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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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ungestraft davonkamen, wenn sie sich auf diese Weise auf Kosten der Bevölkerung bereicherten, oder weil sie ihr Handeln für politisch opportun hielten, da sie an der Macht bleiben konnten, indem sie sich dadurch die Unterstützung einflussreicher Gruppen und Eliten erkauften.
    Die Erfahrung des ghanaischen Premierministers Kofi Busia im Jahr 1971 verdeutlicht, wie irreführend die Ignoranz-Hypothese sein kann. Busia stand vor einer gefährlichen Wirtschaftskrise. Nachdem er 1969 an die Macht gelangt war, verfolgte er, wie Nkrumah vor ihm, eine nicht nachhaltige expansive Wirtschaftspolitik und hielt verschiedene Preiskontrollen mit Hilfe von Marktverbänden und einem überhöhten Wechselkurs aufrecht. Obwohl Busia ein Gegner Nkrumahs gewesen war und eine demokratische Regierung führte, sah er sich vielen der gleichen politischen Zwänge unterworfen wie sein Vorgänger. Wie Nkrumah schlug er seine Wirtschaftspolitik nicht deshalb ein, weil er »ignorant« gewesen wäre und geglaubt hätte, dass seine Maßnahmen ökonomisch ratsam oder ideal für die Entwicklung des Landes seien. Er entschied sich für diesen Weg, weil er für seinen Machterhalt ratsam war und ihm ermöglichte, politisch einflussreichen Gruppen, etwa in städtischen Gebieten, Mittel zukommen zu lassen, um sie bei der Stange zu halten. Die Preiskontrollen brachten die Landwirtschaft in Bedrängnis, doch sie verschafften den städtischen Wahlkreisen billige Lebensmittel und ermöglichten die Finanzierung der Regierungsausgaben. Natürlich waren die Kontrollen unhaltbar, und Ghana litt bald unter einer Reihe von Zahlungsbilanzkrisen und unter Devisenknappheit. Angesichts dieser Probleme unterzeichnete Busia am 27. Dezember 1971 ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds, das unter anderem eine massive Abwertung vorsah.
    Der IWF, die Weltbank und die gesamte internationale Gemeinschaft übten Druck auf Busia aus, damit er die in der Vereinbarung vorgesehenen Reformen tatsächlich durchführte. Allerdings waren die internationalen Institutionen völlig ahnungslos, dass Busia ein enormes politisches Risiko einging. Die unmittelbaren Folgen der Abwertung waren Unzufriedenheit und Aufruhr in der Hauptstadt Accra. Die Situation spitzte sich zu, und schließlich wurde Busia vom Militär, mit Oberstleutnant Acheampong an der Spitze, gestürzt. Dieser machte die Abwertung sogleich rückgängig.
    Im Gegensatz zur Geographie- und Kultur-Hypothese enthält die Ignoranz-Hypothese eine plausible Lösung des Armutsproblems: Wenn Ignoranz die Ursache war, dann können aufgeklärte, gut informierte Herrscher und andere politische Entscheidungsträger das Problem beheben. Mithin müssten die richtigen Ratschläge und das Pochen auf sinnvolle wirtschaftspolitische Strategien gegenüber den Politikern rund um den Globus zu Wohlstand führen. Busias Erfahrung bestätigt jedoch die Tatsache, dass das Haupthindernis für das Ergreifen von Maßnahmen zum Abbau von Marktversagen und zur Förderung des Wirtschaftswachstums nicht in der Ignoranz von Politikern liegt, sondern in den Anreizen und Zwängen, mit denen sie durch die politischen und wirtschaftlichen Institutionen in ihrer Gesellschaft konfrontiert werden.
    Obwohl die Ignoranz-Hypothese bei den meisten westlichen Ökonomen und in den maßgeblichen politischen Kreisen des Westens, die sich fast ausschließlich mit der Erzeugung von Wohlstand befassen, noch immer den höchsten Stellenwert hat, funktioniert sie genauso wenig wie die übrigen Hypothesen. Sie erklärt weder die Ursprünge des Wohlstands auf der Welt noch die Lage der Dinge – beispielsweise, warum manche Nationen wie Mexiko oder Peru anders als die Vereinigten Staaten oder England Institutionen gründeten und Maßnahmen ergriffen, durch welche die Mehrheit ihrer Bürger verarmte, oder warum fast das gesamte subsaharische Afrika und der größte Teil Zentralamerikas so viel ärmer sind als Westeuropa oder Ostasien.
    Wenn Staaten aus Institutionsmustern ausbrechen, die sie zur Armut verurteilen, und es schaffen, den Weg zum Wirtschaftswachstum einzuschlagen, dann nicht deshalb, weil ihre ignoranten Führer plötzlich besser informiert oder weniger eigennützig sind oder weil sie bessere Ökonomen als Ratgeber gewonnen haben. China zum Beispiel ist einer der Staaten, die den Wechsel von einer Wirtschaftspolitik, die Armut und Hunger für Millionen bedeutete, zu einer Politik vollzogen haben, die das Wachstum begünstigt. Aber dazu kam es, wie wir

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