Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Machtbesitz verbunden sind, unter inklusiven Wirtschaftsinstitutionen in Grenzen, was die Motivation für jede Gruppe und jedes ehrgeizige, aufstrebende Individuum schwächt, die Kontrolle über den Staat zu gewinnen. Das Aufeinandertreffen von Faktoren in einer kritischen Phase, darunter das Zusammenwirken zwischen existierenden Institutionen und den neuen Gelegenheiten und Herausforderungen, ist im Allgemeinen für die Entstehung inklusiver Institutionen verantwortlich, wie das englische Beispiel zeigt. Doch sobald diese inklusiven Institutionen wirksam sind, ist das gleiche Zusammenspiel von Faktoren für ihr Überleben nicht mehr notwendig. Tugendkreise, obwohl immer noch in hohem Maße von Unwägbarkeiten abhängig, ermöglichen den Fortbestand der Institutionen und setzen häufig sogar eine Dynamik frei, durch welche die Gesellschaft zu einer noch größeren Inklusivität angetrieben wird.
Wie Tugendkreise die Fortdauer inklusiver Institutionen sichern, so erzeugen Teufelskreise starke Kräfte, die extraktive Institutionen am Leben erhalten. Die Geschichte ist nicht vorherbestimmt, und Teufelskreise sind nicht unzerbrechlich, wie wir später noch detaillierter ausführen werden. Aber sie sind widerstandsfähig, denn sie erzeugen ein starkes negatives Feedback, wobei extraktive politische Institutionen extraktive Wirtschaftsinstitutionen schaffen, die ihrerseits die Grundlage für das Beharren der Ersteren liefern. Dies wurde am deutlichsten in Guatemala, wo die gleiche Elite vier Jahrhunderte lang – zunächst unter der Kolonialherrschaft und dann während der Unabhängigkeit – an der Macht blieb. Extraktive Institutionen helfen der Elite, sich zu bereichern, und ihr Vermögen bildet die Basis dafür, dass sie ihre Vorherrschaft sichern können.
Der gleiche Teufelskreis ist auch an der Plantagenwirtschaft der amerikanischen Südstaaten erkennbar, wo zudem seine hohe Widerstandskraft gegen Herausforderungen hervortritt. Die Plantagenbesitzer im Süden der USA büßten nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg die offizielle Kontrolle über die wirtschaftlichen und politischen Institutionen ein. Die Sklaverei, die Grundlage der Plantagenwirtschaft, wurde abgeschafft, und Schwarze erhielten gleiche politische und ökonomische Rechte. Doch der Bürgerkrieg zerstörte weder die politische Macht der Plantagenbesitzer-Elite noch ihre Wirtschaftsbasis, wodurch sie das System in anderem Gewand neu strukturieren und das gleiche Ziel wie früher erreichen konnten: ein Überangebot an billigen Arbeitskräften für die Plantagen.
Diese Form des Teufelskreises, in der extraktive Institutionen fortbestehen, weil sich die von ihnen profitierende Elite ebenfalls behauptet, ist nicht die einzige Variante. Zunächst wurde die politische und wirtschaftliche Entwicklung vieler Staaten durch eine verwirrende, doch nicht weniger reale und nicht weniger bösartige Form des negativen Feedbacks gesteuert. Ein Beispiel liefern die Erfahrungen etlicher Staaten im subsaharischen Afrika, insbesondere die Sierra Leones und Äthiopiens. Unter Umständen, die der Soziologe Robert Michels mit dem Ehernen Gesetz der Oligarchie in Verbindung bringen würde, kündigt sich durch den Sturz eines Regimes mit extraktiven Institutionen das Erscheinen neuer Gebieter an, welche sich daran machen, die gleichen verderblichen extraktiven Institutionen für sich zu nutzen. Die Logik eines derartigen Teufelskreises ist im Rückblick ebenfalls leicht zu durchschauen: Durch extraktive politische Institutionen wird dem Machtmissbrauch derjenigen, die frühere Diktatoren gestürzt und die Staatsführung übernommen haben, kaum ein Stein in den Weg gelegt. Unter solchen Umständen können ungeheure Profite erzielt werden, wenn man die Macht besitzt, die Vermögen anderer zu beschlagnahmen und Monopole einzurichten.
Das Eherne Gesetz der Oligarchie ist natürlich nicht mit naturwissenschaftlichen, etwa physikalischen, Gesetzen zu vergleichen. Es beschreibt keinen unvermeidlichen historischen Weg, wie die Glorreiche Revolution in England oder die Meiji-Restauration in Japan veranschaulichen. Ein Schlüsselfaktor in jenen Phasen, in denen eine entscheidende Hinwendung zu inklusiven Institutionen stattfand, war die Stärkung einer breiten Koalition, die sich dem Absolutismus entgegenstemmen und die absolutistischen Institutionen durch inklusivere, pluralistischere ersetzen konnte. Ein Umsturz durch eine breite Koalition lässt das Aufkommen pluralistischer
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