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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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in einer anderen Zeit und einer anderen Region zu befinden. Die Gegend ist weitgehend verwüstet, und der Boden ist nicht grün, sondern braun und entwaldet. Statt in modernen Häusern mit fließendem Wasser, Toiletten und jeglichem Komfort wohnen die Menschen in elenden Hütten und kochen auf offenen Feuern. Das Leben ist in der Tat traditionell geprägt, weit entfernt von der modernen Existenz im Osten des Flusses. Mittlerweile wird es den Leser nicht mehr überraschen, dass diese Unterschiede auf bedeutenden Kontrasten zwischen den Wirtschaftsinstitutionen an den beiden Ufern des Flusses beruhen.
    Im Osten, in Natal, finden wir das Recht auf Privateigentum, ein funktionierendes Rechtssystem, Märkte, eine kommerzielle Landwirtschaft sowie Industrieanlagen. Im Westen dagegen, in der Transkei, verfügen die Menschen über einen gemeinschaftlichen Grund und Boden und traditionelle Chiefs. Durch die Linse von Lewis’ Theorie der dualen Wirtschaft betrachtet, spiegelt der Kontrast zwischen der Transkei und Natal die Probleme der afrikanischen Entwicklung wider. Wir können sogar festhalten, dass früher ganz Afrika der Transkei glich: arm mit vormodernen Wirtschaftsinstitutionen, einer rückständigen Technik und einer Häuptlingsherrschaft. Aus dieser Perspektive betrachtet, braucht man für eine bessere Wirtschaftsentwicklung die Weichen nur so zu stellen, dass in der Transkei die gleichen Voraussetzungen geschaffen werden, wie sie in Natal herrschen.
    Daran ist viel Wahres, aber diese Betrachtungsweise lässt außer Acht, wie das duale System entstand und welche Beziehung es zur modernen Wirtschaft hat. Die Rückständigkeit der Transkei ist nicht bloß ein historischer Überrest der natürlichen afrikanischen Zurückgebliebenheit. In Wirklichkeit entstand die duale Wirtschaft in der Transkei und Natal vor relativ kurzer Zeit und ist alles andere als natürlich. Sie wurde von den weißen südafrikanischen Eliten geschaffen, um ein Reservoir an billigen Arbeitskräften für ihre Unternehmen zu garantieren und um die Konkurrenz durch schwarze Afrikaner zu verringern. Die duale Wirtschaft liefert ein weiteres Beispiel für eine künstlich hervorgebrachte, nicht für eine natürlich entstandene und seit Jahrhunderten existierende Unterentwicklung.
    Südafrika und Botswana konnten, wie wir später noch erläutern werden, die schlimmsten Auswirkungen des Sklavenhandels und der von ihm verursachten Kriege vermeiden. Zu den ersten wichtigen Kontakten von Südafrikanern mit Europäern kam es 1652, als die Niederländische Ostindien-Kompanie einen Stützpunkt in der Tafelbucht, dem heutigen Hafen von Kapstadt, errichtete. Damals war der Westen Südafrikas dünn besiedelt, zumeist von Jägern und Sammlern, die dem Khoikhoi-Volk angehörten. Weiter östlich, in der heutigen Ciskei und Transkei, fand man dicht bevölkerte Gebiete mit Agrargesellschaften. Zwischen ihnen und der neuen niederländischen Kolonie gab es zunächst kaum Kontakte, und sie wurden nicht in die Sklaverei verwickelt. Die südafrikanische Küste war weit von den Sklavenmärkten entfernt, und die Bewohner der Ciskei und der Transkei, bekannt als Xhosa, wohnten hinreichend weit im Binnenland, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Infolgedessen blieben diese Gesellschaften von vielen der negativen Einflüsse verschont, die West- und Zentralafrika heimsuchten.
    Im 19. Jahrhundert endete die Isolation Südafrikas, denn die Europäer merkten, wie günstig das Klima und die Umweltverhältnisse der Region für sie waren. Anders als beispielsweise Westafrika wies sie ein gemäßigtes Klima auf und wurde nicht von Tropenkrankheiten wie Malaria und Gelbfieber geplagt, die große Bereiche Afrikas zum »Friedhof des weißen Mannes« gemacht und die Europäer daran gehindert hatten, dort Siedlungen oder auch nur permanente Außenposten anzulegen. Südafrika war in dieser Hinsicht viel besser für die Europäer geeignet. Die Vorstöße der Briten ins Landesinnere begannen, kurz nachdem sie Kapstadt während der Napoleonischen Kriege von den Niederländern erobert hatten. Durch die Verschiebung der Siedlungsgrenze landeinwärts kam es zu einer langen Reihe von Kriegen mit den Xhosa. Die Besiedlung des südafrikanischen Binnenlands verstärkte sich 1835, als die verbliebenen Europäer niederländischer Herkunft, die als Afrikaaner oder Buren bekannt werden sollten, ihre berühmte Massenflucht begannen, den Großen Treck, fort von der Küste und der Umgebung von Kapstadt, die

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