Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
94 Prozent.
Die Wurzeln vieler wirtschaftlicher und politischer Institutionen in Simbabwe reichen, wie in den meisten Teilen des subsaharischen Afrika, in die Kolonialzeit zurück. Im Jahr 1890 schickte Cecil Rhodes’ British South Africa Company eine Militärexpedition in das damalige Königreich der Ndebele in Matabeleland sowie ins benachbarte Mashonaland. Der afrikanische Widerstand wurde mit überlegenen Waffen rasch gebrochen, und im Jahr 1901 entstand auf dem Gebiet des heutigen Simbabwe die nach Cecil Rhodes benannte Kolonie Südrhodesien. Da es sich nun um ein privates Verwaltungsgebiet der British South Africa Company handelte, plante Rhodes, die dortigen Erzvorkommen auszubeuten. Dazu kam es nie, doch das üppige Ackerland zog weiße Einwanderer an, die bald erhebliche Teile des Bodens für sich beanspruchten. Bis 1923 hatten sie sich von der Herrschaft der British South Africa Company befreit und die Londoner Regierung bewogen, ihnen die Autonomie einzuräumen. Was dann geschah, hatte vieles mit den Ereignissen in Südafrika rund ein Jahrzehnt vorher gemeinsam, wo durch den Natives Land Act von 1913 eine duale Wirtschaft geschaffen worden war. In Rhodesien verabschiedete man ähnliche Gesetze und baute, inspiriert vom südafrikanischen Modell, kurz nach 1923 einen nur den Weißen dienenden Apartheid-Staat auf.
Als die europäischen Kolonialreiche in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren zusammenbrachen, erklärte die weiße Elite in Rhodesien, die vielleicht 5 Prozent der Bevölkerung ausmachte, unter Führung von Ian Smith 1965 ihre Unabhängigkeit von Großbritannien. Wenige internationale Regierungen erkannten die rhodesische Unabhängigkeit an, und die Vereinten Nationen planten wirtschaftliche und politische Sanktionen gegen das Land. Die schwarzen Landesbewohner organisierten von Stützpunkten in den Nachbarländern Mósambik und Sambia aus einen Guerillakrieg. Internationaler Druck und die Rebellion der beiden Hauptgruppen, der ZANU (Zimbabwe African National Union) unter Mugabe und der ZAPU (Zimbabwe African People’s Union) unter Joshua Nkomo, führten zu dem in London ausgehandelten Ende der weißen Herrschaft. Im Jahr 1980 wurde der Staat Simbabwe proklamiert.
Nach der Unabhängigkeit sicherte Mugabe rasch seine Herrschaft. Entweder schaltete er seine Gegner gewaltsam aus, oder er vereinnahmte sie für sein Regime. Die entsetzlichsten Gewaltakte ereigneten sich in Matabeleland, wo sich die Anhängerschaft der ZAPU konzentrierte. Dort ließ Mugabe Anfang der 1980er Jahre rund 20000 Menschen ermorden. 1987 schlossen sich ZAPU und ZANU zur ZANU-PF zusammen, und Joshua Nkomo wurde politisch an den Rand gedrängt. Mugabe schrieb zudem die Verfassung um, die er im Rahmen der Unabhängigkeitsverhandlungen geerbt hatte, ernannte sich zum Präsidenten (er hatte als Premierminister begonnen), vernichtete die weißen Wählerverzeichnisse, die ebenfalls Teil des Unabhängigkeitsabkommens gewesen waren, entledigte sich schließlich – 1990 – des Senats ganz und gar und nominierte seine eigenen Kandidaten für neue legislative Ämter. Das Ergebnis war de facto ein Ein-Parteien-Staat mit Mugabe an der Spitze.
Nach der Unabhängigkeit übernahm Mugabe eine Reihe extraktiver Wirtschaftsinstitutionen, die das weiße Regime geschaffen hatte, darunter etliche Verordnungen über Preise und Außenhandel, staatliche Industrien und die obligatorischen Landwirtschaftsverbände. Der öffentliche Sektor wuchs zügig, und die Anhänger der ZANU-PF wurden mit Posten versehen. Die straffe staatliche Lenkung der Wirtschaft kam der ZANU-PF-Elite entgegen, denn dadurch erschwerte sich die Herausbildung einer unabhängigen Schicht afrikanischer Geschäftsleute, die das politische Monopol der Regierung hätten herausfordern können. Die Situation hatte starke Ähnlichkeit mit den Verhältnissen in Ghana in den 1960er Jahren (siehe dazu das zweite Kapitel). Ironischerweise blieb das Geschäftsleben damit überwiegend in der Hand der Weißen. Zunächst wurden ihre Hauptwirtschaftszweige, vor allem der hoch produktive landwirtschaftliche Exportsektor, nicht angetastet, aber das war nur so lange der Fall, bis Mugabes Popularität nachließ.
Das Modell der Marktregulierung und -intervention ließ sich mit der Zeit nicht mehr aufrechterhalten. Nach einer schweren Finanzkrise im Jahr 1991 begann mit Unterstützung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds ein Prozess des institutionellen Wandels. Die
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