die Notwendigkeit sahen, die Industrialisierung zu blockieren.

Furcht vor Industrie
    Ohne eine Veränderung der politischen Institutionen und der politischen Macht wie in England nach 1688 hatten die absolutistischen Länder kaum eine Möglichkeit, von den technischen Neuerungen der Industriellen Revolution zu profitieren. In Spanien zum Beispiel hatten das Fehlen gesicherter Eigentumsrechte und der verbreitete wirtschaftliche Verfall zur Folge, dass die Menschen keinerlei Ansporn verspürten, Opfer zu bringen und die erforderlichen Investitionen zu tätigen. In Russland und Österreich-Ungarn waren es nicht nur die Nachlässigkeit und das Missmanagement der Eliten sowie der heimtückische wirtschaftliche Niedergang unter den extraktiven Institutionen, welche die Industrialisierung verhinderten. Vielmehr bremsten die Herrscher jeglichen Versuch, neue Techniken einzuführen und in die Infrastruktur zu investieren – etwa in Eisenbahnen, welche die technische Entwicklung hätten stimulieren können.
    Zur Zeit der Industriellen Revolution im 18. und frühen 19. Jahrhundert unterschied sich die politische Karte Europas erheblich von der heutigen. Das Heilige Römische Reich, ein Flickwerk aus über vierhundert Staaten, von denen sich die meisten schließlich zu Deutschland zusammenfügen sollten, nahm den größten Teil Zentraleuropas ein. Das Haus Habsburg war noch eine bedeutende politische Kraft, obwohl Spanien, nachdem die Bourbonen den Thron im Jahr 1700 an sich gebracht hatten, nicht mehr dazugehörte, und sein Österreichisch-Ungarisches Reich umfasste ein riesiges Gebiet von rund 647500 Quadratkilometern. Mit einem Siebtel der Bevölkerung des Kontinents war es der drittgrößte Staat Europas. Im späten 18. Jahrhundert verleibte sich das Habsburger Reich auch das heutige Belgien ein, damals als Österreichische Niederlande bekannt. Den größten Teil machte der zusammenhängende Block um Österreich und Ungarn aus, darunter die Tschechische Republik und die Slowakei im Norden sowie Slowenien, Kroatien und weite Flächen Italiens und Serbiens im Süden. Im Osten waren dem Reich große Landstriche des heutigen Rumänien und des heutigen Polen eingegliedert.
    Kaufleute hatten im Reich der Habsburger eine viel geringere Bedeutung als in England, da die Leibeigenschaft in Osteuropa weiterbestand. Wie im vierten Kapitel dargestellt, bildeten Ungarn und Polen den Kern der Zweiten Leibeigenschaft. Im Gegensatz zu den Stuarts gelang es den Habsburgern, eine ausgeprägt absolutistische Herrschaft aufrechtzuerhalten. Franz II., der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1792–1806) und dann als Franz II. Kaiser von Österreich-Ungarn bis zu seinem Tod im Jahr 1835, war ein kompromissloser Absolutist. Er duldete keine Beschränkung seiner Macht und wollte in erster Linie den politischen Status quo bewahren, weshalb er sich jeglichem Wandel widersetzte. 1821 hielt er vor den Lehrern einer Schule in Laibach eine für die Habsburger Herrscher charakteristische Rede. Darin machte er deutlich, dass er dienstwillige junge Männer benötige, die seinen Befehlen gehorchten und keine neuen Ideen vorbrachten.
    Kaiserin Maria Theresia (1740–1780) reagierte häufig auf Vorschläge zur Verbesserung von Institutionen mit der Bemerkung: »Lasst alles, wie es ist.« Gleichwohl versuchten sie und ihr Sohn Joseph II., der zwischen 1780 und 1790 herrschte, einen

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