Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
sie, wie die Regierung gewählt wird und welcher Teil der Regierung welche Rechte hat. Politische Institutionen entscheiden, wer über die Macht in der Gesellschaft verfügt und zu welchen Zwecken er sie einsetzen kann. Wenn die Machtverteilung auf einen engen Kreis beschränkt und unanfechtbar ist, sind die politischen Institutionen absolutistisch, wofür die entsprechenden Monarchien, die während eines großen Teils der Geschichte weltweit herrschten, als Beispiel dienen. Unter absolutistischen politischen Institutionen wie denen in Nordkorea und im kolonialen Lateinamerika können die Machthaber Wirtschaftsinstitutionen einrichten, die ihnen helfen, sich selbst zu bereichern und ihre Macht auf Kosten der Gesellschaft zu vergrößern. Im Gegensatz dazu sind politische Institutionen, welche die Macht auf breiter Ebene in der Gesellschaft verteilen und sie Kontrollen unterwerfen, als pluralistisch zu bezeichnen. Statt in den Händen eines Individuums oder einer kleinen Gruppe zu liegen, wird die politische Macht dann von einer breiten Koalition oder einer Pluralität von Gruppen ausgeübt.
Offensichtlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen Pluralismus und inklusiven Wirtschaftsinstitutionen. Aber den Schlüssel zum Verständnis der Frage, warum Südkorea und die USA inklusive Wirtschaftsinstitutionen besitzen, ist nicht nur in ihren pluralistischen politischen Institutionen, sondern auch in der Tatsache zu finden, dass sie hinreichend zentralisierte und mächtige Staaten sind. Einen aufschlussreichen Kontrast bildet das ostafrikanische Somalia. Wie wir später noch erläutern werden, ist die politische Macht in Somalia seit Langem breit gestreut – auf fast pluralistische Art. Mehr noch, es gibt keine wirkliche Autorität, die zur Kontrolle oder zu Sanktionen gegenüber den Bewohnern fähig wäre. Die Gesellschaft spaltet sich in zutiefst antagonistische Clans, die einander nicht dominieren können. Die Macht des einen Clans wird nur durch die Gewehre eines anderen eingeschränkt. Solche Verhältnisse führen trotz der Machtverteilung nicht zu inklusiven Institutionen, sondern zu Chaos, und die Ursache von alledem ist das Fehlen politischer oder staatlicher Zentralisierung. Dadurch ist der somalische Staat unfähig, auch nur ein Minimum an Gesetz und Ordnung zur Absicherung wirtschaftlicher Aktivitäten, des Handels oder der elementaren Rechte seiner Bürger zu erzwingen.
Max Weber definierte den Staat, was allgemein akzeptiert wird, als »diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich beansprucht«. Ohne ein derartiges Monopol und die damit verbundene Zentralisierung kann der Staat seine Rolle als Wahrer von Recht und Ordnung nicht spielen, geschweige denn öffentliche Dienste bereitstellen sowie wirtschaftliche Aktivitäten fördern oder reglementieren. Wenn der Staat nicht die geringste politische Zentralisierung schaffen kann, gleitet die Gesellschaft früher oder später wie in Somalia ins Chaos ab.
Politische Institutionen, die ausreichend zentralisiert und pluralistisch sind, nennen wir inklusiv. Wenn eine der beiden Bedingungen nicht zutrifft, bezeichnen wir sie als extraktive politische Institutionen.
Es gibt eine starke Synergie zwischen wirtschaftlichen und politischen Institutionen. Extraktive politische Institutionen konzentrieren die Macht in den Händen einer kleinen Oberschicht und unterwerfen ihre Ausübung nur wenigen Kontrollen. Die Herrschenden gestalten die Wirtschaftsinstitutionen dann häufig auf eine Weise, die ihnen gestattet, der übrigen Gesellschaft Ressourcen zu entziehen. Extraktive Wirtschaftsinstitutionen gehen also üblicherweise mit extraktiven politischen Institutionen einher. Doch damit nicht genug, sie sind, um überleben zu können, zwangsläufig auf die Letzteren angewiesen. Inklusive politische Institutionen, durch die sich die Macht breitflächig verteilt, neigen demnach dazu, Wirtschaftsinstitutionen zu zerstören, welche die Ressourcen der Vielen enteignen, Eintrittsschranken errichten und das Funktionieren der Märkte zugunsten einer kleinen Minderheit unterdrücken.
Auf Barbados zum Beispiel hätte das Plantagensystem, das auf der Ausbeutung von Sklaven basierte, nicht ohne politische Institutionen überleben können, welche die Sklaven unterdrückten und sie völlig vom politischen Prozess ausschlossen. Das Wirtschaftssystem, das Millionen zugunsten einer kleinen
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